Best of Feuilleton 2015

Der Goldene Maulwurf

Der Goldene Maulwurf 2015
Die 10 besten Texte aus den Feuilletons des vergangenen Jahres
*11. und allerletzter Jahrgang*

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(Vorwort und Kommentare hier.)

Inhalt: TV-Serien, Katastrophengespräch, Deutschstunde, Paris, Geheimnis, James Bond, ASMR, Maus & Molli, Der letzte Deutsche, Binde-Strich

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1. Fabian Wolff

Oh, Tolstoi ist im Fernsehen. In: ZEIT Online, 28. 6. 2015.

Ende Juni erschien auf »ZEIT Online« der dringendst nötige Artikel gegen den TV-Serien-Hype. Diesen ranzigen Hype, der vor einigen Jahren – reichlich verspätet – auch das deutschsprachige Feuilleton erreicht hatte und einfach kein Ende nehmen will. Der Tolstoi aus dem Titel des Artikels kommt im Text selber gar nicht vor, aber er fasst diese Ausrufung irgendwelcher immer neuer »Ausnahmeserien« super zusammen. Dagegen mal zwei Sätze von Fabian Wolff: »Romane sind die neuen Romane.« Allein das ist schon die pure Herrlichkeit. Und dann noch die Feststellung, »dass Fernsehen und Perfektion sich ausschließen«. Gegen die zur Binsenweisheit geronnene Behauptung, »dass Fernsehserien so gut wie Filme sind, mindestens«, hat Wolff einiges aufzubieten, es ist wirklich ganz hervorragend, dass das jemand mal zusammengetragen hat. Ein gigantisches Highlight ist dabei der Absatz, in dem er »Fargo», »Orange is the New Black», »Breaking Bad«, »Game of Thrones« und »House of Cards« wegdisst, was für eine Wohltat, was für ein feuilletonistischer Segen, ein Absatz aus purem Gold! Natürlich muss und wird man weiter Fernsehserien schauen, na klar, aber es sind eben nur Fernsehserien. Und mehr hat Fabian Wolff auch nicht gemacht, als dieses nur mal ordnungsgemäß zu umkreisen, fernseh- und literaturhistorisch argumentierend, stilistisch auf absoluter Höhe, die feuilletonistische Großtat des vergangenen Jahres.

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2. Katharina Link

Das Katastrophengespräch mit James Franco. In: stern.de, 15. 2. 2015.

Ambitionierten Journalismus erkennt man oft schon an der Grammatik. Dieses James-Franco-Porträt ist erfrischenderweise in der »Du«-Perspektive geschrieben: »Berlin vergöttert dich, James Franco.« Und investigativ ist das Porträt auch noch, kein Stubenhockerjournalismus, sondern raus aufs Feld, ins Gemenge: »es gibt für mich nur eine Mission. Ich will ein Selfie mit dir. Für mich natürlich, hauptsächlich aber auch, um es allen ins Gesicht zu drücken.« Die Autorin, Hospitantin beim »stern«, sucht also die Distanzlosigkeit, zum Beispiel auch, indem sie Franco für das flache Drehbuch von »The Interview« verantwortlich macht: »Du wirkst wie ein Vollidiot.« Das hat sie ihm aber dann nicht persönlich gesagt, das Gespräch ging auf andere Weise schief: »So where is your school?« – »Yeah, it’s cool.« Den wenigen Fragen, die die Interviewerin stellen kann, steht sie auch durchaus selbstkritisch gegenüber: »Wie zur Hölle komme ich auf den Trichter, mit James Franco über Pegida zu sprechen?« Und es stimmt zwar, dass man diesen Text unter medienkritischen Gesichtspunkten auseinandernehmen kann (siehe Boris Rosenkranz auf stefan-niggemeier.de), aber es gibt eigentlich wenige Texte, die den notorischen Adabei James Franco so treffend journalistisch in die Enge treiben: »Du wirst von deiner Umwelt – oder von dir selbst? – zu diesem intellektuellen Alleskönner gemacht. Bist du wirklich ein so begnadeter Schauspieler wie die Kritiker dich feiern? Ist deine Poesie überhaupt lesenswert? Oder wünscht man sich, dass du alles kannst? Um das Bild, das man von dir hat, zu erhalten.« Und wenn es für solche Sätze so einen katastrophalen Umweg wie diesen Text braucht, then be it.

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3. Katja Lange-Müller

Deutschstunde. In: SZ-Magazin 43, 23. 10. 2015.

Das »SZ-Magazin« hatte die sehr gute Idee, drei Autoren, nämlich Ingo Schulze, Katja Lange-Müller und Dirk Kurbjuweit in Schulklassen zu schicken. Natürlich in den Deutschunterricht, wo jeweils ein Roman der Anwesenden besprochen wurde – ohne dass allerdings den Schülern vorher gesagt wurde, um wen es sich bei den Beisitzern handelt. So hat die Redaktion gleich eine superste Anagnorisis eingebaut, wenn am Ende nämlich enthüllt wird, wer da die ganze Zeit hospitiert hat. Alle drei Autoren haben danach im Magazin rapportiert. Schulze hat sich – vielleicht etwas »krass« überambitioniert – in die Rolle eines Schülers reinversetzt. Kurbjuweit beschreibt sehr apart die Schere zwischen teils profanem Schreibprozess und nachheriger schmeichelhafter Überinterpretation (»Ich bin, scheint es, sehr intelligent. / Leider weiß ich, wie es war.«). Aber Lange-Müller sammelt »in der Höhle der jungen Löwen« die meisten Street Creds: »Nein, ich fürchte mich nicht.« Die Zehntklässler sollen einen Dialog zwischen den beiden Protagonisten aus Lange-Müllers Roman »Böse Schafe« imaginieren und dann mit verteilten Rollen vorlesen, so auch Mitschülerin Shirin, und die Autorin muss feststellen: »Wenn ich Shirin damals hätte fragen können (…), wäre Böse Schafe ein anderes, womöglich besseres Buch geworden.« Am Ende ist Lange-Müller »froh, fast glücklich über ein derart reges und unbefangenes Interesse an Literatur, meiner Literatur«. Und das muss man erst mal hinkriegen, dass das literaturhistorisch eher problematische Etikett ›Schulbuchautorin‹ als derart begehrenswert erscheint.

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4. Jan Böhmermann / Andreas Rosenfelder

100 Fragen nach Paris (und ihre Antworten). In: Facebook, 14. 11. 2015 / Die Welt, 15. 11. 2015.

Oh G*d, diese beiden Texte waren die so unfreiwillige wie perfekte journalistische Kooperation des Jahres (so wie die zwischen Harald Schmidt und Frank Schirrmacher, die wir bei unserer 1. Preisverleihung 2005 gekürt haben). Jan Böhmermann stellt nach dem Attentat vom 13. November auf Facebook seine 100 rhetorischen und unrhetorischen »Fragen nach Paris«, die zwischen verstört und naiv und süffisant hin- und herschaukeln. Nicht schlecht! Und dann kommt Rosenfelder und spießt diese Vorlage für die »Welt am Sonntag« auf, indem er diese 100 Fragen beantwortet. Auch nicht schlecht! Und ebenfalls süffisant, ebenfalls ein bisschen gespielt dummdreist, aber mindestens so genial wie Ernst von Salomon, der aus dem Fragebogen der Alliierten einen 800-seitigen Roman machte, den Rowohlt damals 1951 als ersten Bestseller der BRD rausbrachte. Der Clou von Böhmermanns Fragen ist die waghalsige elliptische Bahn, auf der sie sich dem Thema nähern: »Schreibt man ›de Mazierè‹ mit accent aigu oder accent grave?« (Frage 10) Bevor er dann wieder in ottonormale Fragen umlenkt: »Was sind das nur für Typen?« (Fragen 85, 95 und 96) Rosenfelders Antworten scheinen sich nun fast von allein geschrieben zu haben, nachdem er einmal die Idee hatte. »Das sind Dschihadisten«, antwortet er auf Frage 85, und damit haben dann Frager und Antworter auf ihre pseudoarglose Weisen eine perfekte Teamleistung hingelegt, sozusagen. Stephan Derrick und Harry Klein – wobei noch die
Frage wäre, wer wer ist. Der i-Tupfer von Rosenfelders Antwortenkatalog sind übrigens die Verweise: »Zum Unterschied Land/Kontinent vgl. Frage Nr. 5.« Spätestens da wird es eben kongenial und von da ab sind Böhmermanns geniale Fragen ohne Rosenfelders geniale Antworten auch gar nicht mehr zu denken.

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5. Regina von Flemming

Пустыня скуки. In: Russkij Pioner, 17. 4. 2015.

Die eine Armada von Illustratoren beschäftigende Literaturzeitschrift »Russkij Pioner« ist im Prinzip so etwas wie das russische »NZZ Folio«, nur eben ganz anders. Das Thema der Aprilausgabe war »Geheimnis«, und geheimnisvollerweise erschien darin ein Artikel, den die meisten Abonnenten und Leser wohl gar nicht lesen konnten – er war nämlich auf Deutsch abgedruckt. Verfasst hat diesen Artikel Regina von Flemming, und seine russische Übersetzung erschien nur auf der Homepage des »Russkij Pioner« (und wenn man auf der Seite ein bisschen runterscrollt, landet man wiederum beim deutschen Original). Schon das eine super Aktion, aber zum Thema »Geheimnis« stellt Regina von Flemming in ihrem Essay schließlich auch noch die essayistische Frage: »Was ist das Geheimnis des Geheimnis?« Darauf folgt ein Ritt durch die Kulturgeschichte, der es in sich hat, es werden u. a. die Namen Barack Obama, Georg Simmel, Hartmut Böhme, Friedrich Nietzsche, Gail Saltz, Martin Luther, Athanasius Kircher, Alois Hahn, Monica Lewinsky, Samuel Provance, Giuseppe Manzini, Heinrich Himmler und Rumpelstilzchen gedroppt, wobei die Zusammenstellung und die Gedankenführung durchweg überzeugend sind. Die Frage, was das Geheimnis des Geheimnis sei, wird streng genommen eigentlich nicht beantwortet, weil sie wahrscheinlich unbeantwortbar ist, aber mitten im Text steht dann die schöne Pointe: »Staaten kooperieren strategisch in geheimen Aktionen. Und wer Batman ist, duerfen nur wir wissen, nicht die Einwohner von Gotham City.«

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6. Peer Schmitt

Ort ohne Gnade. In: junge Welt, 7. November 2015. S. 11.

Diese lustvolle Totalrezension des neuen, des 24. James-Bond-Films führt zwar schon in der Unterüberschrift das Wort »wurstbrotig« spazieren, aber sie ist kein Totalverriss. Auf engem Raum (nicht viel mehr als 5.500 Zeichen) thematisiert Peer Schmitt das Alpha und Omega von »Spectre« und ordnet den neuen Film nicht nur ins Bond-Universum, sondern auch gleich ins Weltganze ein, also Derrida wird zitiert usw. Daniel Craig wird als stets »symbolisch bereits gestorbener« Bond ausinterpretiert, und Bondbonmots gibt es zuhauf: »Wenn er [Bond] das Wort ›Kultur‹ hört, greift er zur Schnapsflasche.« Die Frauenfiguren werden punktgenau abgehandelt (Monica Bellucci: »Rollenfach Persephone«), die erste Dreiviertelstunde des Films als »tatsächlich ganz passabel« abgefeiert, aber dann kippe der Streifen und schwanke insgesamt unüberzeugend zwischen Gegenwartsbezug (Überwachungstechnologie) und Selbstparodie, und dann tritt Christoph Waltz auf, der – siehe Unterüberschrift – »auf eine ungeheuerlich larmoyante Art (…) die Gefährlichkeit eines Wurstbrots ausstrahlt«. Und, na ja, das stimmt einfach, eine bessere Beschreibung haben wir in den dutzenden Rezensionen zum neuen Bond, die wir sonst noch gelesen haben, nicht gefunden.

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7. Clemens Setz

High durch sich räuspernde Menschen. In: Süddeutsche Zeitung, 7. 4. 2015.

Wieso gibt es nicht zu jedem halbwegs anerkannten YouTube-Phänomen einen SZ-Artikel von Clemens Setz? Es geht um die erst seit einem guten halben Jahrzehnt existierende ASMR-Szene, um Menschen, die durch Flüstern oder das Reiben an Gegenständen und Stoffen Geräusche erzeugen, die bei anderen Menschen wohlige Gefühle auslösen. Das Phänomen ASMR (Autonomous Sensory Meridian Response) ist seit kurzem wissenschaftlich beschrieben, es gibt zu diesem Geräuscherausch also auch einen entsprechenden Wissenschaftszweig. Clemens Setz geht in seinem Artikel nun autobiografisch vor und beginnt mit seiner eigenen Erweckungsgeschichte. Die Geräuschkulisse in der Uni-Bibliothek habe ihn »ein wenig high« gemacht. »Mein Privatausdruck für das Gefühl war ›geräu‹«, schreibt er, und es wäre doch schön, wenn die Wissenschaft diesen sehr gut ausgedachten Begriff übernehmen würde. Es folgt eine Internetphänomenologie, begeistert werden ASMR-Triggervideos nacherzählt, vor allem die vom »David Lynch des ASMR«. Feuilleton heißt ja auch, trotz Nischenphänomen den großen Bogen nicht aus den Augen zu verlieren, die Zeit vom Urknall bis zum Ende aller Tage. Insofern ist Setz auch einfach ein begnadeter Feuilletonist, wenn er schlussfolgert:
»Eine bemerkenswerte Tatsache: Am Ende dieses Zeitalters gibt es Menschen, die anhand von extremer Monotonie große Glücksgefühle erleben. (…) ASMR könnte uns unbeschadet durch die Eintönigkeiten der Zukunft bringen.«

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8. Andreas Platthaus

Ist es eine Parodie? Nein, das nennt man Perfidie! In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. 3. 2015.

Also, »abgefeimt« ist sie gar nicht, sondern extrem hervorragend, diese in Trochäen verfasste durchgereimte Buchkritik. Ihr Gegenstand ist die Neuauflage des vor 90 Jahren erschienenen Bands »Maus und Molli« (»Eine Mädelgeschichte in sieben Streichen nach Wilhelm Busch«, Originalausgabe hier). Und es ist eine sehr genaue Kritik dieser verweiblichten Max und Moritz, zwar seien Maus und Molli »schön gezeichnet«, ansonsten lautet die Diagnose aber: »Busch-Betrug«, zu harmlos, »Emanzipation? Mitnichten!«, reaktionär. Der gereimte Frontalverriss ist formal und inhaltlich absolute Spitzenklasse, spielerisch zieht Platthaus Metaebenen ein: »Manchmal hakt der Rhythmus sehr, / oft fällt ihm das Reimen schwer. / Viel zu häufig sind die Namen / seiner Helden zum Erbarmen / (huch, kaum wurde da geklagt, / hab ich auch schon selbst versagt).« Die Reime fließen nur so dahin, in die kurzen Zeilen sind sogar sieben- und achtsilbige Wörter souverän eingepasst, Enjambements sorgen immer im richtigen Moment für ein Glucksen. Kurzum, Platthaus hat mit diesem Text den Verriss des Jahres abgeliefert.

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9. Botho Strauß

Der letzte Deutsche. In: Der Spiegel 41, 2. 10. 2015.

Wieder ein schöner Coup des »Spiegels«, und verstehen kann man diesen Text wohl erst, wenn man Martin Mosebach dazu hört: »Es ist erstaunlich, dass der ›Spiegel‹ glaubt, dass seine Leser so was lesen können. Die deutschen Feuilleton-Redakteure können ihn [den Text] überwiegend nicht lesen.« Und das ist angesichts der Aufmerksamkeit, vor allem der sofort negativen, die dieser Artikel bekommen hat, doch wunderbar. Denn Botho Strauß ist es hier ganz offenbar meisterhaft gelungen, die »Tropen- und Rätselsprache«, von der Novalis geschrieben hat, umzusetzen. Alle hören, was gesagt wird, aber verstehen können es nur Wenige, vielleicht nur die berühmten 390 Zeitgenossen, die auch Arno Schmidt als Leser gelten ließ. Obwohl der Text gar nicht primär als akuter Beitrag (zur Flüchtlingsdebatte) gedacht ist, da viel zu geschichtsmorphologisch und daher fatalistisch angelegt, enthält er doch einige intellektuelle Twists, die in dieser Form sonst nur in britischen Debattenmagazinen stehen würden. Etwa die Gegenüberstellung der ›Gelehrten‹ des Islams und der »allesamt in jeder Richtung Ungelehrten« der Mediendemokratie. Oder die Feststellung, dass in dem forcierten »Gutheißen und Willkommen« auch eine »Euphemisierung von Furcht« liege. Oder wenn er die Erwartung, dass sich Einwanderer säkularisieren und an Verhaltenscodices im Zielland anpassen sollen, als »eine weitere Entwurzelung« beschreibt. In seiner ja auch vor allem literarischen Argumentation findet Strauß immer wieder zu einer sentenzenhaften Sprache, und es ist doch etwas unerwartet, dass Botho Strauß extrem twitterbare Sätze schreibt: »Ich bin ein Subjekt der Überlieferung.« »Jenen Raum der Überlieferung von Herder bis Musil wollte noch niemand retten.« Und, Sentenz der Sentenz: »Palmyra, auch hier.«

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10. Stephan Hebel

Binde-Strich. In: Frankfurter Rundschau, 14. 10. 2015.

Schlechte bis superschlechte Wortwitze erwartet man von einer Kolumne, die »Times mager« heißt. Im Beitrag zum »Binde-Strich« kriegen wir das in ungewohnter Dichte geliefert: Grippe-Schutzimpfung, Wortbestand-Teile, Holz-Fällerhemd, Halsnasen-Ohrenarzt. Es geht also um die richtige und vor allem die falsche Setzung von Bindestrichen zur Hervorhebung oder Konterkarierung von Wortbedeutungen. Aber das Eigentliche dieser Glosse ist dann, dass noch ein echter schlechter Witz tatsächlich erzählt wird. In manchen bunten Zeitschriften kriegt man ja für eingesandte und abgedruckte Witze so um die 10 oder 20 Euro. Aber hier im Feuilleton ist gar kein Geld im Spiel, ein im Feuilleton abgedruckter richtig schlechter Witz hat also schon insofern Seltenheitswert. Und so geht er: »Was macht Pinocchio, wenn er erkältet ist? Er geht zum Holznasen-Ohrenarzt.« Damit nicht genug, es folgt eine Interpretation, der am Ende wichtigste Indikator dafür, dass wir immer noch im Feuilleton sind: »Hier nun ergebe die Schreibweise Holznasen-Ohrenarzt immerhin einen gewissen Sinn, handele es sich doch offenbar zwar um einen Ohren-, aber immerhin um den richtigen Arzt für das in Rede stehende Material, also Holz.« Hammer!

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[ veröffentlicht am 12. 1. 2016 ]