Curb Your Enthusiasm: 6. Staffel, 8. Folge

Leipzig, 17. November 2007, 01:02 | von Paco

what the fuck, was geht ab,
ich chill die ganze nacht in der südvorstadt

So texten es die Spit’oholiks von nebenan (YouTube, 2:45 mins. in – via Heldenstadt). Aber statt »fußball zocken auf der B zwo / na ja, geht so« heißt es für mich jetzt Review texten, und zwar endlich zur 8. und damit vorvorletzten »Curb«-Folge der 6. Staffel, Titel: »The N Word«.

Wir sahen sie vor gut 3 Wochen wie immer im von uns gewählten »Curb«-kompatiblen Hotel in (ungefähr) Nordlondon, waren aber diesmal eher gekommen, weil die Sonntagnächte immer überfüllter geworden waren.

Die Folge lief bereits eine Weile, als Dick und mir die Chestnuts aus den Straßenhändlertüten kullerten, weil die wiederum auf unsere Schuhe gefallen waren, weil wir mit unbeschreiblich amerikanischer Fernsehzuschauer-Freude den Gastauftritt von Brenda Strong sahen, die wir als bezirzende Off-Stimmen-Selbstmörderin Mary Alice aus den »Desperate Housewives« kennen.

Stellte sich heraus, dass Dick gar nicht wegen Mary Alice seiner Greifreflexe verlustig ging, vielmehr stammelte er: »the braless college friend of Elaine, Sue Ellen Mischke!« Stimmt ja, auch das war Brenda Strong, und jetzt ist sie wieder da, als Weißkittel-Amazone Sheila Flomm.

Nach der großen Zäsur in Folge 7 (Cheryl hat Larry verlassen) und einem ersten Date-Disaster geht es jetzt weiter mit dem Kapitel »Larry & the girls«. Zunächst erwischt es Auntie Rae, die er einen Moment zu lange umarmt. Seine Hose bewegt sich (»my penis is an animal«), Auntie Rae macht schnell die Biege. Larry erzählt Jeff vom Auntie-Rae-Zwischenfall, in der Kantine des Krankenhauses, wo sich Letzterer seinen Schnarcheffekt wegoperieren lassen will.

Soweit das Setup. Nun wird diese Folge vor allem durch zwei Pointen bestimmt, einer irgendwie unglaubwürdig schlechten und einer sehr guten.

Kommen wir traditionellerweise zuerst zur schlechten: Larry sitzt mit Sheila in der Kantine und begibt sich irgendwann kurz auf das Männerklo. Dort hört er einen Patienten das N-Wort sagen, kehrt zu Sheila zurück und berichtet ihr geschockt davon. Gerade als er das N-Wort zitiert, läuft der schwarze Arzt Dr. Page an ihm vorbei.

Dieser nimmt das Zitat irrigerweise als Schimpfwort entgegen und reagiert so erbost, wie man nur in »Curb« erbost sein kann. Sein hochfrequentes Geplärre schließt er mit einer Gegen-Beleidigung ab, indem er Larry als »bald son of a bitch« bezeichnet.

Und dann kommt es zu einer komischen Übersprungshandlung, die wie gesagt nicht sehr glaubwürdig ist: Der Arzt schreitet in den Operationssaal, in dem der vollnarkotisierte Jeff liegt. In der Hitze der Verwirrung greift er statt zum Skalpell zum Rasierer und macht Jeff auch zu einem diskriminierungswürdigen »bald son of a bitch«.

Tatsächlich wird Jeff nun ebenso Opfer der Diskriminierung von männlichem Haarverlust: Die vorher überaus nette Kellnerin schneidet ihn auf einmal, und vor allem sagt ihm Ben Stiller den Klientendeal ab, weil er im Gespräch offenbar von Jeffs Shrek-Schädel abgeturnt wird.

Na gut, wenn man den Erzählfaden zuende erzählt, ist er gar nicht so schlecht. Vor allem läuft Jeff auch die restlichen zwei Folgen der Staffel mit Glatze herum, und allmählich sieht er wirklich wie Shrek aus, was sein Image als eigentlich friedlicher Brummbär verstärkt.

Nun die zweite Pointe, die sorgfältig vorbereitet wird. Larry bekommt von Sheila eine vertrauliche Notiz, die er aber (Arzt-Gekrakel!) nicht entziffern kann. Er trägt sie einige Zeit mit sich herum, bis er auf die rettende Idee gebracht wird, die ein schönes Klischee wiederbelebt: Wer muss Arzthandschriften lesen können? Apotheker natürlich!

Nun folgt eine Verkettung von Wortwitzen, die schon mit der Benamsung der schwarzen Hurrican-Familie als ›the Blacks‹ seit Folge 1 der Staffel vorbereitet wurde. Larry bringt Sheilas Notiz zu einem Apotheker, der zufälligerweise auch schwarz ist.

Durch dessen Entzifferungskünste erfährt Larry, dass Sheila ihm ein Make-out-Treffen im Hotel vorschlägt, weil bei ihr zu Hause ihre Geschwister stören und Larry ihr ja von den bei ihm einquartierten Blacks erzählt hat.

Nun kommt es zum größtmöglichen Verhängnis, das Larry mit egal wieviel Aufwand nicht wirklich plausibilisieren kann. Der Apotheker liest mit gerümpfter Nase weiter vor:

»so tired of all these brothers and sisters around, i know you feel the same way, tell me your life wouldn’t be better without the Blacks«

Auch der Apotheker reagiert erbost und liefert Larry daraufhin statt seinem Medikament eine Ladung weiblicher Hormone, die dieser auch unwissentlich schluckt. Daran scheitert dann natürlich das Treffen mit Sheila – Larrys gute Aussichten werden wie fast immer komplett desavouiert.

Die Lage verschlimmert sich in der Schlusssequenz. Vor einem Untersuchungsausschuss des Krankenhauses wird Jeffs unfreiwilliger Haarschnitt verhandelt. Larry muss die Vorgeschichte der Tat nacherzählen, doch in dem Moment, als er das N-Wort sagen müsste, tritt ein schwarzer Kollege ein und setzt sich neben den Untersuchungsrichter.

Wenn Larry jetzt weitersprechen würde, wäre das der nächste Eklat. Deswegen schweigt er und schüttelt bei den Nachfragen immer heftiger mit dem Kopf. Es wird eine große Schlussszene, denn der ganze Saal stimmt nach und nach in die Forderung ein und traktiert Larry mit »say it! say it!« Ein großes Brüllkonzert, das an die grandiose Schimpfwort-Oper in Folge 3.10 (»The Grand Opening«) erinnert.

Alles in allem also wie immer eine gute Folge. Und was ich vorhin als schlechte Pointe bezeichnet habe, ist natürlich nichts weiter als einer der mittlerweile typischen manieristischen Kausalnexus in »Curb«.

Staffel 6 ist ja inzwischen übrigens zuende, Folgen 9 und 10 werden demnächst hier von Dick und San Andreas rekapituliert werden. Zwei der besten Folgen ever, soviel kann man schon mal sagen.

Aber die allerbeste Nachricht zum Serienfinale ist die, dass Larry David nicht wie sonst vor jeder Staffel behauptet hat, es sei die letzte. Jetzt kündigt er gleich zwei weitere Staffeln an.

Der Umblätterer über andere »Curb«-Episoden:
Season 6: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10
Season 7: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10

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