Archiv des Themenkreises ›Spiegel Online‹


Die Interviewkrise

Moskau, 29. Juni 2016, 12:09 | von Paco

Gerade finden viele missglückte Interviews statt. Ein paar Beispiele. Zum Erscheinen der deutschen Übersetzung seines Sammelbandes »Distant Reading« hat »Spiegel Online« ein Interview mit Franco Moretti geführt. Der Satz mit dem »aktuellsten heißen Scheiß« klingt wie Bento meets VICE gone awry. Auch inhaltlich ist es etwas dürftig, wenn nämlich Andreas »Fahrstuhl« Bernard den Band in der FAS als »das interessanteste literaturtheoretische Buch, das seit vielen Jahren erschienen ist«, zelebriert und im SPON-Interview der technische Stand von vor tausend Jahren abgefeiert wird. Dazu Arne: »Aha. Franco Moretti macht also Named Entity Recognition, Sentiment Analysis und CSV-Dateien mit Locationdata«.

Weiteres Beispiel. Gerade hat im Palais de Tokyo eine Ausstellung mit Fotos von Houellebecq eröffnet. Und der Dichterfotograf erklärt im »Spiegel«-Interview seine Bilder (Ausg. 25/2016, S. 122–127). Das tut richtig dolle weh. Zum Eröffnungsbild der Ausstellung, das »einen dunklen Wolkenhimmel über der Stadt« zeigt, sagt Höllebeck: »Der Himmel hängt voller Versprechen und Gefahren.« Díos mío, Houellebecq ist als Mehrfachbegabung noch peinlicher als James Franco, hugh! (An dieser Stelle noch mal der Hinweis auf das ultimative James-Franco-Debunking im »stern«. Katharina Link, übernehmen Sie!)

Kleine Interviewkrise also. Dazu passt auch der von Olli Schulz in »Fest & Flauschig« 6 vorgebrachte Interviewhass, Zitat (nach ca. 1:01h): »Ich les mir keine Kackinterviews durch, wo [jemand] mal ne witzige Antwort auf ne uninspirierte Frage gibt, weil Interviews sind scheißelangweilig, […]. Meinst du, ich les mir noch ein Benjamin-von-Stuckrad-Barre- oder ein Ronja-von-Rönne-[Interview durch]!«

Daher jetzt Interviewpause, mindestens eine Woche. In der Zwischenzeit als Ersatzleistung: imaginäre Interviews! Jochen Schmidt schrieb vor fast genau zehn Jahren in der »taz«: »Eine Nobelpreisrede von Beckett wäre schlicht undenkbar, genau wie ein Spiegel-Gespräch mit Kafka.« Und das stelle ich mir jetzt vor. Volker Weidermann interviewt den großen Prager Obersekretär im nächsten »Spiegel«: »Herr Kafka, in Ihrem letzten Romanfragment behandeln Sie die Unerreichbarkeit eines Gebäudes, in diesem Fall eines Schlosses.« – Kafka: »Na ja.« Usw. usw.
 


SPON, Helmut Kohl, Bundespresseball

Konstanz, 10. August 2011, 06:43 | von Marcuccio

Drei schöne Szenen aus Herlinde Koelbs Doku »Die Meute«, die dem deutschen Fernsehen vor genau zehn Jahren, am 10. August 2001, eine Sternstunde bescherte und längst zum Klassiker geworden ist – vgl. die Quotes in der Publizistikwissenschaft. Aber ich empfehle natürlich den ganzen Film (z. B. bei YouTube, dort in sechs Teilen).

1. Markus Deggerich!

»Deutschlands erster parlamentarischer Berichterstatter, der ausschließlich ins Internet berichtet« (Koelbl). 2001 unter lauter Print- und Rundfunkhasen noch eine echte Sensation. Mir gefällt, wie er sein Exotendasein mit diesem Laptop-Deckel behauptet, auf dem ein geradezu obszön großer (und deswegen auch hässlicher) Aufkleber von »Spiegel Online« prangt.

2. Buchpräsentation: »Mein Tagebuch« von Helmut Kohl

Sie klettern auf Stühle. Sie drängeln, sie schubsen. Die Fotografen wollen Helmut Kohl mit Buch. Der kapiert gar nicht, wie mediale Bilderlogik funktioniert – oder hat vielleicht auch einfach keine Lust:

–Aber Sie haben doch schon Bilder vom Buch.
–Ja, aber doch nicht mit Ihnen. Können Sie’s mal in die Hand heben?

3. Bundespresseball 2000

Herlinde Koelbl fragt den Silberfuchs Carl Weiss (* 1925):

Koelbl: Warum sind Sie Journalist geworden?
Weiss: Ich wollte immer Journalist werden. Ich glaube, ich war gut im Aufsatz, als ganz kleiner Junge schon. Das war natürlich im Dritten Reich. Ich hab mir gar nicht klar gemacht, wie das eigentlich sein würde, dann wäre es wohl auf Feuilleton hinausgelaufen. Ich wollte immer Journalist werden, das ist mein Beruf.
Koelbl: Was hat Sie so fasziniert?
Weiss: Die Oberflächlichkeit, fürchte ich.
Koelbl: Die Oberflächlichkeit der Welt?
Weiss: Die Oberflächlichkeit dieses Berufes, bei dem man nicht gezwungen ist, allzusehr in die Tiefe zu gehen, und es reicht trotzdem. Ein Diplomingenieur, Brückenbauer, Lungenfacharzt, der kann sich doch all so Dinge nicht leisten. So wie wir im Ungefähren zu bleiben und trotzdem akzeptiert zu werden.

Usw. usw.

Zum Nachlesen:
Herlinde Koelbl: Die Meute. Macht und Ohmacht der Medien. München: Knesebeck Verlag 2001. (DNB)

Zeitgenössische Rezensionen bei SPON (Christian Bartels) und in der FAZ.
 


Die Blinky-Palermo-Ausstellung in Münster

Münster, 30. März 2011, 15:15 | von Paco

»Coffee, Coffee muss ich haben«, heißt es ja in Bachs Kaffeekantate, und so sitze ich nach dem Essen mit ein paar Leuten von der Research Unit 3 im »fyal«. Es geht immer noch um dieselben Dinge wie vorhin am Tagungsvormittag, ich höre nur halb hin, und dann klingelt mein Handy. Ich entschuldige mich nach draußen, aber das Telefonat ist dann eigentlich auch gleich beendet.

Ich bin beim Sprechen ein bisschen Richtung Dom gelaufen und schaue jetzt nach links. Da wird am Landesmuseum für die Blinky-Palermo-Ausstellung geworben. Ach ja, genau, ich hab darüber mindestens drei Teasertexte gelesen (ZEIT/dpa, SP*N, …), aber leider heute wegen der Tagung keine Zeit. Wobei. Ich hole mir einfach mal ein Ticket und gehe die Treppe hoch ins 2. Obergeschoss.

Palermo ist ja ein ziemlicher White-Cube-Fetischist gewesen, auch die acht Ausstellungsräume hier wirken schön leer und übersichtlich. Über der Eingangstür von Raum 1 prangt gleich diese berühmte, berüch­tigte, bezirzende Ad-hoc-Wandmalerei, das leuchtende »Blaue Drei­eck« von 1969, das hier von einem Mitarbeiter des Landesmuseums hingemalt wurde, unter Benutzung der von Palermo angefertigten Schablone.

SVG-Nachbildung des Blauen Dreiecks, aus dem Gedächtnis

Schon von Palermos rahmenlosen Bildobjekten wird ja generell be­hauptet, dass sie durch ihre Rahmenlosigkeit die gesamte Umgebung mit in sich aufnähmen. Der Titel der Ausstellung ist dahingehend auch programmatisch: »Who knows the beginning and who knows the end«, benannt nach zwei Werken, die in Raum 6 an der Wand pappen.

Vom »Blauen Dreieck«, das, wie gesagt, mesmerisierend in den Saal hinausstrahlt, wird im Erläuterungsheft sogar behauptet: »Zum Werk gehören der Türrahmen, die Wände, der Durchgang und letztlich das ganze Gebäude.« Wahnsinn, das ganze Gebäude, und ich lese es noch mal, und es steht tatsächlich so da.

Auch noch im Raum 1 hängt »Blau auf Grün« (Öl auf Nessel über Holz, 1965), eine satte Ladung ausgekipptes Blau, das aber unvollständig vermalt wurde und so die wiesengrüne Grundierung durchscheinen lässt. Das alles findet auf einer an den Ecken (außer unten rechts) abgerundeten Holztafel statt, es könnte sich um das Logo eines hippen TV-Senders handeln, aber ich bin schon weiter gegangen und mittlerweile in Raum 3 angelangt, da hängen die frühen Aquarelle, die auch zum ersten Mal mit dem mafiösen Künstlernamen signiert sind.

Denn mit seinem arg bürgerlichen Namen ›Peter Heisterkamp‹ könne er nichts werden, soll ihm Beuys gesagt haben, und heute erinnert der Name ja genau auch an Berthold »Ernie« Heisterkamp, den Körperschweiß-Nerd aus dem »Stromberg«-Büro. Und so steht jetzt also auf dem karierten Heftpapier unter ein paar Aquarellstrichen mit Bleistift geschrieben: »Palermo 1965«, und das ruft auch sofort eine Stimmung hervor, Palermo, Sizilien, Mafia, Sechzigerjahre, auch wenn ein anderes Aquarell qua Titel eher nach »Zeebrügge« führt.

Im selben Raum höre ich auch mal wieder den Museumsklassiker, Abteilung Moderne Kunst, hier heute gesprochen in schönstem Erasmus-Englisch: »What’s so special about these paintings, my dog could paint that!« Die skeptische Museumsbesucherin gibt das sehr laut bekannt, und es ist sehr faszinierend zuzuhören, wie ihr (deutscher?) Freund beschwichtigt und gegenredet und ihr die Blinky-Palermo-Kunst nahezubringen versucht, aber ich muss ja weiter, so langsam sollte ich auch mal wieder zurück ins »fyal«, also schnell durch Raum 4 durch und zu den Grafiken in Raum 5. Die klar gegen den weißen Grund abgegrenzten Flächen gleißen wieder intensiv, die Siebdrucke aus der Mappe »4 Prototypen« (1976) sehen aus wie eine rätselhafte iPhone-App.

Raum 6 hab ich ja schon erwähnt, hier hängen Werke aus Palermos letzten Monaten, 1976/77, der Farbauftrag ist meist sehr flüchtig, als ob ihm die Farbe ausgegangen wäre. In der Jonathan-Meese-Doku »Die Ameise der Kunst« war mal zu sehen, wie sich der Zottelkünstler im Malerbedarf tonnenweise mit wahllos zusammengesuchten Farbeimern eindeckt (hier ab Min. 7:20). Ein einziger Meese-Einkauf hätte Palermo wahrscheinlich für sein ganzes Lebenswerk gereicht.

In Raum 7 dann ein weiteres intensives Farberlebnis, vier hell leuchtende Acrylmalereien auf Alu-Tafeln. Die haben wieder etwas Logohaftes, könnten Desktop-Icons sein, und überhaupt eignete sich Palermos Werk wahrscheinlich auch sehr gut für Slideshows auf Smartphones, ganz im Gegensatz etwa zu hingeprunkter Barock- oder Renaissancemalerei (zu kleinteilig).

Im Durchgang zu Raum 8 liegt in einer Vitrine die Original-Schablone für das »Blaue Dreieck«, und zwar samt Anleitung: »Malen Sie mit Hilfe der Schablone ein / blaues Dreieck über eine Tür. Ver- / schenken Sie dann das Original Blatt. / Palermo / August 1969«.

Im abschließenden Raum selbst hängen noch ein paar schöne Lithografien und Siebdrucke, aber ich schaue schon gar nicht mehr richtig hin und verlasse dann recht bald das Museum. So eine halbe Stunde wird das jetzt gedauert haben, schätze ich, und als ich mich im »fyal« wieder an unseren Tisch setze, fragt mich der neuseeländische Doktorand: »Everything alright?« Und er meint eventuell das Telefonat, wegen dem ich ursprünglich den Tisch verlassen habe, aber ich bewerte subtextuell gleich auch noch die Ausstellung mit: »Yeah, very much so.«

Das oben zu sehende blaue Dreieck ist eine Nachbildung aus dem Gedächtnis in Form einer SVG mit folgenden Werten:
<polygon points="50,10 10,50 90,50" fill="#0000ff" />
 


Listen-Archäologie (Teil 7):
Der Medienkonsum des Norbert Bisky

Konstanz, 18. Februar 2011, 18:04 | von Marcuccio

Im DRadio-Programmheft für Februar 2011 gibt es auf der vorletzten Seite (S. 91) ein Kurzinterview mit Norbert Bisky. Letzte Frage: »Welche Medien nutzen Sie sonst noch?« – Antwort:

»NPR Berlin,
Artforum,
Flash Art,
Texte zur Kunst,
nytimes.com,
bild.de,
spiegel online,
Monopol,
Die Zeit,
art,
stern,
Kunstforum International,
QVC,
El País,
L’Officiel Hommes,
taz und FAZ
und im Moment gerade ganz viel Herta Müller und Pasolini.«

(in dieser Reihenfolge, Zeilenumbrüche stammen von mir)
 


Vorwort zum laufenden Feuilletonjahr (1/2011)

Leipzig, 25. Januar 2011, 07:50 | von Paco

Orangenhain

1. The Maulwurf has landed again, der aktuelle Preisträger und seine Vorgänger: 2010 Christopher Schmidt (SZ), 2009 Maxim Biller (FAS), 2008 Iris Radisch (ZEIT), 2007 Renate Meinhof (SZ), 2006 Mariusz Szczygieł (DIE PRESSE), 2005 Stephan Maus (SZ).

2. Und morgen früh folgt hier gleich der nächste feuilletonistische Shellshock, der übliche »prägnante Rückblick« (Grimme-Institut) auf das Kinojahr 2010. Prägnant auch deshalb, weil es weltweit wahrscheinlich der einzige klickstreckenfreie Rückblick sein wird, hehe. (Bisherige Ausgaben: 2009, 2008, 2007.)

3. Kurz darauf wird dann der neue Coen-Brothers-Film, der fünfzehnte, »True Grit«, hier genau abgezirkelt und lexikonisiert für die ewige Coen-Retrospektive des Umblätterers.

4. Ach Gottchen, Jonathan Lethem als ›Wikipedia-Kritiker‹, das ist ja überhaupt das neue Synonym für ›Warmduscher‹. (im »Atlantic«)

5. Eventuell schon der Satz des Jahres: »Kultur ist nichts, über das man wirklich vernünftig debattieren kann.« (Georg Diez bei SPON)

6. Aktueller Stand unserer Dauerserien: Kaffeehaus des Monats (Teil 59), Regionalzeitung (Teil 41), Vossianische Antonomasie (Teil 17). Fortsetzungen folgen.

7. Harald Schmidt: »Das muss ich unbedingt fragen! Wie spricht man ›Jorge Luis Borges‹ aus?« – Sol Gabetta: »Genau so!«

8. »Der Perlentaucher hatte geschrieben: Sex brennt, und ich hatte die Worte dort gelesen: flammendes Enkomion. So war das eigentlich, wortmäßig jedenfalls, ein ganz bestimmt ganz schöner Tag gewesen.« (Goetz, Klage, S. 420)

9. Bis morgen früh.
 


Z wie Zeitungsname

Konstanz, 20. Januar 2011, 11:03 | von Marcuccio

Zeitungsspitznamen (»Prantl-Prawda«) wären natürlich auch mal ein Thema gewesen, aber in Ballung wird das schnell zur Freakshow, siehe die Raterunde zur »Rentner-Bravo« damals bei SPON.

»Z wie Zeitungsname«, schon vor zwei Wochen drüben bei der »Welt« erschienen, handelt von den Tücken, Zeitungen beim ganz normalen Namen zu nennen oder eben abzukürzen. So wie das »Pastewka« versucht hat, gleich zu Beginn der Folge »Die Saunabürste« (2007):

(Im Zeitungsladen.)
Pastewka: Guten Morgen, ich hätt gern einen Stadtanzeiger, eine WAMS und eine FAS, bitte.
Verkäufer: D-die was?
Pastewka: Die FAS. Die ›Frankfurter Allgemeine Sonntags­zeitung‹. Und WAMS ist ›Welt am Sonntag‹, WAMMMS! Ist die Abkürzung.
Verkäufer: Ah. Wusst ich nicht. Kann man eijentlich auch gleich ›Welt am Sonntag‹ sagen. Mit der Erklärung, das dauert doch viel länger.
Pastewka: Jaaa, das hat aber jetzt nur so lange gedauert, weil Sie … (usw.)

 


Kulturtipp gone mad:
Interview nach dem »Matussek«-Marathon

Münster, 26. Oktober 2010, 19:45 | von Paco

In den vergangenen fünf Monaten hat Philipp Spreckels kontinuierlich jeden Morgen eine Folge »Matussek« gesehen, alle bisherigen 151 Folgen des gefeierten Videoblogs von Spiegel Online, das Matthias Matussek dort seit 2006 betreibt. Gestern trafen wir uns in Münster zu einem Gespräch, im »fyal«, unweit des Doms.

Der Umblätterer: Philipp, die Marathonläufer-kommt-ins-Ziel-Frage: Wie fühlst du dich nach 151 Folgen »Matussek« am Stück?

Spreckels: Geschafft, aber glücklich. Wobei nun der Entzug einsetzt, weil ich auf dem Ist-Stand bin und so schnell keine neuen Folgen nachkommen. Das ist ja immer so nach solchen extremen Serien-Erfahrungen. Als ich damals in kürzester Zeit alle Altfolgen von »Battlestar Galactica« aufgeholt hatte oder neulich »Mad Men«, stand ich vor demselben Problem: Ich musste auf die Fortsetzung plötzlich warten. Beeil dich mal, Matussek, wann kommt endlich Folge 152!

Der Umblätterer: Wieso hast du dir eigentlich systematisch alle »Matussek«-Folgen gegeben?

Spreckels: Morgens beim Kaffee lese ich normalerweise SPON und andere News-Seiten, auch Blogs usw. Am besten passen zum Frühstück aber kurze Videos, und »Matussek« ist da eine gute Sache, weil die Folgen nicht zu lange dauern, vier, fünf, sechs Minuten. Ich bin keiner, der sich morgens 50 Minuten lang eine Folge »Mad Men« ansieht. Auf die Idee kam ich übrigens, als ich bei euch auf den »Matussek«-Episodenführer gestoßen bin. SPON selbst ist ja in Sachen »Matussek« nicht so gut sortiert, die haben da nur diesen endlosen ungeordneten Feed, in dem auch mal Folgen fehlen.

Der Umblätterer: Es hat mir sofort eingeleuchtet, alle Episoden chronologisch nacheinander ansehen zu wollen. Matussek beginnt ja irgendwann, wiederkehrende Elemente einzuführen. Beim Wandern im Harz sammelt er das »Ding« auf, dieses unförmige geklöppelte Etwas, das er dann als Figur behandelt und immer mal wieder aufkreuzen lässt. Leider wurde das »Ding« später auf mysteriöse Weise entführt und ist bis heute verschollen.

Spreckels: Nicht zu vergessen das Handpuppenensemble: Goethe und Mephisto. Das sind tatsächlich handelnde Personen, erst die machen aus dem Videoblog eine Fortsetzungsserie.

Der Umblätterer: Man könnte eine ganze »Matussek«-Mythologie aufstellen, unter Umständen reichte das dann sogar für eine mittelgute Masterarbeit.

Spreckels: Genau, das ist fast vergleichbar mit »Harry Potter« oder Fantasyromanen. Matussek erweitert die Welt, wie wir sie kennen, um eine neue Realität, in der Blogger die Stars sind. Das sind quasi alles Elemente, die sich bisher in unserer Welt versteckt gehalten haben, und auf einmal tritt die unheimliche Fiktivfirma Blogging Enterprises Inc. auf. Ganz langsam entfernt sich die ursprüngliche Realität immer mehr in Richtung Fantasy, bis es komplett abdreht und Goethe auf einmal Kanzlerkandidat ist.

Der Umblätterer: Und Blogging Enterprises bricht wegen der Finanzkrise an der Börse ein. Die Storys werden immer angetrieben durch ausgewählte Ereignisse des Weltgeschehens. Matussek hat ja einen Pool an Lieblingsthemen, an denen er sich zuvörderst abarbeitet. Er hat sich als nachweislich verrücktester Kulturkonservativer und katholischster Comedian Deutschlands etabliert und bespielt seine ureigenen Themen auf ganz hohem Eigentlichkeitsniveau.

Spreckels: Ja, die erste Debatte um Sarrazin zum Beispiel, Oktober 2009, das »Lettre«-Interview, die »Kopftuchmädchen«, das war ja medial dann nach ein paar Tagen ziemlich abgegrast, bei ihm kommt es noch wochenlang an vorderster Blogfront vor.

Der Umblätterer: Das sind die Episoden mit Hasan Cobanli, dem er zum Beispiel zeigt, wie man richtig Weihnachten feiert (»Advent mit dem Kopftuchtürken«, Folge 135).

Spreckels: Das ist einfach sehr gut, auch der von Matussek immer wieder ehrerbietig angesprochene Hasan mit seinem perfekten deutschtürkischen Singsang. Gleich zu Anfang fragt er Matussek: »Darf ich dü zu dir sagen?« Als jetzt diese neue Sarrazin-Debatte begann, war ich übrigens mit dem »Matussek«-Schauen gerade bei der alten Sarrazin-Debatte angekommen, das passte zufällig ganz genau, ein schöner Spiegelungseffekt.

Der Umblätterer: Könntest du dir eine »Matussek«-Edition auf DVD vorstellen? Wenn man jetzt mal von fünf Minuten durchschnittlicher Folgenlänge ausgeht, wären das bis jetzt ca. 750 Minuten Material, also zwölfeinhalb Stunden Kulturgeschichte und Entertainment 2006–2010.

Spreckels: Ja, unbedingt. Ich wäre in dem Fall auch für Bonusmaterial, das ein paar Aspekte des »Matussek«-Universums näher beleuchtet, ich will Making-ofs.

Der Umblätterer: Das Making-of ist doch eigentlich schon drin in jeder »Matussek«-Episode.

Spreckels: Vielleicht, ja. Aber ich will auch bisher offene Fragen beantwortet haben: Wer war eigentlich dieser Goethe?

Der Umblätterer: Hehe, genau. Das komplette »Matussek«-DVD-Set wäre übrigens schon jetzt bedeutend länger als das legendäre achtstündige »Abécédaire« von Deleuze und dabei mindestens auf dieselbe mythologische Art komisch. Dabei hat das Ganze ja unter dem langweiligsten aller vorstellbaren Genretitel angefangen, als »Kulturtipp«. Es hieß ja lange noch so, dabei war es schon bald eher Kulturtipp gone mad.

Spreckels: Früher habe ich beim SPON-Surfen die Hinweise auf »Matusseks Kulturtipp« immer ausgeblendet. Gute Güte, »Kulturtipp«! Du klickunwürdigstes aller Worte! Irgendwann hat mich dann ein Freund beschwört: Kuck es trotzdem! Dem hab ich dann nachgegeben.

Der Umblätterer: Die Überschreitung des »Kulturtipp«-Genres beginnt ja so richtig erst nach Matusseks Demission als Kulturchef des »Spiegels«, Anfang Dezember 2007.

Spreckels: Der große Eklat. Und die bange Frage: Was wird aus dem Videoblog? In der Folge direkt nach der Entlassung war er dann mit Hellmuth Karasek in der »Spiegel«-Kantine und hat Spiegeleier gebraten. (»Matussek kocht!«, Folge 57)

Der Umblätterer: Ja, es ging weiter, das Videoblog war und ist sein Pakt mit der Öffentlichkeit. Ein Glück. Es gibt nichts Vergleichbares, das haben auch die Konkurrenten eingesehen.

Spreckels: Genau, in der Folge kurz vor Weihnachten 2009 kommen sie alle zu ihm, zum Treffen der »Anonymen Blogger«: Kai Diekmann, Harald Martenstein, Alan Posener. (»Das Bloggen ruiniert meine Ehe«, Folge 136)

Der Umblätterer: Vor zweieinhalb Wochen lief übrigens die 150. Folge. Im Gegensatz zur 50. und 100. wurde die nicht extra gefeiert, was ist da los?

Spreckels: Tja, schade, so ein Jubiläum auszulassen. Aber vielleicht ist die Message: Ich muss kein Jubiläum mehr feiern, jede Folge ist ein Event.

Der Umblätterer: Die Jubiläen sind ja auch immer ganz plötzlich da. Manchmal kam wochen- oder sogar monatelang keine neue Folge, und dann ging es weiter, als ob nichts gewesen wäre, und wieder waren 50 Folgen um.

Spreckels: Nach der langen Pause Anfang 2009, vier Monate kein »Matussek«, dachte ich bei der ersten Neufolge, das sei jetzt ein Schauspieler, der Matussek spielt. Für mich gab es diese zeitliche Unterbrechung ja nicht, und auf einmal war es wie wenn man einem Bekannten begegnet, den man fünf Jahre nicht gesehen hat, er sah ganz anders aus.

Der Umblätterer: Das wäre jetzt was für den Kommentartrack der DVD.

Spreckels: Ich hätte da noch eine Sache, die dringend kommentiert werden müsste. Und zwar scheint im SPON-Archiv eine Folge gelöscht worden zu sein, man kann sie sich nicht mehr ansehen, Folge 104: »Die Schlacht der Giganten – Teil 2«.

Der Umblätterer: Stimmt, der Link ist tot. Das war übrigens wieder eine Folge mit Michel Friedman als Diskussionspartner. Und jetzt ist das Video »nicht mehr verfügbar«, ohne Angabe von Gründen. Ich hatte Matussek deswegen auch mal gefragt, als Antwort kam eine lange, sehr poetische Mail mit naturgewaltigen Schilderungen jüngster Erlebnisse, ein Ablenkungsmanöver. Die Frage ist also: Wieso schweigt Matussek?

Spreckels: Ja, wieso schweigt Matussek? Rein zufällig scheint irgendeine Folge offline zu sein, so weit, so normal, aber im Hintergrund lauert der Skandal.

Der Umblätterer: Was machst du eigentlich jetzt nach deinem »Matussek«-Marathon?

Spreckels: Das ist die Frage. Es herrscht eine große Leere.

Philipp Spreckels, 25, studiert Geschichte in Münster. Er betreibt die Blogs Epenschmiede und philippspreckels.wordpress.com und ist Mitarbei­ter des Radiomagazins Q History.
 


Charles Matton in Jena

Jena, 28. Januar 2010, 14:15 | von Paco

Schnell nach Jena in die Charles-Matton-Ausstellung (in der Göhre, noch bis 21. Februar). Es ist ja die erste ihrer Art in Deutschland, und da hatte es sich selbst SP*N nicht nehmen lassen, darüber zu berichten. (An den anderen Feuilletons ist das vorbeigegangen. Schande, Schande, Schande!)

Die Genrebezeichnung der ausgestellten Werke lautet boîtes, Boxen. Das sind diese absonderliche Guckkästen, an denen Matton seit Mitte der Achtziger bis zu seinem Tod vor etwas mehr als einem Jahr herumgebaut hat. Sie zeigen das Zimmer einer unordentlichen Frau (Spielkarten, zerwühlte Decken, Revolver auf dem Kissen), Hotel­szenen oder Künstlerateliers, etwa die von Francis Bacon und Alberto Giacometti. Die Boxen lassen sich als bloße Kulissennachbauten interpretieren oder aber als extrem originäre Überkunst.

Die Logik der Spiegel

16 der insgesamt knapp 100 von Matton gefertigten Boîtes sind in Jena ausgestellt (daneben auch noch ein paar Dutzend Fotografien). Die Kantenlängen der Boxen, die in Sichthöhe aufgebahrt sind, betra­gen jeweils zwischen 50 und 100 cm. Die gläserne Frontseite gibt den Blick frei auf die jeweilige Miniaturszene. Durch die obere Abdeckung strömt ab und zu noch etwas künstliches Licht.

Die den realen Gegenständen nachgebildeten Einzelelemente in den Kästen hat Matton meist aus Kunstharz und Marmorstaub angefertigt. Das waren sicher so fitzelige Sessions wie damals vor 400 Jahren, als Adam Elsheimer seinen perfektionistischen Sternenhimmel auf diese eine Kupferplatte setzte. Das wichtigste Stilmittel aber sind (vor allem teildurchlässige) Spiegel, deren Logik nicht immer leicht zu durch­schauen ist. Sie verlängern einen Weinkeller, eine Hotelhalle oder gleich die Bibliothek zu Babel ins Unendliche.

Zeitungen, immer wieder Zeitungen

Bibliothèque de Babel (Box von Charles Matton)In der Box mit der Babel-Bibliothek, eine Hommage an Borges, sieht man naturgemäß volle Bücherregale und eben endlos scheinende Gänge. Matton hat die Szene aber eher frei gestaltet: An den Bücherrega­len hängen miniaturisierte Poster von Rimbaud, Proust, Joyce und anderen Kanonschriftstellern, das erinnert dann eher an ein Jugendzimmer. Und über dem Geländer hängt komischerweise eine »Wiener Zeitung«.

Und überhaupt, die Matton-Boxen lassen sich auch als Parteinahme pro Holzmedien lesen. Denn in fast allen Boxen stehen Bücher und liegen Zeitungen en miniature herum. Zeitungen, immer wieder Zeitungen. In einer leeren Hotelhalle flattert eine FAZ herum. In Sigmund Freuds Arbeitszimmer wieder die »Wiener Zeitung«. Sonst natürlich viele »Le Monde«-Exemplare, sogar auch noch in Sacher-Masochs Dachstube, wo eine »Le Monde« direkt vor einem Abu-Ghuraib-artig gefesselten Mann liegt, zusammen mit einer Ausgabe des »Chronicle« und einem aufgeschlagenen Buch.

Foto der Box »Bibliothek zu Babel«:
Stadtmuseum Jena


Vier Nachrufe und ein Todesfall

Konstanz, 7. November 2009, 16:49 | von Marcuccio

Bestattungskultur und Feuilleton, das latente Novemberthema. Todesfall der Woche natürlich Claude Lévi-Strauss (»Strooß« in der Tagesschau des Schweizer Fernsehens; »Strauß« wie Franz Josef in der ARD-Tagesschau). Im Perlentaucher vom Donnerstag hieß es:

»In der FAZ erhält Claude Levi-Strauss ein dreiseitiges Staatsbegräbnis«

Und das war doch mal ein schönes Stück Teaser-Text. Mir gefällt wirklich nur dieses Bild, dieses Bild vom

»FAZ-Gegenstück eines Staatsbegräbnisses«

oder, platztechnisch gesprochen: »Titelfoto und dann ganze drei Feuilletonseiten«.

Und dann fällt mir Volker Hage ein, der neulich (wie angekündigt) sein Spektrometer literaturkritischer Textsorten vorgelegt hat. Das Buch enthält auch vier exemplarische Nekrologe. Wenn man Hages Nachrufe jetzt mal mit der Perlentaucher-Bestattungsmetaphorik kurzschließt, lassen sich folgende Ereignisse rekonstruieren:

Max Frisch († 1991) – bekam seinerzeit auch ein Staatsbegräbnis (4 Seiten in der ZEIT),

Jurek Becker († 1997) – eine ganz normale Erdbestattung (1 Seite im »Spiegel«),

John Updike († 2009) – eine Totenwache bei SPON.

Für Ulrich Plenzdorf († 2007) – aber blieb nur ein anonymes Urnen-Schließfach im »Spiegel«-Register (»Gestorben«).

 


Matussek, Folge 97:
Die alten Feuchtgebiete

Leipzig, 9. November 2008, 16:40 | von Paco

Wie Nils Kahlefendt in seinem Umblätterer-Porträt im Börsenblatt 14/2008 einmal schrieb:

»Die englische Synopsis von Matusseks ›Kulturtipp‹-Blog ist eher etwas für Hardcore-Fans.«

Den Volltext der Passage gibt es bei zintzen.org (dort Abschnitt IV.). Also weiter. Nach den Folgen 56, 63, 69 und 85 folgt heute unser (wieder leicht verspäteter) Recap der Folge 97. Wie immer passiert alles in der sentimenta­lischen Genauigkeit der Einträge auf der Serien-Website TV.com. Have fun!

Matusseks Kulturtipp (2006 and on)

Ep. Title: »Matusseks Bücherschau: Die alten Feuchtgebiete«
Episode Number: 97 (Complete Episode Guide)
First Aired: September 25, 2008 (Thursday)
URL: http://www.spiegel.de/video/video-36686.html

Synopsis

»This is blog #99,« Matussek keeps saying when it’s only blog entry #97. He obviously wants to antedate the 100th episode of his show. As always with Matussek, there’s a message behind this seemingly obvious faux pas. By insisting on what is evidently untrue, Matussek carries on a tradition that originated with great authors such as Max Frisch. Also in this episode, Matussek revives the birthday party for infamous »BILD« columnist Franz Josef Wagner which took place at the Springer headquarters. He soon changes the topic, though, and starts talking about Frauenliteratur (Women’s Literature), suggesting that women are »the better people.«

Cast

Star: Matthias Matussek (himself)

Recurring Role: Goethe (himself)

Guest Star: unidentified staff member (carrying stuff to and fro behind Matussek’s back), Mathias Döpfner (himself), Kai Diekmann (himself), Franz Josef Wagner (himself), Hillary Clinton (external footage), Sarah Palin (external footage), John McCain (external footage).

Compositing/Production: Jens Radü

Memorable Quotes

Matussek: »Die Vorbereitungen für den 100. Blog laufen, große Gala, wer hätte das gedacht: Matussek wird hundert.«

Matussek: »Noch mal für Franz Josef [Wagner] und all die anderen, die mit dem Zählen durcheinander gekommen sind: Das hier ist Blog 99, nächste Woche ist Blog 100.«

Matussek: »Charlotte Roche will erst mal ausspannen und Urlaub machen. Ich hab gehört, mit einem Teil ihrer Tantiemen hat sie sich Österreich gekauft.«

Matussek: »… Eberhard von Kuenheim, dann doch eher Männerliteratur, ›In großer Höhe fliegt der Adler am besten allein‹, ergebnisorientiert, ich lese hier nichts von Hämorrhoiden, [das Buch ist] also auch nicht bestsellertauglich, befürchte ich.«

Matussek: »Wer kann schon Steinmeier und Merkel wirklich auseinanderhalten?«

Trivia

Running time of this episode: 7’33 mins.

Matussek wears no suspenders in this episode after the opening credits.

»Der alte Schirrmacher« (»good old Schirrmacher«) is not mentioned in this episode. The same goes for Ding and Dong (i. e., Mephisto). Also Goethe is only seen in footage for an earlier episode where he accompanies Matussek and Australian author Gregory David Roberts to a restaurant in downtown Bombay (1:25 minutes in).

As always, Matussek uses the abbreviation »blog« when actually referring to a »blog entry« (or rather, »vlog entry,« or »vlog post«). Some inexperienced would-be bloggers suggest that this shows how he doesn’t have the foggiest notion about what he is doing. (Them noobs have nooo idea, hehe.)

This 97th episode ushers in the confusion surrounding the festivities of Matussek’s upcoming 100th vlog entry. Just take Matussek’s little chit-chat with Franz Josef Wagner where the latter one goes: »I haven’t seen the 99th yet.« – »It’s not there yet,« answers Matussek. Of course, this bears a double meaning. He was directing the alleged 99th episode in that very moment. But this also indicates that Matussek was well aware of what he was doing there. He tells us the 99th episode »is not there yet,« although he starts off by saying: »This IS blog #99.« Just compare this to the first sentence of Max Frisch’s celebrated novel »Stiller«: »I am not Stiller,« he writes. »This is the 99th blog,« Matussek says, a clear allusion to the Swiss author.

Mathias Döpfner, CEO of Axel Springer, is seen delivering a speech in honor of Franz Josef Wagner but little can be overheard.

The footage showing Hillary Clinton, Sarah Palin, and John McCain, was provided by SPIEGEL TV.

His words concerning Sarah Palin seem to be favorable yet in an interview with the Hamburg newspaper »Abendblatt« Matussek revises his thoughts: »In meinem letzten Blog hab ich Sarah Palin als neuen, konservativen Typ Feministin bewundert, schon weil mir die traditionellen Feministinnen so auf die Nerven gehen, und nicht nur mir. Jetzt allerdings hat mir Irene Dische ein absolut dämliches Palin-Interview geschickt und mit mir geschimpft, und ich schäme mich in Grund und Boden.« – While we’re at it: The name of mentioned author Irene Dische can be pronounced either way: »Dische, Disky, Dish.« This is intel provided by Adriano Sack who interviewed Dische for the German edition of »Vanity Fair«.

Allusions

Matussek mentions that Kai Diekmann, editor-in-chief of »BILD«, Europe’s biggest yellow press newspaper, cranks up the blog business by installing a »Leserblogger« project. This enigmatic remark might refer to an actual project called »Blattkritik« where celebrities are asked to criticize the current edition of »BILD« in front of a camera. The first guest to appear was Germany’s current Foreign Minister, Frank-Walter Steinmeier, on Sept. 22, 2008, just 3 days before this episode of »Matussek« aired. (BILDblog indicates that Steinmeier might have had ulterior motives for his far too gentle »criticism« but that’s another story.)

»Alle sind auf der Suche nach den neuen ›Feuchtgebieten‹,« says Matussek. This refers to the bestselling teenage novel »Feuchtgebiete« by Charlotte Roche whose English edition, »Wetlands«, is about to hit the market.

The jury of the renowned German Book Prize is referred to as »behämmert« (»nutty«, »screwy«) because they didn’t care to put Roche’s megaselling book on their longlist for the 2008 award.

This episode contains excerpts from episode 62, »Bücher 2008 – Die neuen Tabubrüche sind da!«, that aired on January 8, 2008. Matussek is seen flipping through some brochures announcing Charlotte Roche’s novel »Feuchtgebiete.« He reads the advertising text and screams, »Um Gottes Willen!« (»For God’s sake!«)

Subsequently, the title of this episode, »Die alten Feuchtgebiete«, is then coined as Matussek looks at a reproduction of Titian’s »Venus of Urbino« in one of the catalogues he is browsing. »The old wetlands« thus may refer to whatever you might see in this fabulous painting.