Curb Your Enthusiasm: 6. Staffel, 3. Folge

Madrid-Barajas, 30. September 2007, 13:59 | von Paco

Melde mich kurz aus Barajas. Bin auf dem Weg nach London zu Dique, und nach seiner Flughafen-Story von vorgestern bin ich extra zwei Stunden eher hergekommen und kann jetzt noch fix das hier rausschicken.

Vor lauter Schreck über die Abschaffung der FAZ-Fraktur – LD hätte gesagt: Out of the clear blue sky! – habe ich das Resümee der »Curb«-Nacht zur vor einer Woche ausgestrahlten Folge 6.03 vergessen, die so betitelt war: »The Ida Funkhouser Roadside Memorial«.

Um es kurz zu machen, ich fand die Folge somewhat schwächer, und zwei Mal, glaube ich, habe ich bezüglich des Plot-Arrangements das Wort »contrived« murmeln hören. San Andreas sprach in diesem Zusammenhang von der »immer schwierigen dritten Folge« (hehe), aber diese dritte Folge der sechsten Staffel war eher ein weiterer Schritt Richtung Manierismus, der lediglich die »willing suspension of disbelief« etwas erschwert, ganz normal für gute Kunst.

Zum Beispiel Funkhouser: Er gibt in dieser Folge den Grenouille, ausgestattet mit einem übersensiblen Riechkolben, mit dem er Lilien sowie das importierte Belle-Fille-Parfüm, das seiner Mutter (†) und Cheryl gleichermaßen zusagt(e), auch aus größerer Entfernung riechen kann.

Wo wir bei Funkhouser sind: Er ist irgendwie, das meinte auch Cobalt eben zu mir, die Lieblingsfigur des Drehbuchschreibers Larry David geworden. Richard Lewis etwa bekommt in dieser Folge nur einen kurzen Auftritt, in dem er lediglich die Information unterbreiten muss, die schließlich zur letztlich wieder großartigen Pointe führt (die Vorstellung der raffgierigen Funkhouser-Verwandtschaft).

Funkhouser ist einer der Aufrechterhalter des comme il faut, also der pingeligsten gesellschaftlichen Restriktionen, deren Hinterfragung LDs Berufung ist, schon seit seinen Drehbüchern für »Seinfeld«.

Was ich bemerkenswert fand, war Martys Bezeichnung »if you weren’t my best friend« für Larry, die dieser ja sofort belustigt abbügelt: »Best friend? He’s not my best friend!« Diese Szene (auch hier beschrieben) erklärt sehr schön beider Verhältnis zueinander.

Marty ist die personifizierte Langeweile, und dass zu ihm noch diese schrecklich langweilige Frau gehört, erklärt, warum deren Hauspartys eben gemieden werden sollten wie in 6.01. Noch nie hat jemand den Satz »Is this fun, or what?« so langweilend und unüberzeugend rübergebracht wie Funkhouser in eben dieser Episode.

Beide kennen sich seit Jahren und begegnen sich einfach ab und zu im Bekanntenkreis. Das erklärt aber nicht, warum Larry ständig fast automatisch auf ihn trifft. Das hat einen anderen Grund: Oft genug hat Funkhouser etwas, das LD gern hätte. Statt sich diese Dinge nun anderweitig zu besorgen – er ist ja dreistelliger Multimillionär – will LD den Weg abkürzen und dazu schamlos das Freundschaftsprivileg ausnutzen, was ihm am Ende stets die ultimativen Schwierigkeiten verursacht.

Etwa wenn er versucht, das Baseball-Ticket von Martys verstorbenem Vater zu ergattern (Folge 4.06, »The Car Pool Lane«). Oder in der aktuellen Folge das schwer erhältliche weil importierte Parfüm, das Funkhousers toter Mutter gehörte. Das für die verunglückte Rollstuhlfahrerin eingerichtete Blumen-Memorial am Straßenrand wird von Larry auch als Möglichkeit erkannt, ein paar Wiedergutmachungs-Sträuße abzustauben, ohne dafür weitere Blumenläden abzufahren.

Denn sein Versuch, auf ethisch korrekte Weise Blumen zu besorgen, nämlich sie im Laden zu kaufen, wurde ihm ausgerechnet durch Martys im Turnschuh gelagerten 50-Dollar-Schein verwehrt. Dass Larry seine Tat später sogar damit rechtfertigt, da lägen doch genug Blumen um das aufgestellte Ida-Funkhouser-Erinnerungsbild, macht es zu einer Larry-Tat.

Er crasht einfach mal wieder die überkommene Ethik wie es bei ihm ja oft im Zusammenhang mit frisch verstorbenen Personen passiert, ob bewusst oder unbewusst. Erinnert sei an die qua Todesanzeige betrauerte »beloved cunt« (statt »aunt«, Folge 1.08) oder an die Episode »Chet’s Shirt«, in der er unbedingt das Shirt auf dem Foto eines verstorbenen Bekannten haben will.

Ansonsten gab es wieder zahlreiche Diskussionen über »the unwritten rules of society«: Kann man zu alt sein, um als Vollwaise zu gelten? Der Schauspieler Bob Einstein, der so herausragend den Marty Funkhouser gibt, ist fast 65: »A little too old to be an orphan.«

Sehr schön in Szene gesetzt wird auch die Frage: Wieso wählt man immer die Warteschlange, die dann am langsamsten abnimmt?

Und dann das eigentliche Leitmotiv der Folge, das »sample abusing«: Wieviele Eis- und Duftproben darf man sich geben lassen, wenn hinter einem Leute warten? (»You’re abusing your sampling privileges!«) Und sehr gut dann Larrys apodiktische Schlussfolgerung: »The sample thing, we gotta put an end to it!«

Wir gingen dann in die Hotelbar und ließen uns verschiedene Tapas vorsetzen, um sie ausführlich zu samplen.

Der Umblätterer über andere »Curb«-Episoden:
Season 6: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10
Season 7: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10

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