Curb Your Enthusiasm: 7. Staffel, 9. Folge

Paris, 9. Dezember 2009, 07:08 | von Paco

»The Table Read«
(15. 11. 2009 · HBO)

Eine Hammerfolge, sie beginnt in Monk’s Cafe, dem alten »Seinfeld«-Abhängort, der detailliert nachgebaut wurde. »Larry, it’s exactly the same«, befindet Julia Louis-Dreyfus, die wenig später wieder als Elaine agieren wird. Ein bisschen Smalltalk folgt, bis Julia die Schauspielfähig­keiten von Cheryl infrage stellt. Auch Jason Alexander (George) wird das tun. Nur Michael Richards (Kramer) hat andere Sorgen. Er leidet, vermutet er, am Groat’s Syndrome, der schlimmen Krankheit, die extra für »Curb« erfunden wurde.

Am Set laufen auch noch ein paar andere Leute herum, zum Beispiel die neunjährige Emma. Sie hat auch ein gesundheitliches Problem, ihre Mutter beschwichtigt aber gleich, »she just has a rash on her pussy«, und man muss da wirklich zweimal hinhören, aber genau das sagt sie, und nach einem irritierten Blick nimmt Larry diese Formulierung an und wird sie später gegenüber Anderen auch genau so benutzen, bis am Ende jemand die Polizei rufen wird. Wieder eine geschickt ausgelotete Grenzwertigkeit, die dem vollurinierten Jesus aus Folge 7.06 mindes­tens ebenbürtig ist.

Plötzlich taucht Marty Funkhouser auf und bedient sich am Büfett: »I’m here for support!«, ist seine Ausrede, aber Larry will ihn sofort wieder vom Set vertreiben. Er bittet Jerry um Hilfe, der sich aber an Funkhou­sers Stippvisite nicht stört. Und Marty erzählt ihm im Gegenzug einen ziemlichen langen Witz: »A woman is very afraid of the size of her opening …« Jerry: »What is she afraid of?« Marty: »The size of her opening. So she goes to her mother …« Usw. »I like that guy«, meint Jerry am Schluss, trotz des Witzes, und das ist doch schön, dass das in der Geschichte des Fernsehens stattfinden durfte: Jerry Seinfeld meets Marty Funkhouser.

Dann folgt der Table Read, der dieser Folge den Titel gibt. Alles sehr, sehr gut, sofort entsteht ein »Seinfeld«-Feeling, was ja nicht unbe­dingt so hätte sein müssen. Während der Lesung lutscht George ununterbrochen an dem Stift, den Larry ihm geborgt hat. Dann puhlt er sich damit auch noch im Ohr herum usw. Die Probelesung dauert noch eine Weile an, Georges Mutter Estelle taucht kurz auf, ebenso Jerrys mittelmäßiger Standup-Kollege Kenny Bania. Und Cheryl schlägt sich wider Erwarten äußerst gut.

Nach der Lesung will Jason den geborgten Stift an Larry zurückgeben, der aber ablehnt und einen neuen verlangt, »that’s the fair thing to do, that’s the nice thing to do, that’s the right thing to do«. Jerry klagt er sein Leid, der dann eine allgemeine Lehre formuliert: »You don’t loan Jason anything, anything that can be inserted.« Später überbringt Jason immerhin einen neuen Stift, allerdings ein anderes Modell, und das gibt natürlich ein neues Streitgespräch über soziale Verhaltens­weisen am Beispiel von geborgten Schreibgegenständen.

Am Set gibt es dann eine gespielte Szene zwischen Elaine und Jerry, mit der üblichen Clark Kent-Anspielung. Dann Klopfen an der Tür, es ist Newman (Postbote, Nachbar, Erzfeind). Dann kommt noch Kramer mit einer Prostituierten hereingeschneit, mit der er später die Car-Pool-Lane benutzen will, um schneller zum Stadion zu kommen (siehe »Curb«-Folge 4.06).

Auch Leon, das einzige Überbleibsel der Black-Familie, wird mit einem Kunstgriff in die Folge geschrieben. Er soll als Experte auf Kramer einreden, damit der sich seine eingebildete Groat’s Disease aus dem Kopf schlage, um sich besser auf die Show konzentrieren zu können. Da Larry bei einer ersten Beschwichtigungsrede den Namen seines Bekannten Duberstein verwendet hat, der aber inzwischen an Groat’s gestorben ist, schickt er Leon als Duberstein los. Leon ist dazu natürlich null geeignet, beim Treffen mit Kramer muss er nun irgendwie seinen jüdischen Namen rechtfertigen, was herrlich und hervorragend ist. Über seine Bar Mitzwa (Leon: »Bar Misfit?«) sagt er etwa: »It’s once every thirteen years, y’know. You gotta recharge the Mitzvah.«

Die Tarnung fliegt auf, als die Witwe vom toten Duberstein am Set auftaucht. Entsetzt rennt Kramer nach draußen und beschimpft Leon, den falschen Duberstein. Statt eines Schimpfwortes formuliert er sehr vorsichtig: »If only there were a horrible name that I could call you that would make you as angry as I am!«

Es ist also nicht zu übersehen: Die Begegnung zwischen Kramer und Leon spielt mit Pauken und Trompeten auf Michael Richards‘ rassis­tischen Ausrutscher von vor drei Jahren an. Damals hatte er in ein kritisches Publikum hinein eine »50 years ago«/»fork up your ass«-Bemerkung gebrüllt, und irgendjemand hatte das mitgefilmt und geyoutubet. Und auch bei dieser »Curb«-Reprise des Vorfalls steht im Hintergrund eine Meute mit knipsenden Handykameras.

Soweit die vorletzte Folge dieser wieder großartigen Staffel. Die letzte Folge bringt dann ein ebenso großartiges Finale, dessen Ausstrahlung jetzt auch schon wieder mehr als zwei Wochen her ist. Der Recap dazu folgt hier umgehend, zumindest ist das der Plan.

Der Umblätterer über andere »Curb«-Episoden:
Season 6: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10
Season 7: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10

Eine Reaktion zu “Curb Your Enthusiasm: 7. Staffel, 9. Folge”

  1. Cobalt

    Alter Verwalter! Den Ausraster von Michael Richards kannte ich noch gar nicht. Ist ja maximal übel.
    Die Curb Folge, wie auch die danach, war natürlich wieder ein Hochgenuss.

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