Sacco di Roma

London, 19. August 2008, 07:17 | von Dique

Den Artikel von Andreas Kilb zur Sebastiano-Ausstellung in Berlin hatten wir schon. Er beginnt mit einer Schilderung des Sacco di Roma:

»Am 6. Mai 1527 stürmt eine panische Menschenmenge in die Engelsburg. Rom befindet sich im Ausnahmezustand: Ein spanisch-deutsches Söldnerheer hat die Mauern erstürmt, zum ersten Mal seit den Gotenkriegen ist die Stadt in die Hände einer feindlichen Armee gefallen.«

Unter denen, die Einlass in die Engelsburg erlangten, befand sich auch Sebastiano del Piombo, und die Erlebnisse um den Sacco di Roma scheinen tiefe Spuren in seinem Leben hinterlassen zu haben. Kilb erwähnt in seinem Artikel einen Brief, den Sebastiano zwei Jahre später an seinen Freund Michelangelo schrieb:

»Ich bin nicht mehr der alte Bastiano, der ich vor dem Sacco di Roma war, ich komme immer noch nicht wieder zu Verstand.«

Ich komme erneut auf diesen Artikel zurück, weil ich gerade die Autobiografie von Benvenuto Cellini lese, Zeitgenosse Sebastianos, Goldschmied, Bildhauer, Musiker und Schriftsteller, ein uomo universale der Renaissance.

Auch er befand sich im Gefolge des Medici-Papstes Clemens VII. auf der Engelsburg, beteiligte sich selbst an den kriegerischen Auseinandersetzungen und bewies, anders als Sebastiano, fast schon Jünger’sche Kriegslust:

»My drawings, my wonderful studies, and my lovely music were all forgotten in the music of the guns, and if I told in detail the great things I did in that cruel inferno I would astonish the world.«

Nun dachte ich, dass Benvenuto und Sebastiano sich doch mal über den Weg laufen würden in der belagerten Burg, schließlich war Sebastiano in Abwesenheit Michelangelos der wichtigste Maler in der Stadt, aber er wird nicht erwähnt. Erst viel später und in anderem Zusammenhang kommt Cellini in seiner Autobiografie auf ihn zu sprechen.

Ebenfalls in der Stadt hielt sich Parmigianino auf, allerdings nicht auf der schützenden Engelsburg. Er war in seinem Studio und arbeitete an einem Bild, welches Vasari wie folgt beschreibt:

»… he painted in the air the figure of Our Lady who is reading and has the Christ Child between her knees, while on the ground below he showed, kneeling on one knee, the figure of St John, who turns his body and points to Christ, in an extraordinarily beautiful attitude, and also here on earth the foreshortened figure of St Jerome in Penitence, lying asleep.«

Dieses wunderbare Altarbild hängt heute in der Londoner National Gallery, und neben Bronzinos berühmter »Allegorie« ist es das beste manieristische Werk dieser Sammlung. Jedenfalls bemerkte der in seine Arbeit vertiefte Parmigianino nichts von den marodierenden Truppen in der Stadt, auch nicht, als diese bereits in sein Haus eindrangen, und Vasari zufolge wäre es um ein Haar um den Kleinen aus Parma geschehen gewesen:

»But when they reached him and saw him at work, they were thunderstruck at the painting which they saw, and, like the gentlemen they must have been, let him continue. And so while the poor city of Rome was being devastated by the impious cruelties of those barbarian troops, profane and sacred things alike, with no respect to God or men, Francesco was provided for and greatly honoured by those Germans, and protected from all harm.«

Es geht sicher nicht nur mir so, aber immer mal wieder kommt es dazu, dass Leute erzählen, was sie am 11. September gemacht haben, also wann haben sie es erfahren, wo waren sie und was haben sie gemacht und gedacht, und dann ist der nächste dran, und wenn man Pech hat, geht es dann reihum. Erst vor ein paar Tagen gab es mal wieder so eine Nummer, dieses Mal war auch jemand dabei, der zu dieser Zeit gerade in New York war, alles gesehen, hundert Meter entfernt, konnte den Piloten erkennen, was haben wir gegähnt … was ich mich aber frage ist, ob denn in den Jahren nach dem Sacco di Roma auch so gesprochen wurde. Das wäre auch mal ein Vorschlag für einen Film zum Thema: »Sacco di Roma – Wo warst du am 6. Mai?«

Riga und die Deutschen

Riga, 18. August 2008, 23:14 | von Paco

Viele deutsche Touristen in Riga. Warum? »The Dark Knight« startet in Deutschland erst überübermorgen, am 21. August. Solange kann keiner warten. Ich habe noch letzte Woche geschätzte 30 Deutsche, Österreicher und Schweizer getroffen, die alle wegen des früheren Filmstarts hergekommen waren. Sie hatten den Tipp teilweise von Leuten bekommen, die schon seit Ende Juli Riga und andere europäische Gegenden aufsuchten, nur um »The Dark Knight« zu sehen, bevor es zu spät ist.

Ich habe den Film letzten Freitag gesehen, nach meinem Besuch der hervorragenden Sowjetkunst-Ausstellung. In den plüschigen Kinosesseln um mich herum lungerten lettische Teenager, viele von ihnen trugen in einem Ohr einen Kopfhörer, schwach konnte man aufgeregten Baltic-Pop heraushören.

Zu meiner Verwunderung blieb das Headphone auch während des Films im Ohr stecken. Nach anfänglicher Fassungslosigkeit wurde mir schnell klar warum: Die jungen Letten wollen eh nur die Untertitel lesen, die Bilder sehen sie ja trotzdem, da können sie ruhig auch nebenbei ein bisschen Musik hören. Vom teilweise brüllenden Filmsound bekamen sie sicher trotzdem noch was mit.

Zum Film selber wird our very own San Andreas noch was liefern, so fundamental wie immer, nehme ich an. In diesem Zusammenhang: Grüße an Josef »ahnungslos« Schnelle und Ekkehard Knörer.

(Edit, 26. 8. 2008: San Andis fundamentaler Text zu »The Dark Knight« und den Vorgängerfilmen ist mittlerweile fertig.)

»The Happening«:
Der Absturz des M. Night Shyamalan

Hamburg, 17. August 2008, 08:00 | von San Andreas

M. Night Shyamalan hatte es niemals leicht mit den Kritikern. Nach »The Sixth Sense«, zweifelsohne ein großer Wurf, war er von der Beurteilerzunft besonders kritisch beäugt worden. »Unbreakable« begegnete man bereits mit milder Enttäuschung, so dass Shyamalan den Rest der Trilogie kippte. »Signs«, ein astreiner Spielberg-Hitchcock-Hybride, wurde größtenteils noch jovial durchgewunken, aber »The Village« fiel komplett durch. Des Regisseurs Hang zu überraschenden Schlusswendungen wurde ihm als Masche angekreidet, seine in Interviews zu Tage tretende Selbstbezogenheit als Arroganz übel genommen.

Als der Mann dann in »Lady in the Water« einen Filmkritiker auf grausame Weise umkommen ließ, verstanden die Damen und Herren des Feuilletons überhaupt keinen Spaß mehr. Das einstige Regie-Genie wurde restlos demontiert, der Film geriet zum Flop-Debakel schlechthin. Dabei ist diese filmgewordene Gute-Nacht-Geschichte durchaus liebevoll erzählt. Doch bei aller persönlichen Anteilnahme verlor Shyamalan anscheinend zwischendurch das Publikum aus den Augen.

Nun kommt das in den besten Familien vor. Aber Shyamalan fehlt der loyale Rückhalt bei den Kritikern, die ihm solche Egotrips durchgehen lassen würden (man vergleiche mit den Kritiken zu Coppolas »Youth Without Youth«). Handelte es sich um einen introvertierten Autorenfilmer, wäre das Beharren, sich bei seinen Produktionen partout nicht reinreden zu lassen, nur folgerichtig. Fehlt es allerdings an Instinktsicherheit, können die Allüren eines Control Freaks gerade bei Großproduktionen verheerende Folgen haben.

Die Maßstäbe der Unternehmung, der Ruf der Macher und die großen Investitionen exponieren einen solchen Film, erzeugen immensen Erfolgsdruck und stellen sein Schicksal dem Urteil einer gespannt wartenden Filmgemeinde anheim. Die kritische Auswertung entwickelt dann mitunter Dynamiken, die ein Dorado für jeden Psychologen wären, scheinen doch Polemik, Sympathie, Geltungssucht und Gruppenzwang hier ebenso bestimmende Einflussfaktoren zu sein wie Sachkenntnis und Urteilsvermögen.

Jedenfalls kann das Verdikt der Meinungsmacher einen Film ruckzuck vernichten. Eine sich nach dem Schneeball-Prinzip fortpflanzende Mundpropaganda (»hab gehört, der neue Shyamalan soll schlecht sein«) vergrätzt im Nu Scharen potenzieller Kinogänger, und das vermeintlich fundierte künstlerische Urteil führt zu einem vielleicht unverdienten Exitus an der Kinokasse.

So funktioniert der Laden nun mal, und Shyamalans »Lady« hat es kalt erwischt. Wohl nur zum Teil aus Trotz erklärte der Regisseur das Werk dennoch zu seinem persönlichen Favorit und ging zur Tagesordnung über. Für seinen neuen Film »The Happening« kam die Hälfte des Budgets aus Indien, denn bei den Hollywood-Studios gilt der Regisseur freilich längst nicht mehr als sichere Bank. Cineasten ist das gleich, unter ihnen regte sich Hoffnung. Würde Shyamalan zu seinem alten Gespür zurückfinden? Das spannende Poster zumindest gab Grund zur Zuversicht: verlassene Autos auf einer finsteren Landstraße, die in die dunkle Stadt am Horizont führt. Was ist da passiert? Egal was: Wir wollen es wissen. Zeig es uns, Shyamalan.

(Einen Kinobesuch später.)

Jetzt wissen wir’s. Aber sind wir glücklich? Ist es ein guter Film? Die Antwort ist: nein. Und es ist ein resolutes Nein, ohne Furcht vor Widerspruch. Keine Kritiker-Launen rühren an der Objektivität des Urteils, auch nicht der dem gemeinen Rezensent angeborene Argwohn gegenüber Gruselstoffen: »The Happening« ist offiziell ein schlechter Film.

Kaum glaublich, dass das niemandem bei der Produktion aufgefallen ist, aber wahrscheinlich hat des Meisters strenge Ägide konstruktive Kritik unterbunden. Schlimm muss es für das Talent Wahlberg gewesen sein, Shyamalans hochnotpeinliche Dialoge zu sprechen. Das Schauspiel hölzert ambitionslos vor sich hin. Besonders Zooey Deschanel, Wahlbergs Filmfrau, ist eine einzige, wahrlich unangenehme Irritation. Die Beziehung zwischen den beiden bleibt eine Behauptung.

Auch in punkto Dramaturgie und Spannung lässt sich an dem Film kein gutes Haar finden. Zu Beginn bringen wohl einige Einstellungen einen Anflug von Gänsehaut, doch diese legt sich, sobald sich die Geschichte aus dem Chaos der Stadt ins pastorale, komplett unbedrohliche pennsylvanische Land bewegt. Hier wird einem das Bild einer sich im Wind wiegenden Weide als schreckliche Gefahr verkauft, und die Gruppe verfährt aufgrund von Erwägungen, die selbst den leichtgläubigsten Zuschauer nicht überzeugen.

Eingestreute Schockmomente bemühen sich um provokante Lapidarität, verpuffen aber mangels emphatischer Basis. Die Klaviatur filmischer Mittel bleibt ungenutzt, und die gerade in dieser Filmsparte so wichtige Qualität des »suspension of disbelief« könnte erbärmlicher nicht ausfallen. Die »Natur schlägt zurück«-Idee der Geschichte mag ihren Reiz haben und über sie hinausweisen, doch versäumt es der Film sträflich, irgendeinen höheren Anspruch einzulösen – anstatt die Apokalypse weiterzuspinnen, starrt der Zuschauer fassungslos auf den Unsinn, der ihm da geboten wird.

Es misslingt dem Publikum auch, sich den Film so schlecht zu kucken, dass er schon wieder gut wäre. Wir erinnern uns an charmante B-Movies, die das schafften, aber »The Happening« trifft einfach nicht den Ton, ist zudem bar jeden Humors, jeder Ironie. Da gibt es keine Momente memorablen Kinos, die die Distanz zum Zuschauer zu überbrücken vermögen. Die Anhäufung dilettantischer Szenen wächst sich aus zur Beleidigung unserer Intelligenz, und dies unterscheidet das Werk von allen anderen Shyamalan-Filmen – keinem anderen dringt der Eindruck künstlerischer Inkompetenz derart aus allen Poren. Und hierin sind sich offenbar die allermeisten Rezensenten einig.

Die schlimme, ja fast feindliche Resonanz bei der Kritik sollte dennoch Zweifel wecken; schließlich ist es schwer vorstellbar, dass sich ein Regisseur die Vorgabe gemacht hätte, mal einen richtig schlechten Film zu drehen. Gründet das Urteil vielleicht doch eher auf einer lang gehegten Animosität als auf einer quasi-neutralen Einschätzung? Selbst die Einhelligkeit der Verrisse bietet keine Garantie: Wie oft schaukeln sich regelrechte Verrisswellen hoch, während der Film außerhalb des Feuilletons auf Begeisterung stößt und mitunter späte Rehabilitierung erfährt.

Es lohnt sich diesbezüglich, die Shyamalan-Rezensionen über die Jahre zu durchleuchten. Hier kommen eher Dimensionen subjektiver Erfahrung zum Tragen als anderswo, Kritiker scheinen Shyamalans Filme gern persönlich zu nehmen, vielleicht nicht zuletzt, weil der Regisseur in seinen Filmen selbst in Erscheinung tritt. Ein selbstverliebter Schablonenfilmer, ein talentierter Scharlatan, heißt es dann in Revision der Wunderkind-Elogen von 1999, aber immer im Brustton eines kollektiven Anspruchs auf Deutungshoheit, der niemals ganz gerechtfertigt scheint.

Die Filme von Shyamalan (Grafik)

Frappant ist der Abfall in der Kritiker-Akzeptanz im Laufe der Zeit. Mit Ausnahme von »Signs« wurde jeder Film schlechter bewertet als der vorhergehende, doch scheinen die Werke nie wirklich so furchtbar zu sein, wie die Rezensenten es gerne hätten. Bei Lichte betrachtet verbucht ein ruhiger runder Streifen wie »The Village« doch viel mehr auf der Habenseite als ein übellauniger Kritiker ihm zugestehen will – die Akzeptanz und Resonanz beim Publikum jedenfalls legen dies nahe. Dann und wann versagt der Rezensent eben in seiner Rolle als unabhängiger Mittler zwischen Macher und Zuschauer, seine Maßstäbe verabschieden sich in unwägbar subjektive Gefilde (wie der Filmproduzent Günter Rohrbach letztes Jahr in einem bestechenden Artikel im »Spiegel« beklagte).

Im Falle von »The Happening« nun aber scheint sich die Prophezeiung von Shyamalans künstlerischem Zusammenbruch doch noch zu erfüllen. Gebeutelt und gehasst, überschüttet mit Spott und seiner Selbstsicherheit beraubt, war er offenbar nur mehr im Stande, eine peinliche Nullnummer zu produzieren, und die Inaugenscheinnahme des Films bestätigt zum ersten Mal jede einzelne schlechte Kritik. Das ist umso betrüblicher, als dass mit Shyamalan eine große Kinohoffnung ihren Niedergang findet. Sein Kredit war mit »Lady« aufgebraucht, nach »Happening« steckt er tief im Minus, denn ein Film, der dermaßen am Publikum vorbeirauscht, dass man sich wünscht, man hätte es beim Betrachten des Posters belassen, wiegt schwer – gerade bei einer nachtragenden Spezies wie dem Kritiker.

___
Münzstapel in der Grafik: oldskoolman.de
Einspielergebnisse: Box Office Mojo
Kritikerwertungen: Rotten Tomatoes
Userwertungen: IMDb

Kaffeehaus des Monats (Teil 38)

sine loco, 16. August 2008, 17:57 | von Paco

Wenn du mal richtig Zeitung lesen willst:

Heidelberg, Weinstube Café Burkardt

Heidelberg
Das Café Burkardt in der Unteren Straße 27.

(Zur Erholung von der Schönheit und der Wahrheit
des Wortes ›Neckarauen‹ unbedingt hierher
kommen, der Kaffee wird in Ikea-Gläsern serviert.)

Sowjetkunst in Riga

Riga, 15. August 2008, 14:04 | von Paco

Zwei Tage in den Outskirts von Panevēža. Ernährung: Alte Mars-Riegel, die laut Aufschrift כשר sind. Heute dann über die Grenze und weiter nach Riga. Direkt in die Ausstellung »The Mythology of Sovietland« (»Мифология Страны Советов«). Das LNMM hat die Keller voll mit Werken des sozialistischen Realismus, die während der sowjetischen Herrschaft geschaffen wurden. Da wird es Zeit, dass sie ein paar davon mal ans Licht holen.

Es sind ausschließlich lettische Künstler zu sehen, die der kunstpolitischen Doktrin ausgesetzt waren und ihr eben mehr oder weniger freiwillig folgten. Ergänzt wird die Schau um ein paar Werke aus Moskau und Leningrad, insg. sind dort dann ca. 120 Gemälde und 50 Skulpturen zu sehen. Dort: im Arsenal, dem 1830 hochgezogenen Packhaus, das mal als Lager für den Zoll diente und heute für Wechselausstellungen genutzt wird.

Roberts Tillbergs, Marx und Engels beim Verfassen des Kommunistischen Manifests (1947)In der Eingangshalle, rechts am Ticketschalter vorbei, hängt zur Einstimmung ein Gemälde von Jānis Roberts Tillbergs: »Marx und Engels beim Verfassen des Kommunistischen Manifests« (1947). Zwei gutbürgerliche Herren – Engels lehnt am Tisch, in der Hand etwas, das wie ein Kontrollbogen aussieht (»Haben wir alles? Was fehlt noch?«). Marx sitzt und blickt zu seinem Ko-Autor auf, die rechte Faust auf ein paar Papiere gestützt, als besiegele er jetzt mal alles.

Wegen dieses Eröffnungsgemäldes erwähne ich gleich auch mal das Haupt-Textdokument der Ausstellung. Es handelt sich um eine Liste aus dem Jahr 1941 (»File 627 of the Latvian State Archives«), die malbare, der neuen Sowjetmacht genehme Sujets versammelt. Man suchte sich dann als aufstrebender Künstler offenbar einfach was aus, so wie Tillbergs bei seinem Marx-Engels-Bild. Die Liste fängt so an:

Tēma sižets
1) Portrejas:   b. Markss
b. Engelss
b. Ļeņins
b. Staļins

Da es nur um lettische Sowjetkunst geht, wird der Kampf zwischen der abstrakten und der figürlichen Richtung, der in den 20er-Jahren tobte, leider nicht in der Ausstellung abgebildet. Das Figürliche galt den Avantgardisten und überhaupt jeder halbwegs modernen Bewegung als überkommener Aristokratenkram, als bürgerlicher Zufriedenheitsschrott. Am Ende siegte diese Richtung aber doch, da Stalin wie viele Dictators lieber Dinge ankuckte, die er gleich verstand. Beendet war dieser Kampf im Jahr 1934 mit dem 1. Kongress des gerade gegründeten Schriftstellerverbandes. Danach galten die Regeln des sozialistischen Realismus.

Ojārs Ābols, Lettische Künstler im Jahre 1919 (1968)Immerhin muss es Modernisierungsversuche gegeben haben, in der Ausstellung sieht man das vor allem an einer Stelle, anhand des Gemäldes von Ojārs Ābols: »Lettische Künstler im Jahre 1919«. Das Gemälde stammt von 1968 und ist nur so abstrakt, dass es gerade noch als Realismus durchgeht. Wir sehen drei Künstler, fast frontal, die bei der Planung irgendwelcher Festivitäten mithelfen, laut Infotafel der Feiern zum 1. Mai 1919. Im rot gehaltenen Hintergrund prangt eine Sonne, außerdem defiliert ein Fahnenträger vorbei. Es gibt noch einige andere narrative Linien, deren Interpretation ich hier lieber auslasse.

Džemma Skulme, Volksfest (1955)Mehr Avantgarde gibt es in der Ausstellung nicht zu sehen. Stattdessen massenhaft Tschekisten-, Stalin-, Lenin-, Veteranen-, Funktionärs-, Arbeiter- & Bauern-Porträts. Auch ist auffällig, wie es auf den Bildern nach 1960 keine lettischen Trachten mehr zu sehen gibt. Auf dem »Volksfest«-Gemälde von Džemma Skulme aus dem Jahr 1955 sieht man sie noch fröhlich durch die Luft wirbeln, irgendwann wurde den Sowjets jedoch klar, dass derlei Folklore den Prozess der Russifizierung stören musste.

Ein Hammer noch zum Schluss. Am Beginn des Aufgangs zu den momentan gesperrten höheren Etagen hängt das Bild »Gerettete Madonna« (1984/85) von Mikhail Kornetsky. Wir sehen Raffaels »Sixtinische Madonna« aus der Dresdner Gemäldegalerie, die nach dem Krieg von der Roten Armee in sagen-wir-mal Sicherheit gebracht und erst nach Stalins Tod in der Mitte der 50er-Jahre zurück nach Dresden gegeben wurde.

Mikhail Kornetsky, Gerettete Madonna (1984/85)Der lettische Künstler hat den Raffael als Bild im Bild kopiert, was ihm auch okay gut gelungen ist. Vor dieser Grundierung findet dann das eigentliche Bild statt: Zwei Soldaten bewachen das sichergestellte Großgemälde samt einer Expertin, die mit einer Lupe hantiert. Kornetsky scheint dabei ein paar Probleme mit der Perspektivität zu haben: Die MP des rechten Soldaten (eine PPSch-41) ist recht kühn verzogen, das ist dann fast sozialistischer Unrealismus oder, bei wohlwollender Interpretation, eine Art Reprise des Manierismus.

Wie auch immer, das Gemälde schickt einem den kalten Kunstgrusel über die Augen, für den heutigen Betrachter thematisiert es sehr eindrucksvoll das waghalsige Leben der Bilder.

Dann hinaus in die Sonne. Immer, wenn man in der Rigaer Innenstadt ist, sollte man zum Essen in diese Pelmeni-Kantine in der Kaļķu iela (Kalkstr.) gehen und sich für die nächste halbe Woche sattessen. Vor allem, wenn man sich die 2 Tage davor nur von alten Mars-Riegeln ernährt hat.

(All images courtesy of LNMM. Thanks to Gundega Cēbere!)

Das Wetter vor 95 Jahren

Konstanz, 15. August 2008, 06:20 | von Marcuccio

Das Wetter vor 95 Jahren, nicht zu verwechseln mit Wolf Haas‘ Roman »Das Wetter vor 15 Jahren«, nach dessen Lektüre sich der »Zeit«-Rezensent Hubert Winkels »postkoital erschöpft« fühlte, das Wetter vor 95 Jahren also präsentierte sich so:

»Über dem Atlantik befand sich ein barometrisches Minimum; es wanderte ostwärts, einem über Rußland lagerndem Maximum zu, und verriet noch nicht die Neigung, diesem nördlich auszuweichen. Die Isothermen und Isotheren taten ihre Schuldigkeit. Die Lufttemperatur stand in einem ordnungsgemäßen Verhältnis zur mittleren Jahrestemperatur, zur Temperatur des kältesten wie des wärmsten Monats und zur aperiodischen monatlichen Temperaturschwankung. Der Auf- und Untergang der Sonne, des Mondes, der Lichtwechsel des Mondes, der Venus, des Saturnringes und viele andere bedeutsame Erscheinungen entsprachen ihrer Voraussage in den astronomischen Jahrbüchern. Der Wasserdampf in der Luft hatte seine höchste Spannkraft, und die Feuchtigkeit der Luft war gering. Mit einem Wort, das das Tatsächliche recht gut bezeichnet, wenn es auch etwas altmodisch ist: Es war ein schöner Augusttag des Jahres 1913.«

Natürlich: Das ist der berühmte Wetterbericht, mit dem Robert Musils »Mann ohne Eigenschaften« anhebt, der neben dem Joyce-»Ulysses« und der Proust-»Recherche« allseits anerkannte Dritte im Bunde der »dicken Drei« der klassischen Moderne.

Meteorologie als epische Aufgabe

Das Tolle an diesem Wetterbericht: Er ist ein »Tagesthemen«-Strömungsfilm vor seiner Zeit: Denn natürlich sind Isothermen und Isobaren, die ihre Schuldigkeit tun, Ironie pur: die (noch) heile Welt Kakaniens fügt sich sogar am Himmel in ihre satte atmosphärische Ordnung.

Wer den Wetterbericht aber nur den poetischen Fähigkeiten Musils zuschreibt, der wird nun eines Besseren belehrt. Wie Hermann Bernauer in seiner kleinen, feinen Studie namens »Zeitungslektüre im ›Mann ohne Eigenschaften‹« schreibt, war so ein epischer Wetterbericht damals das Normalste von der Welt:

»Die Wetterberichte in den Wiener Zeitungen um 1913 waren von einer Ausführlichkeit, wie sie heute unbekannt ist. (…) Die Wetterkarte wurde nicht gedruckt, sondern beschrieben (…). Daher (…) technisches Vokabular, das einige Ansprüche stellte an das Vorwissen der Leser. Die Neue Freie Presse brachte ausser den täglichen Wetterberichten Mitte und Ende des Monats noch einen ausführlicheren über das Wetter der vergangenen Wochen, geschrieben von einem Meteorologen.« (S. 149)

Und dann wartet Bernauer tatsächlich mit einem solchen O-Ton auf, und auffällig natürlich zuallererst die Tatsache, dass Meteorologen vor 95 Jahren noch nicht »Ben Wettervogel« hießen:

»Ausdauernd schlechtes Wetter. Von Dr. O. Freiherrn v. Myrbach, Assistenten der Zentralanstalt für Meteorologie.

›Wie zu befürchten war, hat das heurige Sommerwetter im Wesentlichen den Charakter treulich beibehalten, den es von Anfang an trug. Seine Härten haben freilich etwas nachgelassen (…). Das will aber noch nicht viel sagen, denn der Beginn des Sommers war so aussergewöhnlich schlecht, dass auch die spätere Zeit trotz der Besserung noch als schlecht bezeichnet werden muss …‹.« (S. 150)

Das war in der »Neuen Freien Presse« vom 15. August 1913 zu lesen. Der Wetterbericht als narratives Entertainment, er begann also schon Jahrzehnte vor der Kachelmann’schen Blumenkohlwolken-Show. Und auch der Meteorologe als Wettertröster bei schlechtem Wetter praktizierte schon, immerhin: er hatte sprachlich Niveau.

___
Hermann Bernauer: Zeitungslektüre im »Mann ohne Eigenschaften«.
München: Wilhelm Fink Verlag 2007. (Verlagswebsite / Rez. FAZ)

Europa sucht den Superleser

Konstanz, 14. August 2008, 06:56 | von Marcuccio

»Zu Hause lese ich schon seit Jahren kein Buch mehr (…), ich habe niemals in meinem Leben ein einziges Buch ausgelesen, meine Art zu lesen ist die eines hochgradig talentierten Umblätterers, also eines Mannes, der lieber umblättert als liest …«

(Thomas Bernhard: Alte Meister. Ffm.: Suhrkamp 1985, S. 38 f.)

Hatte es der Umblätterer, auf den Spuren von Thomas Bernhard, getAbstract und Lesen 2.0, nicht immer prophezeit? Das ungelesene Buch wird das Mega-Thema der nächsten Jahre. Jetzt geht’s los: Der Literaturbetrieb schreibt sein erstes Lesestipendium aus.

Richtig gelesen: Le–se–sti–pen–di–um. Subventioniertes Schreiben im Bahnwärterhäuschen ist megaout, neu gibt’s Geld und Zeit und Haus (ok, Gästewohnung) fürs Lesen, offeriert von der Grazer Schreibkraft.

Was man mitbringen muss, ist eine Leseliste mit zehn Titeln. Eine Begründung, warum man die zu lesen vorhat. Plus die Bereitschaft, sich als Vertreter der »subventionswürdigen Spezies« Leser (FR) hinterher interviewen zu lassen. Im Gegenzug bekommt man drei Wochen Lesezeit in Graz mit 1100 Euro spendiert. Ist das ein Angebot für Umblätterer oder ist es keins?

Das Trinktier oder
Return to the Feuilleton i. e. S.

auf Reisen, 13. August 2008, 12:00 | von Paco

»Wann ist diese Serienschrottliste endlich am Ende?« – die einen.

»Jajaja! Warum keine Top-50?« – die anderen.

Ich gehöre zu den einen, hehe. Es ist also an der Zeit, unser Die-hard-Feuilleton wieder etwas zu diversifizieren. Im Mittelpunkt steht nach wie vor die Zusammenstellung des Top-10-Readers mit den zehn wichtig-, be-, interessante-, usw. -sten Feuilletontexten des Jahres 2008. Selbst in den Sommermonaten gab es da bisher sehr gute Sachen. Danke, liebes verrücktes deutsches Feuilleton!

Das Hauptevent der letzten Wochen war für mich eine unschein­bare Überschrift in der S-Zeitung vom 29. Juli 2008, Seite 18:

Das Trinktier
Ein Spitzhörnchen säuft täglich
Alkohol – und bleibt dabei nüchtern

Die S-Zeitung war auch zu Recht stolz auf diese Findung: Der textunlastige Kleinstartikel zum Federschwanzspitzhörnchen wurde bereits auf der Frontseite des Feuilletons (S. 13) angekündigt. (Einen Artikel zum selben Thema gab es am gleichen Tag u. a. auch bei Telepolis, zurückgehend auf einen Aufsatz in PNAS. Die ganzen Lorbeeren gehören aber dem Erfinder der SZ-Überschrift!)

Auch ziemlich sehr gut war eine Überschrift in der FR vom 1. 8., S. 54: »Sack Reis umgekippt«. Eine nahe liegende, nicht schwer zu errechnende Headline, aber: »Wann sonst hat man die Chance einen solchen Kalauer in eine Zeitung zu schreiben, und dabei gleichzeitig selbstreflektiv auf das Problemfeld Presse und Politik in China einzugehen?« (Horatiorama im gelblog) Den Text unter der Überschrift braucht man im Prinzip nicht zu lesen, und das macht ja eine gute Überschrift eben aus.

Dann noch mal die S-Zeitung, Axel Rühles Artikel zu den immer dicker werdenden Bildbänden: »Wer hat den Dicksten?«. Es geht darin um die Pointlessness dieser Wolkenkratzerbücher, darum, dass sie als lebloser Fetisch gekauft und verehrt werden, die Inhalte sind zweitrangig:

»Das sind keine Bücher mehr (…). Das sind Module. Möbel. / Als gäbe es ein Wettrüsten unter den Bildbandverlegern. Als hätte jemand das Wort Coffeetable-Book falsch verstanden und allen Ehrgeiz darangesetzt, Bücher zu drucken, groß wie Serviertischchen.«

Morgen suchen wir dann den Superleser und übermorgen feiern wir ein Robert-Musil-Jubiläum. Stay tuned.

Die 30 besten US-Serien 2007/08, Platz 1:
Curb Your Enthusiasm (6. Staffel, HBO)

Barcelona, 12. August 2008, 15:58 | von Paco

(Übersicht: Alle 30 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Wer eine 6. Staffel abliefert, die so lebendig, innovativ, voller hundertprozentiger Storyideen ist, der hat den 1. Platz verdient! Larry David gelang es abermals, ein hervorragendes Ensemble abstruser Probleme und überraschend aufgehender Plots abzuliefern.

Die größte Überraschung war sicher die Trennung von Cheryl, die bisher stärkste Zäsur, die in der Serie gesetzt wurde. Diese Frauenlosigkeit hat gleichzeitig zu ganz neuen Storyideen geführt. So muss Larry inzwischen wieder daten, und allein wie sein erstes Date (mit der Darstellerin von Xena the Warrior Princess, Folge 7) fehlgeht, ist wieder schön unfassbar und sehenswert.

Ein Clou der Staffel gleich zu Anfang ist die Aufnahme der hurrikangebeutelten Familie Black. Sie treten danach nicht allzu oft in Aktion, und auch der zugehörige Cousin Leon spielt keine allzu tragende Rolle. Durch seine Kumpeleien mit Larry und seine pointierten Aussagen (»You got long balls, Larry!«) setzt er sich aber sofort im Gedächtnis fest, und auch Auntie Rae (Folge 8) und Loretta (gleich in Folge 1) haben ihre Momente.

Außerdem gar nicht genug zu loben ist die häufigere Präsenz von Marty Funkhouser. Wie dieser Langweiler immer wieder in Szene gesetzt wird, wie er und Larry sich ihre Zeit mit Scheinkonflikten vertreiben, ist ein echtes Festival der Sprache. Auch die Hinterfragung von gesellschaftlichen Konventionen feiert wieder fröhliche Urständ, etwa das Sachenverwechseln beim Dry Cleaning (Folge 2) oder das »sample abusing« und das Schlangesteh-Verhalten bei mehreren Wartereihen, die alle zum selben Ziel führen (Folge 3).

Der eindrucksvollste Gastauftritt war dann der von John McEnroe, der von Larry als Taxifahrer »Charlie« herumgefahren wird und sich dann lauthals mit ihm über das »Freak Book« amüsiert (Folge 5).

Ansonsten haben wir die lang erwartete neue Staffel hier beim Umblätterer sowieso schon folgenweise kommentiert. Es sollen mindestens 2 Seasons folgen, das ist mehr, als wir zu hoffen wagten, nachdem Larry David sonst nach dem Ende einer Staffel die Frage um eine Fortsetzung der Serie stets offen gelassen hatte.

Die 30 besten US-Serien 2007/08, Platz 2:
Desperate Housewives (4. Staffel, ABC)

Barcelona, 12. August 2008, 08:01 | von Paco

(Übersicht: Alle 30 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Während es bei »Lost« gerade erst loszugehen scheint, ist der Hype um die »Desperate Housewives« irgendwie vorbei. Soll mir Recht sein, die Serie ist aber immer noch die am besten erzählte Dramedy der Welt mit beglückenden Dialogen, die auch auf einer Theaterbühne Bestand haben würden.

Nachdem in den ersten beiden Staffeln vor allem Bree mit den interessantesten Storylines ausgestattet wurde, ist diese 4. Staffel eine Lynette-Staffel gewesen. Sie wird zugebombt mit Schicksal, als wenn es kein Morgen gäbe. Nachdem sie ihren Krebs besiegt hat, der in einigen schönen Szenen allegorisiert wurde (sie tötet ein Opossum, das sich in ihrem Vorgarten breit gemacht hatte, Folge 6), beginnt ihre Stieftochter Kayla eine Intrige gegen ihre ungeliebte neue Mutter (Folge 15).

Die tyrannische Kayla (Rachel G. Fox) ist wirklich gut besetzt, sie ist so kindisch-bösartig wie es einst Andrew Van De Kamp war (der mittlerweile nur noch in der Scavo-Pizzeria arbeitet und sonst nicht viel macht). Sie bringt sich selbst ein paar Wunden bei und behauptet, von Lynette missbraucht und geschlagen worden zu sein (4.16/17). Insgesamt wird hier das althergebrachte Stiefmutter-Motiv überzeugend aktualisiert.

Wie in jeder Staffel gibt es neue Nachbarn, die ein dunkles Geheimnis mit sich bringen. Diesmal ist das die alte Bekannte Katherine Mayfair, die nach über 12 Jahren mit ihrer Tochter Dylan und ihrem neuen Mann Adam in die Wisteria Lane zurückkehrt. Bei ihrem damals überstürzten Aufbruch war etwas zwischen ihr und ihrem damaligem Mann bzw. beider Tochter vorgefallen. Wie so oft kommen in der Auflösung des Rätsels um die Geschehnisse vor 12 Jahren ein paar Horrorelemente mitgeschwommen.

Die Storys der anderen Housewives sind auch ganz passabel: Da es im WASP-Milieu für eine minderjährige Unverheiratete wie Danielle ungebührlich ist, schwanger zu sein, zieht Bree die Idee mit ihrem falschen Babybauch durch. Sie platziert ständig ein größer werdendes Kissen unter ihrer Kleidung, um das Kind ihrer ungebührlichen Tochter Danielle später als ihr Eigenes ausgeben zu können. Was für eine Idee!

Auch die Gabrielle-Story liefert einen köstlichen Höhepunkt: In Folge 7 wirft sie ihren frisch angetrauten Mann, den gerade gewählten Bürgermeister Victor Lang, mit Hilfe eines Paddels über Bord seiner Yacht. Sie handelt in Notwehr, denn Victor will sie gerade für die Affäre mit ihrem Ex-Mann Carlos bestrafen. Daraufhin suchen Gabi und Carlos vergeblich die Wasseroberfläche nach Victor ab und halten ihn für tot. Sie schicken die Yacht herrenlos auf den Ozean hinaus und beschließen Stillschweigen zu bewahren. Diese spannend erzählte Substory ist eine schöne Reminiszenz an Patricia Highsmiths ersten »Ripley«-Roman bzw. dessen grandiose Verfilmungen von René Clément (1960) und Anthony Minghella (1999).

In Folge 9 erleben wir den Höhepunkt der gesamten US-Seriensaison: Ein Tornado erwischt die Housewives-Gegend. Und wie das erzählt wird, wie da das Ende vorweggenommen wird, wie derart die Spannung in Szene gesetzt wird, wie der biblische Off-Ton der Mary Alice Young die Geschehnisse sinister kommentiert, das ist einzigartig.

Und was »Lost« kann, können die »Desperate Housewives« schon lange. Der Flashforward bei »Lost« führte nur um die 3 Jahre in die Zukunft. Am Ende der 4. DH-Staffel werden wir mit einem 5-Jahres-Sprung in die Zukunft konfrontiert. Was für ein Cliffhanger! Wollen wir hoffen, dass das Drehbuch diese protzige Vorausschau auch wirklich ausgestalten kann.