Vossianische Antonomasie (Teil 69)

Berlin, 6. Juni 2014, 20:48 | von Josik

 

  1. der belgische Heintje XXL
  2. der Hans Werner Richter des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts
  3. a Chekhov from China
  4. der Kolumbus des Digitalzeitalters
  5. die Inge Meysel der Sprachhüter

 

Vossianische Antonomasie (Teil 68)

Oxford, 2. Juni 2014, 20:34 | von Baumanski

 

  1. der Zeus des Münchner Filmolymp
  2. the Masaryk of the 1990s
  3. der Hieronymus Bosch der Moderne
  4. die Jutta Ditfurth eines fundamentalistischen Neoliberalismus
  5. the Robert Mugabe of Scottish politics

Dank an Luisa für #336!

 

Kaffeehaus des Monats (Teil 83)

sine loco, 1. Juni 2014, 13:46 | von Josik

Wenn du mal richtig Zeitung lesen willst:

Das neue Romanische Café im Waldorf Astoria, ein wie immer absichtsvoll schlechtes Foto, sry

Berlin
Das »Romanische Café« im Waldorf Astoria
in der Hardenbergstraße, gegenüber vom Zoo Palast.

(Am Zeitungsständer hängt, als wir das Café betreten, nurmehr die »Berliner Morgenpost«. Alle noch renommierteren Zeitungen liegen auf dem Tisch des mittelgut situiert wirkenden russischen Ehepaars am Tisch neben uns, das sein nahezu wortloses Frühstück bis weit in die Nachmittagsstunden hinein ausgedehnt zu haben scheint. Draußen nieselt es, also entscheiden wir uns für einen Choko Crisp Cake sowie eine heiße Schokolade mit Zimt bzw. für einen Café Crème und eine Zitronen-Baiser-Tarte. Mit Mühe und Not schaffen wir es, diese Gottesgeschenke aufzuessen, und sind danach völlig erschlagen. Die Bedienung lacht und lacht und versprüht authentische Laune, und plötzlich verstehen wir, warum die Russen nach ihrem Frühstück ebenfalls sprachlos sind.)
 

Der Fall Elke Heidenreich

Berlin, 24. Mai 2014, 21:43 | von Josik

Nein, es weihnachtet grade nicht, aber es raddatzt sehr. Zu verdanken ist das Elke Heidenreich. Im »Literaturclub« ging sie fehlerhaft mit einer Heidegger-Wortfolge um und wollte sich diese Fehlerhaftigkeit auch vom Moderator Stefan Zweifel nicht kaputtmachen lassen. Nachdem der widerborstig-impertinente Stefan Zweifel seine Mitdiskutantin Elke Heidenreich auf die Fehlerhaftigkeit ihrer Heidegger-Wortfolge hingewiesen hatte, schmiss sie feingeistig den besprochenen Heideggerband auf den Tisch (YouTube is your friend).

Stefan Zweifel wurde daraufhin seiner Pflichten als Moderator entbunden und viele Kommentatoren (darunter hier der und möglicherweise indirekt auch hier der) fordern nun, nicht auf ihn, sondern auf Elke Heidenreich solle der erste bzw. zweite Stein geworfen werden. Und sie führen den Fall Raddatz als Beispiel dafür an, wie die Zeiten sich verändert hätten: 1985 sei es noch so gewesen, dass nicht derjenige rausgeschmissen wurde, der die Fehlerhaftigkeit eines Zitats erkannt hat, sondern derjenige, der einem Falschzitat aufgesessen ist.

Benedict Neff schreibt in der »Basler Zeitung«: »Wie heikel solche falschen Zitate auch im Kulturbetrieb sein können, zeigt das Beispiel des einstigen Feuilleton-Chefs der Zeit, Fritz J. Raddatz.« Und Jürg Altwegg erinnert in der »FAZ« daran, dass die »Basler Zeitung« an Fritz J. Raddatz erinnert.

Philologisch gänzlich unverantwortlich und absolut fahrlässig wird hier aber ersichtlich mit zweierlei Maß gemessen. Denn erstens ist einem Interview, das Elke Heidenreich vor einiger Zeit dem Magazin »Cicero« gab, zu entnehmen, dass sie ihre Arbeit sehr wohl immer nach bestem Wissen und Gewissen verrichtet: »Es ist (…) wichtig«, sagte sie dort, »sich auch intellektuell mit Texten und Büchern auseinanderzusetzen, und das kann nur das Feuilleton. Da kann man die Sätze nachlesen, da kann man schwierige Texte noch mal überprüfen.«

Und zweitens ist es seit rund drei Jahrzehnten Communis Opinio, dass Raddatz’ fehlerhafter Umgang mit Zitaten eine Lappalie, mithin sein Rausschmiss bei der »Zeit« nicht gerechtfertigt war. Also, d’accord: Damals wäre es richtig gewesen, Raddatz auf seinem Posten zu belassen! Aber heute soll es falsch sein, Elke Heidenreich auf ihrem Posten zu belassen? Beide sind fehlerhaft mit Zitaten umgegangen. Doch was einem renommierten Intellektuellen, einem Germanistik­professor, einem Universalgenie, aber letztlich eben auch einem Menschen wie Raddatz passieren kann, soll ebenfalls einem Menschen und immerhin einer gestandenen Trägerin des Medienpreises für Sprachkultur wie Elke Heidenreich nicht passieren dürfen?

Im Fall Raddatz sprach Peter Voß von einem »Fehler, von dem man eigentlich sagen kann, der nicht der Rede wert ist«. Raddatz selbst berichtet, wie er auf einer Geburtstagsfeier bei den Henkels am 25. Oktober 1985 von vielen Geistesgrößen angesprochen worden sei: »Von Scheel zu Hamm-Brücher, von Höfer bis Ehmke, von Liebermann bis Ledig: Was wollen die überhaupt, wieso verteidigen die Sie nicht, das alles wegen eines läppischen Fehlers? Man kann NIRGENDS begreifen, daß eine solche Lappalie überhaupt ernst genommen wird.« Ja, sogar Steuerrechtsexperte Theo Sommer selbst nennt das Ganze inzwischen eine »Lappalie«!

Im Fall Raddatz spricht auch Lothar Struck von einem »lächerlichen Fehlerchen«, im Fall Heidenreich spricht derselbe Lothar Struck jetzt aber plötzlich von der »Aufgabe jeglicher intellektuellen Redlichkeit (Falschzitat)«.

Man muss vielleicht doch noch einmal daran erinnern, was Robert Gernhardt 1985 im »Spiegel« über Raddatz schrieb: »Er hat uns mehr über Grammatik, Geographie, Bildende Kunst und (…) auch Philologie beigebracht als so manches andere staubgründliche Feuilleton.« Klar ist, dass ein unabhängiger Geist wie Raddatz sich von solch anbiederndem Lob nicht beeindrucken lässt. Noch sechs Jahre nach Gernhardts Tod urteilte Raddatz: »Die Deutschen lieben ihre selbstfabrizierten Mythen, lauwarm weichgespült mögen sie bitte nicht von den kühlen Wassern der Vernunft gereinigt werden. (…) So halten sie Robert Gernhardt für einen fast genialen Lyriker – der doch in Wahrheit über Schülerzeitungsreime à la ›Den Mistkerl hab ich rangekriegt. Er hat sie in den Mund gefickt‹ nie hinausgelangte«, und auch in einer Kritik, die laut »Zeit Online« bereits vom 31. Dezember 1899 stammt, verglich Raddatz in einem Totalverriss, einen brillanten Gedanken variierend, Gernhardts dichterische Potenz mit »der parodistischen Energie eines Schülerzeitungs-Redakteurs«.

Doch zurück zu Elke Heidenreich: Wollen wir allen Ernstes den Fehler, der anno 1985 im Fall Raddatz begangen wurde, wiederholen? Wollen wir denn gar nichts aus der Geschichte lernen? Wollen wir wirklich über Elke Heidenreich den Stab brechen? Was ist mit den Idealen der Toleranz und des Miteinanders? Stattdessen werden weiterhin Hass, Wut und schlechte Laune gepredigt. Warum nur ergötzen Menschen sich so lustvoll am Unglück anderer? Warum haben Menschen so weitgehend die Fähigkeit zur Anteilnahme verloren, zu Erbarmen – gar Barmherzigkeit? Die Botschaft von Barmherzigkeit trifft auf taube Herzen, ist dahingeschmolzen wie die Kerzen am Baum. Statt des Gebots »Liebe deinen Nächsten« liest man die Umtauschgarantie. Es zählen nur noch Gütesiegel – keine Güte mehr. Wahrlich, wir leben in finsteren Zeiten.
 

Massakerminiaturen (8)

Leipzig, 23. Mai 2014, 10:34 | von John Roxton

»Der Jürgen hat ja studiert und wollte deswegen drohen und den Arschlöchern erst mal Angst machen mit Zeichen von der Mafia oder irgendwas. Also mit Schweinekopf an der Tür und nem schwarzen Fleck auf ner Postkarte. Oder mit so ner Schnur aus Seide in ner Schachtel – was weiß ich, wo der das her hat. Den Jungs hat das aber alles zu lange gedauert. Die sind dann losgefahren und haben einfach mit ner Panzerfaust ins Clubhaus geschossen.«

*

Jedes Jahr am 23. Mai:

John Roxton: »Massakerminiaturen«

#1 (2007)#2 (2008)#3 (2009)#4 (2010)#5 (2011)
#6 (2012)#7 (2013)#8 (2014) – #9 (2015)#10 (2021)

Wurstologia

Hamburg, 20. Mai 2014, 16:10 | von Maltus

 
Sehr geehrte Damen und Herren,

in den letzten Tagen ist in der Presse über die Gewinnerin des diesjährigen Eurovision Song Contests berichtet worden. Das Thema ist auch für unser Forschungsgebiet einschlägig. Der Name der Dame lautet ›Conchita Wurst‹. Bei ›Conchita‹ handelt es sich um die Koseform des spanischen Vornamens Concepción, der auf die unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Maria Bezug nimmt, und nicht – wie auch in der sogenannten Qualitäts­presse vielfach behauptet – um ein Diminutiv des spanischen Wortes ›concha‹ (Muschel). In seiner Verklei­nerungsform ist ›conchita‹ vor allem in südamerikanischen Gefilden als Kraftwort für die weibliche Vagina in mancher Munde, und Wurst und Vagina haben mit unbefleckter Empfängnis schlechthin gar nichts zu schaffen.

Im übrigen ist es lächerlich, sich über von Nahrungsmitteln abgeleitete Namen lustig zu machen. Ich erinnere mich, im Jahr 1988 auf einer Busreise nach Barcelona einen Schweizer mit dem Namen Franz Käse getroffen zu haben. Es hat seinem Erfolg bei den Frauen nicht geschadet! Auch in der Fachliteratur begegneten mir immer wieder Träger nahrhafter Namen, deren wissenschaftliche Leistungen über allen Zweifel erhaben sind. Als Beispiel seien hier nur die Historikerin Brygida Kürbis (1921–2001) und der Philologe Hartmut Erbse (1915–2004) erwähnt, die auch gemeinsam publizierten.

Mit freundlichen Grüssen

 

Vossianische Antonomasie (Teil 67)

Leipzig, 14. Mai 2014, 13:43 | von Marcuccio

 

  1. der Roger Köppel der Weltpolitik (»de Roger Köppel vo de Wältpolitik«)
  2. the John the Baptist of all our renaissances
  3. der Max Ernst für Fledermäuse
  4. der A. Paul Weber der Höllenkloake
  5. der Hans Bellmer des Kunstledersex

#331: Ab Min. 8:45.
#331 & #332: Спасибо, Бауманский!
Rest: Salut an @fraudiener & @molosovsky!

 

Rembrandt

Leipzig, 13. Mai 2014, 16:53 | von Paco

 
Coucou Paco,

je viens de lire l’histoire absolument surréaliste (mais vraie) d’un garçon qui est tombé amoureux d’un tableau de Rembrandt quand il avait 13 ans, l’a volé du musée quand il avait 28 ans, et 15 ans plus tard l’a rendu à la police.

La période légale de prescription du délit est déjà révolue, il ne peut pas être mis en accusation et reste en liberté – et rêve d’être gardien de musée. Une belle histoire !

Donc, au cas où tu t’intéresses toujours aux cas comme ceux-ci … –

lemonde.fr
exponaute.com
francetvinfo.fr

Bises,
N.

 

Vossianische Antonomasie (Teil 66)

Berlin, 9. Mai 2014, 14:20 | von Josik

 

  1. eine schwedische Helene Fischer
  2. die Jeanne d’Arc aller Bandera- und Hitler-Fans
  3. der ukrainische Rimbaud
  4. die Paris Hilton aus Südafrika
  5. eine Art russischer Hauptmann von Köpenick

 

Vossianische Antonomasie (Teil 65)

Berlin, 8. Mai 2014, 15:38 | von Josik

 

  1. der Bismarck der Musik
  2. der Ludwig Erhard des FC Bayern
  3. der James Dean der Philosophie
  4. der Johnny Fontane von Berlin
  5. der Frank Sinatra der Wettervorhersage