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Die Ergebnisse der …
Feuilleton-Meisterschaft 2015

Buenos Aires, 12. Januar 2016, 14:10 | von Paco

»I told you last time it was the last time.«
(Michael Dudikoff, »American Ninja 4«)

Lo and behold! Nach der runden 10. Verleihung unseres Feuilletonpreises »Goldener Maulwurf« im letzten Jahr sollte ja eigentlich Schluss sein. Aber wie bei abgelaufenen britischen Staffeln oder Serien auch immer noch so eine Weihnachtsfolge nachkommt, gibt es hier noch einen 11. Goldenen Maulwurf, und zwar mit allem üblichen Tsching­de­ras­sa­bum! Die Wahrheit ist aber, dass das deutschsprachige Feuilleton des abgelaufenen Jahres 2015 wieder so skandalös gut war, eben immer noch das beste der Welt, dass wir nicht umhin kamen, wieder unseren Goldpokal springen zu lassen. Und der wurde diesmal sogar charakterstark redesignt und sieht so aus (tausend Dank an Ruth!):

Der 11. Goldene Maulwurf

Nicht nur, weil in Buenos Aires grad Hochsommer ist, herrschte wieder allerbeste Laune bei den Jurysitzungen. Und diesmal war die Bestimmung des Gewinners oder der Gewinnerin des 11. und endgültig letzten Maulwurfsgoldes intern auch nicht so umstritten wie in den Jahren zuvor. Nun: Der Gewinner und letzte Preisträger ist: Fabian Wolff. *tsching­de­ras­sa­bumbumbum* Sein zur Jahresmitte auf »ZEIT Online« erschienener Artikel »Oh, Tolstoi ist im Fernsehen« über und gegen den TV-Serien-Hype des Bildungsbürgertums ist ein solcher Wahnsinnshammertext.

Die anderen Texte sind natürlich auch Gold (und wie immer angeblich nicht gerankt, hehe), hier also die vollständigen Feuilleton-Charts mit den 10 besten Artikeln aus den Feuilletons des Jahres 2015:

1. Fabian Wolff (Zeit)
2. Katharina Link (stern)
3. Katja Lange-Müller (SZ-Magazin)
4. Jan Böhmermann / Andreas Rosenfelder (Facebook / Welt)
5. Regina von Flemming (Russkij Pioner)
6. Peer Schmitt (junge Welt)
7. Clemens Setz (SZ)
8. Andreas Platthaus (FAZ)
9. Botho Strauß (Spiegel)
10. Stephan Hebel (FR)

Ihr könnt auch gleich auf die ganze Seite mit den Laudationes klicken. (Die Schlussredaktion lag bei Josik und mir.)

Und nun ist es also endgültig vorbei mit den goldgewandeten Maulwürfen, jippie! Anlässlich des Feuilletonjahrs 2005 nahm der Golden Mole mit einem Stephan seinen Anfang (der Siegertext von damals ist immer noch superst zu lesen). Und nun nimmt er mit einem Stephan sein Ende, Kreis geschlossen. Demnächst kommt noch ein bisschen mehr Feuilletonstatistik nach.

Para siempre jamás,
Paco
im Auftrag des
–Consortii Feuilletonorum Insaniaeque–
 


100-Seiten-Bücher – Teil 116
César Aira: »Wie ich Nonne wurde« (1993)

Göttingen, 5. Dezember 2015, 18:08 | von Paco

Rosa beginnt das Buch und rosa wird es enden. Thematisch ist es ziemlich gelungen, denn es geht um den unbändigen Hass auf Erdbeereis und die Kurzzeit- sowie Langzeitfolgen dieses Hasses. Aira spielt in seiner Novelle mal wieder selber mit, diesmal als sechsjähriges Mädchen im Körper eines sechsjährigen Jungen. Das Wort ›Nonne‹ kommt außer im ersten Satz der Novelle überhaupt nicht mehr vor. Also muss man von der ›monja‹ = ›Nonne‹ aus dem Originaltitel wohl die Silben umkehren, wie das auch schon vorgeschlagen wurde, kuckt mal in Fußnote 17 in diesem PDF. Und auch ›jamón‹ = ›Schinken‹ ist ja rosa, rosa wie Erdbeereis, und das ist doch wirklich mal eine ziemlich unerwartete gedankliche Verschränkung zweier rosafarbener Lebensmittel! Zumal die Protagonistin Aira eben auch irgendwie als Schinken enden wird. Eine weitere mögliche Übersetzung des Titels wäre daher gewesen: »Wie ich Kenschin« wurde, aber wie klingt denn das, und der Aira-Übersetzer Klaus Laabs, hier wie immer in Hochform, hat es natürlich auch bei der »Nonne« belassen. Auf Laabs kann man übrigens mal richtig schön neidisch sein, denn er darf gerade für die »Bibliothek César Aira« von Matthes & Seitz Berlin einen ganzen Schwung Aira-Bücher übersetzen, das Nonne-Schinken-Buch ist gleich als Nr. 1 in dieser Reihe erschienen, eine gute Wahl.

Länge des Buches: ca. 143.000 Zeichen (span.). – Ausgaben:

César Aira: Wie ich Nonne wurde. Berlin: Matthes & Seitz 2015. S. 3–126 (= 124 Textseiten).

(Einführung ins 100-Seiten-Projekt hier. Übersicht über alle Bände hier.)


Die neuen Feuilletons

Berlin, 7. November 2015, 09:55 | von Paco

Wir kamen natürlich grad aus dem Fitnessstudio und sprangen endlich wieder auf allen Satellitenbildern als pulsierende Punkte durch Neukölln. Gleich im nächstbesten Laden tranken wir ein salziges Lassi und da fiel uns ein, dass wir ja in die »Merkur«-Redaktion eingeladen waren. Das hatte spontan der Untote Ostgote vermittelt, also rein in die Ringbahn und ab nach Charlottenburg.

Man schrieb Mittwoch, es war der Tag, an dem in der »Süddeutschen« eine Rezension zu Alban Nikolai Herbsts »Traumschiff«-Roman erschienen war. Wie gebannt hatte ich nicht die Rezension selber gelesen, sondern alles, was ANH dazu zu kommentieren hatte. Sein praktisch tägliches Arbeitsjournal ist mit das Beste, was zur Zeit an deutscher Literatur entsteht, aber das weiß jetzt logischerweise noch niemand.

Auch ich hatte das Journal die letzten paar Jahre etwas aus den Augen verloren, bis ich neulich die schöne Dissertation von Innokentij Kreknin komplett durchlas, »Poetiken des Selbst«, wo es neben Rainald Goetz und Joachim Lottmann auch um ANH und sein Weblog »Die Dschungel« geht.

Der schönste Satz zum zweiten der genannten Autoren steht übrigens auf Seite 5 der Dissertation und lautet: »Zu Joachim Lottmann existiert außer einem Aufsatz von Heinz Drügh überhaupt keine nennenswerte Forschungsliteratur.« (siehe Google Books) Na gut, die Zahl der wissenschaftlichen Arbeiten zu Lottmann hat sich durch Kreknin nun auf zwei erhöht, Tendenz steigend.

Wir waren jetzt doch zu früh dran, spazierten ultralangsam um den Lietzensee herum, und genauso ultralangsam verging die Zeit, weswegen wir noch kurz ins Café Manstein hineingingen. Da gibt es auch Zeitungen, ich las dann in der SZ doch noch die Originalkritik zu ANHs »Traumschiff«, geschrieben hat sie Insa Wilke, aha, nicht schlecht, wirklich nicht schlecht.

Nun war es aber Zeit, ein 15-minütiger Spaziergang lag noch vor uns, und wir passierten dabei auch die Suarezstraße. Ohne es schon zu wissen (»little did we know«), gab der Straßenname dann gleich ein Thema unseres Treffens vor. Nach einer kleinen Privatführung durch die urschöne »Merkur«-Redaktion gingen wir zusammen mit Christian Demand und Ekkehard Knörer rüber ins Haus der hundert Biere und um uns herum saßen an jedem anderen Tisch die sprichwörtlichen Drei Damen vom Grill, so ist das hier und so ist es exakt gut. Und irgendwann kamen wir nämlich auf Suárez zu sprechen, und zwar auf Luis, und zwar auf den 2. Juli 2010 und die letzte Spielsekunde im WM-Viertelfinale, diese weltgeschichtliche Szene voller Drastik und Spannung, dieses Brennglas ethischer Kernfragen des menschlichen Daseins.

Dann ging es noch um das neue Feuilleton der NZZ, das neue Feuilleton der FAZ und überhaupt die neuen Feuilletons aller anderen Zeitungen, und es war einfach ein sehr herrliches Treffen, und besonders mit @knoerer verbindet uns ja ein gegenseitiges Gutfinden, das auf immer komplett gegenteiligen Meinungen beruht, außer eben, wenn es um die Suáreztat geht, denn da herrschte schon stets triste Einmütigkeit.

Später waren wir wieder allein unterwegs nach Kreuzberg und trafen noch Marcuccio im internationalen Restaurant Kuchenkaiser. Die besten Anekdoten der Frankfurter Buchmesse machten noch mal die Runde, Essen und Trinken wurde gereicht, wir bestätigten uns noch mal, wie gut wir alle die erste Sendung des neuen »Literarischen Quartetts« fanden usw. usw., und dann war es Zeit zu gehen und wir verabredeten uns für den nächsten Tag wieder im Fitnessstudio, denn dort ist es doch immer so absolut super.
 


Moskau

Moskau, 26. Juli 2015, 21:52 | von Paco

Folge ich also dem Ruf der drei Tschechow-Schwestern, nach Moskau, nach Moskau. Die Uni hat einen Driver nach Domodedovo geschickt, irgendwie muss ich ihn als erstes fragen, aus großem Interesse heraus, wie so das Leben in Moskau ist. Er atmet schwer, aber auch ein bisschen lustig auf, na ja, schwierig, mühsam, kompliziert und so. Er erzählt lieber von seinem Herkunftsland Armenien, dem ersten Land, in dem das Christentum Staatsreligion wurde, noch vor Rom. Bitte? Wie? NOCH VOR ROM! Ach so, okay. Das muss also im Jahr 301 gewesen sein und das nehme ich sozusagen als Fun Fact mit ins Hotel.

Dann gleich wieder hinunter auf die Straße und rein ins Moskau unserer Zeit, ich durchquere ein paar Fußgängertunnel, alles schön, spaziere eine Weile einfach so umher und kaufe auf dem Rückweg noch eine Flasche Kwas ein und an einem Kiosk den aktuellen »Russkij Pioner« und das aktuelle »Snob«, die vielleicht (!) beiden besten Magazine unserer derzeitigen Welt.

Nächster Tag, nach meinem Vortrag an der Uni komme ich mit einem Postdoc ins Gespräch, der gerade Morettis »Distant Reading« nach Russisch übersetzt. Wir gehen dann noch mit ein paar anderen Leuten zum Essen, Stolovaya-Style, und so geht der Abend dahin und am nächsten Tag habe ich ein bisschen Zeit. Ich will da eigentlich nur die Boulevards entlang spazieren und habe dabei Pupkulies & Rebecca als Soundbett im Ohr.

Die Menschen sind freundlich und lachen, mittendrin steht ein bunter Donbassrekrutierungswagen und ich merke, dass irgendwie jede ältere Frau, an der ich vorüberlaufe, wie Irina Antonowna ausschaut. Auch deshalb gehe ich wie automatisch zu ihrem Puschkin-Museum, stehe dann davor und finde die Säulen da schön und gehe dann auch rein, 300 Rubel. Ich sehe mir praktisch nur das berühmte Geschmeide an, das Schliemanns Frau sich mal aufgesetzt hat, ist doch nicht schlecht, diese Trophäenkunst.

Eine knappe halbe Stunde später stehe ich wieder draußen und freue mich ziemlich über den gelungenen Nachmittag und da fällt mir wieder ein, dass ich ja für Ruth ein Selfie auf dem Roten Platz schießen soll, und das tue ich dann eben und gehe dann noch ins Kaufhaus Gum rein, alter Sehnsuchtsort, und schaue da ein bisschen gedankenverloren herum.

Dann wieder mit Pupkulies & Rebecca die Boulevards lang, ich will so mittelfristig, jedenfalls nicht zu schnell, zu den Deti Rayka, und da ich die beiden Magazine von gestern nicht mit mir mithabe, kaufe ich sie einfach beide noch mal und gehe dann ins Kaffeehaus des Monats und dort gibt es zu essen und zu trinken und dann lese ich und lese.
 


Besuch im Serienland #10:
Die 15 besten US-Serien der Saison 2014/15

Göttingen, 15. Juni 2015, 13:48 | von Paco

Na gut, also doch noch eine US-Serien-Top-15. Die »Trailer Park Boys« (zu denen ich vor Jahren mal einen längeren Artikel geschrieben habe) sind natürlich nicht US, sondern kanadisch to the bones, aber egal. Ansonsten hat sich der Qualitätsserienkosmos in den letzten Jahren ja international ziemlich ausgeweitet, meine Top-3 waren da das brasilianische »O Negócio«, das italienische »1992« und das dänische »1864«. Vielleicht bald mal Zeit für eine internationale Liste.

Die Seriencharts der letzten Jahre sind hier: 2005/06, 2006/07, 2007/08, 2008/09, 2009/10, 2010/11, 2011/12, 2012/13, 2013/14.

Die Charts kommen heute zum zehnten Mal, insgesamt sind wir jetzt bei 135 gelisteten Staffeln, und angefangen übrigens hatte damals alles bei satt.org und serienjunkies.de. Diesmal gibt es aber nicht mal mehr Liner Notes zum Ranking, und wo die Stelle ist, ab der nicht mehr gute, sondern eher ziemlich schlechte Staffeln gelistet werden, bleibt wie immer unverraten:

1. Mad Men   (7. Staffel/zweite Hälfte, amc)
2. Game of Thrones   (5. Staffel, HBO)
3. Trailer Park Boys   (9. Staffel, Netflix)
4. Boardwalk Empire   (5. Staffel, HBO)
5. Better Call Saul   (1. Staffel, amc)
6. Louie   (5. Staffel, FX)
7. House of Cards   (3. Staffel, Netflix)
8. Lilyhammer   (3. Staffel, Netflix)
9. Veep   (4. Staffel, HBO)
10. The Comeback   (2. Staffel, HBO)
11. Silicon Valley   (2. Staffel, HBO)
12. Episodes   (4. Staffel, Showtime)
13. Girls   (4. Staffel, HBO)
14. Marco Polo   (1. Staffel, Netflix)
15. Homeland   (4. Staffel, Showtime)

Ach so, einen der besten Artikel zum Serienhype und vor allem zu der hilflosen Behauptung, die US-Serien der letzten Jahre hätten den Roman abgelöst, hat Jan Küveler in der »Welt« geschrieben, bitte lest den alle.
 


Tex Rubinowitz, der Guttenberg des Feuilletons

St. Petersburg, 1. Februar 2015, 20:13 | von Paco

Also eigentlich fanden wir Tex Rubinowitz immer ganz okay, schon seit er damals in diesem Linklater-Film auf einer Wiener Brücke herumstand, schön! Und letztes Jahr hat er den Ingeborg-Bachmann-Preis abgeräumt, auch super!

Rubinowitz ist ansonsten auch ein fleißiger Leser des »Umblätterers«. Und zwar wissen wir das deshalb so genau, weil er kürzlich mit der großen copy&paste-Schere durch unser Archiv vossianischer Antonomasien gegangen ist und aus unserem Material einen Artikel zusammengeschrie­ben hat, der dann letzten Freitag im SZ-Magazin drinstand (»Der Mozart unter den Texten«: Teil 1Teil 2).

Seit 2009 sammeln wir hier Best-of-Material zum Thema und haben auch selbst erst in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung einen längeren Essay zum Thema abgeliefert (»Jeder kann Napoleon sein«, Ausgabe vom 21. Dezember 2014, Seite 34). Und eigentlich finden wir es per se gut, wenn jemand was zu unserem Lieblingsthema ›Vossianische Antonoma­sien‹ bringt. Es wäre aber wahrscheinlich doch besser, wenn ein neuer Artikel zum Thema nicht nur unser altes Zeug klaut und dann nicht mal ordentlich journalistisch preisgibt, wer die ganzen höhö-Zitate zusammengestellt hat.

Damit das SZ-Magazin die Quellen nachliefern kann, hier mal der Überblick des Rubinowitz’schen Raubzugs. Alles in order of appearance mit Link in unsere Sammlung. Gezählt werden natürlich nur die geklauten Vossantos, nicht die paar, die Tex Rubinowitz sich dann doch woanders her geholt hat oder sich überraschenderweise selbst ausdenken konnte:

  1. der Woody Allen des Barock (VA 88)
  2. der Heino der [deutschen] Literatur (VA 45)
  3. der Brad Pitt des Saarlands (VA 37)
  4. der Mozart des Schachs (VA 35)
  5. der Mozart der Massenproteste (VA 21)
  6. der Mozart des 100-Meter-Laufens (VA 7)
  7. der Mozart der Theologie (VA 62)
  8. der Boris Entrup der Kuhpflege (VA 75)
  9. der Newton des Grashalms (VA 63)
  10. der Lionel Messi der Grill-Modelle (VA 74)
  11. der Günter Grass der Friseure (VA 30)
  12. die Leni Riefenstahl der Volksbefragung (VA 76)
  13. der Homer der Insekten (VA 24)
  14. der Justin Bieber der Kreidezeit (VA 22)
  15. der Helmut Kohl unter den Brotaufstrichen (VA 21)
  16. die bretonische Kuh der Literatur (VA 19)
  17. der Jon Bon Jovi der Schwabenschlichter (VA 18)
  18. die Nana Mouskouri der Inneren Sicherheit (VA 17)
  19. der Mount Everest der Masturbation (VA 16)
  20. die Tuberkulose des Digitalzeitalters (VA 11)
  21. der Porsche Cayenne unter den Schuhen (VA 8)

Tex Rubinowitz, der eifrigste Leser, den wir haben! Er hat sich wirklich sehr systematisch durch unsere Listen geklickt. Copy&paste hat er (hier noch mal geordnet) bei den Folgen 7, 8, 11, 16, 17, 18, 19, 21 (2×), 22, 24, 30, 35, 37, 45, 62, 63, 74, 75, 76, 88 gemacht. Und woher hat Rubinowitz das ganze Zeug noch mal: »das stand alles genauso in der Zeitung oder online«. Ziemlich dreiste Quellenverschleierung à la Guttenberg, ein besonders schöner Fall von »Quelle: Internet«. Rubinowitz gibt den lustigen Zitatearrangierer, sein Artikel besteht aber im Kern aus von uns über 5,5 Jahre kuratiertem Material. Unsere Sammlung macht quasi den halben Text aus.

Im Beitext des SZ-Magazins steht noch, dass sich Tex Rubinowitz grämt, noch nie vossianisch belegt worden zu sein, er warte »sehnsüchtig darauf, dass man ihn mit irgendwem vergleicht«. Easy!

So ist Tex Rubinowitz nun hochoffiziell und für alle Zeiten der Guttenberg des Feuilletons.
 


Die Ergebnisse der …
Feuilleton-Meisterschaft 2014

Göttingen, 13. Januar 2015, 07:33 | von Paco

Guten Morgen! Heute verleihen wir ihn also zum *zehnten* Mal seit 2005. Den Goldenen Maulwurf, für den Feuilletonjahrgang 2014:

Der Goldene Maulwurf

Es war wieder die beste Stimmung in der Jury. Und es war so spannend wie das dritte Springen der Vierschanzentournee neulich am Bergisel! Und es war knapp, ganz knapp. Fast so wie im Januar 2011, als wir wegen eines Jury-Patts den Gewinner auskickern mussten (wer sich erinnert: damals gewann Team ›Christopher Schmidt‹ 10:7 gegen Team ›Mathieu von Rohr‹, Revanche steht noch aus).

Und nun geht unser Blick also am Bergisel vorbei und weiter Richtung Wien, zur »Wiener Zeitung« und zum diesjährigen Gewinner des Maulwurfgolds, zum Feuilletonisten und Komponisten Edwin Baumgartner! Wie einmalig das ist, was er schreibt, wie viel Fun seine ganze Schreibe verbreitet, das steht in der Laudatio, bitte dort nachlesen. Aber was soll da so knapp gewesen sein? Na, Thea Dorn auf Platz 2 hat wieder so ein Feuilleton geschrieben, bei dem die gesamte Kulturgeschichte der Menschheit mitgeschwommen kommt. Ein Wahnsinn sondergleichen, immer noch genau der Wahnsinn, für dessen Lobpreisung wir hier vor roughly 10 Jahren mal angetreten sind.

Aber nun. Hier folgen die Autorinnen und Autoren sowie die Zeitungen der 10 besten Artikel aus den Feuilletons des Jahres 2014:

1. Edwin Baumgartner (Wiener Zeitung)
2. Thea Dorn (Handelsblatt)
3. Frédéric Schwilden (Welt)
4. Jan Wiele (FAZ)
5. Sabine Vogel (FR)
6. Eberhard Rathgeb (FAS)
7. Nicole Zepter (Zeit)
8. Renate Meinhof (SZ)
9. Alexander Wallasch (The European)
10. Uwe Wittstock (Focus)

Auf der Seite mit den Jurytexten sind zu allen Texten wieder die Seitenzahlen angegeben, denn im Zweifelsfall galt bei unseren Diskussionen die Print-Ausgabe, soweit vorhanden. Print, jawohl.

So. Das war er nun, der 10. und letzte Goldene Maulwurf. 10 Jahre waren wir unterwegs in der Halbwelt des Feuilletons, 10×10 Texte haben wir gekürt, das ist dann der Goldstandard für die nächste Dekade. Und die kommt ja, die läuft ja, und läuft gut.

Das deutschsprachige Feuilleton war, ist und bleibt das beste der Welt. Quod erat demonstrandum, Leute!

Adios,
Euer Consortium Feuilletonorum Insaniaeque
 


+++ Feuilletongold, morgen +++

Göttingen, 12. Januar 2015, 08:41 | von Paco

Von dem Maulwerff (2015 Edition)

Morgen, also traditionell am zweiten Dienstag des neuen Jahres, wird mit allem dazugehörigen Prunk zum *zehnten* Mal seit 2005 – und auch zum letzten Mal – der …


Goldene Maulwurf

für die 10 besten Feuilletontexte
des vergangenen Jahres,
diesmal also 2014,

verliehen, und zwar von uns, und zwar an dieser Stelle. Die Longlist wurde ordentlich durchgesiebt, die Arbeit des Consortiums ist beendet, morgen gibt’s wieder Maulwurfsgold.

Hier noch unsere Backlist mit den Preisträgern der vergangenen Feuilletonjahre:

2005   (#1 Stephan Maus/SZ)
2006   (#1 Mariusz Szczygieł/DIE PRESSE)
2007   (#1 Renate Meinhof/SZ)
2008   (#1 Iris Radisch/DIE ZEIT)
2009   (#1 Maxim Biller/FAS)
2010   (#1 Christopher Schmidt/SZ)
2011   (#1 Marcus Jauer/FAZ)
2012   (#1 Volker Weidermann/FAS)
2013   (#1 Özlem Gezer/DER SPIEGEL)
2014   (#1 ???/???)

Jetzt noch ein Mal schlafen – buona notte, talpa! – und dann werden hier die zehn Straßenfeger und Pageturner des Feuilletons 2014 verkündet.

Bis dann,
Consortium Feuilletonorum Insaniaeque

 
(Bildmotiv: Gesners »Thierbuch« von 1606; Public Domain)


100-Seiten-Bücher – Teil 114
César Aira: »Parménides« (2006)

Göttingen, 3. Januar 2015, 14:26 | von Paco

Vom echten vorsokratischen Parmenides ist nur seine Schrift »Über die Natur« fragmentarisch überliefert. Das sind (zum Beispiel in der Reclam­übersetzung) nur einige wenige Seiten Text. Die noch kürzere tl;dr-Fassung geht so: »Was ist, ist; was nicht ist, ist nicht.«

Der weltbeste Hundertseitenautor César Aira hat diese real existierende Schrift als Ergebnis genommen und sich die Vorgeschichte zusammen­gedacht. Das Schreibprogramm findet sich auch im Buch wieder: »Lo más que se puede hacer es reconstruir el pensamiento a partir de los hechos posteriores, siempre y cuando los hechos hayan quedado registrados.« (p. 114)

Bei Aira wohnt Parmenides immer noch in Elea im heutigen Kampanien, ist aber vor allem ein reicher, einflussreicher Adabei mit wenig Zeit und Muße. Und als Adabei will er auch mal ein Buch schreiben und sucht nach einem jungen Autor, der das für ihn erledigen kann. Zufällig fällt die Wahl auf Perinola. Es kommt zu wöchentlichen Treffen. Perinola versucht anfangs herauszubekommen, wovon ›das Buch‹ eigentlich handeln soll. Aber mehr als »Von der Natur!« kriegt er nicht aus seinem Auftraggeber heraus. Oder doch: Er solle einfach über »cualquier cosa« (»egal was«) schreiben.

Ansonsten verliert sich Parmenides bei den Treffen in endlosen Monologen, vom ›Buch‹ und dem gewünschten Inhalt redet er nie. Die paar Hexameter, die ihm Perinola mal als Probe reicht, scheint er nicht gelesen zu haben. Aber die Treffen gehen jahrelang weiter, und Perinola wird gut dafür bezahlt. Einer der vielen schönen Gegensätze: Als schreibender Autor hat er vorher schlecht verdient. Als nicht schreibender Autor hat er nun ein gutes Auskommen für sich und seine Frau und Kinder.

Obwohl ihm der Nichtfortgang des Buchprojekts also gut bekommt, packt ihn eines Tages doch die Schreibwut. Ähnlich wie in »Varamo« beschreibt Aira, wie sich aus den Umständen und der einzigen konkreten Vorgabe, »irgendwas« zu schreiben, die verschiedenen Passagen des späteren Meisterwerks wie von selbst ergeben.

Das Ende dieser herrlichen »historia triste y fatal del escritor Perinola« ist hochsymbolisch und findet in der Taverne »Afrodita« statt.

Länge des Buches: > 115.000 Zeichen. – Ausgaben:

César Aira: Parménides. Buenos Aires: Mondadori 2006. S. 5–125 (= 121 Textseiten).

(Einführung ins 100-Seiten-Projekt hier. Übersicht über alle Bände hier.)


Vossianischer Showdown

Buenos Aires, 22. Dezember 2014, 13:09 | von Paco

Opening ticket: Introducing the word ›Vossantoblase‹ to the German language, among other things.

Der neue Fischer/Wälzholz ist da, und zwar ist gestern in der FAS unser Artikel zu Wohl und Wehe der Vossianischen Antonomasie erschienen. Das hier ist er:

Artikel über Vossianische Antonomasien in der FAS vom 21.12.2014 (Thumbnail)

(Nicht oder noch nicht frei online. Aber hier.)

In den letzten 5,5 Jahren haben wir genug Anschauungsmaterial für den Artikel gesammelt, die dazugehörige Serie wurde nach 94 Teilen neulich eingestellt. Da man heute ja im Idealfall sein Datenmaterial in strukturierter Form mitveröffentlicht, halten wir in unserem Datenzentrum eine chronologisch sortierte Liste für die Jahre 2009–2014 vorrätig.

Wort 'Vossanteblase' im Artikel über Vossianische Antonomasien in der FAS vom 21.12.2014 (Thumbnail)

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