SPON, Helmut Kohl, Bundespresseball

Konstanz, 10. August 2011, 06:43 | von Marcuccio

Drei schöne Szenen aus Herlinde Koelbs Doku »Die Meute«, die dem deutschen Fernsehen vor genau zehn Jahren, am 10. August 2001, eine Sternstunde bescherte und längst zum Klassiker geworden ist – vgl. die Quotes in der Publizistikwissenschaft. Aber ich empfehle natürlich den ganzen Film (z. B. bei YouTube, dort in sechs Teilen).

1. Markus Deggerich!

»Deutschlands erster parlamentarischer Berichterstatter, der ausschließlich ins Internet berichtet« (Koelbl). 2001 unter lauter Print- und Rundfunkhasen noch eine echte Sensation. Mir gefällt, wie er sein Exotendasein mit diesem Laptop-Deckel behauptet, auf dem ein geradezu obszön großer (und deswegen auch hässlicher) Aufkleber von »Spiegel Online« prangt.

2. Buchpräsentation: »Mein Tagebuch« von Helmut Kohl

Sie klettern auf Stühle. Sie drängeln, sie schubsen. Die Fotografen wollen Helmut Kohl mit Buch. Der kapiert gar nicht, wie mediale Bilderlogik funktioniert – oder hat vielleicht auch einfach keine Lust:

–Aber Sie haben doch schon Bilder vom Buch.
–Ja, aber doch nicht mit Ihnen. Können Sie’s mal in die Hand heben?

3. Bundespresseball 2000

Herlinde Koelbl fragt den Silberfuchs Carl Weiss (* 1925):

Koelbl: Warum sind Sie Journalist geworden?
Weiss: Ich wollte immer Journalist werden. Ich glaube, ich war gut im Aufsatz, als ganz kleiner Junge schon. Das war natürlich im Dritten Reich. Ich hab mir gar nicht klar gemacht, wie das eigentlich sein würde, dann wäre es wohl auf Feuilleton hinausgelaufen. Ich wollte immer Journalist werden, das ist mein Beruf.
Koelbl: Was hat Sie so fasziniert?
Weiss: Die Oberflächlichkeit, fürchte ich.
Koelbl: Die Oberflächlichkeit der Welt?
Weiss: Die Oberflächlichkeit dieses Berufes, bei dem man nicht gezwungen ist, allzusehr in die Tiefe zu gehen, und es reicht trotzdem. Ein Diplomingenieur, Brückenbauer, Lungenfacharzt, der kann sich doch all so Dinge nicht leisten. So wie wir im Ungefähren zu bleiben und trotzdem akzeptiert zu werden.

Usw. usw.

Zum Nachlesen:
Herlinde Koelbl: Die Meute. Macht und Ohmacht der Medien. München: Knesebeck Verlag 2001. (DNB)

Zeitgenössische Rezensionen bei SPON (Christian Bartels) und in der FAZ.
 

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