Die 30 besten US-Serien 2007/08, Platz 12:
The Wire (5. Staffel, HBO)

Barcelona, 7. August 2008, 07:47 | von Paco

(Übersicht: Alle 30 besprochenen Serien. – Vorwort: Besuch im Serienland.)

Die 5. und letzte Staffel der unübersichtlichen Baltimore-Serie verbindet wieder überbordend desillusionierend Lokalpolitik, Polizeiarbeit, Klein- und Großkriminalität zu einer gelungenen »Studie über dysfunktionale Institutionen in der Ära von George W. Bush« (Uh-Young Kim in der taz).

Außerdem bekommen wir in dieser Season Einblicke in die Arbeit der »Baltimore Sun«, die exemplarisch mit den Problemen der Branche zu kämpfen hat: mit sinkender Auflage, schwindenden Anzeigen, dem Internet als kostenlosem Zeitungsersatz. Um weiter wirtschaften zu können, werden Mitarbeiter entlassen und renommierte Auslandsbüros aufgegeben. Für die verbleibenden Redakteure heißt die unschöne Direktive: »do more with less«.

Aussagenmäßig am stärksten in den 10 neuen Folgen ist die ganze Geschichte um den Serienmörder, den es nicht gibt. McNulty erfindet diesen Popanz, der angeblich reihenweise Obdachlose killt, damit der Homicide-Abteilung endlich wieder mehr Leute zugeteilt werden und sie wieder ihrer eigentlichen Arbeit nachgehen kann: der Aufklärung von Morden, die mittlerweile nicht mehr geleistet werden kann. Denn die Agenda der Polizei wird momentan von anderen Dingen bestimmt: »Most of the guys are counter terror and political stuff.« (Folge 2)

McNulty und seinem Partner Lester gelingt es mit einigen Leichenmanipulationen und der Behauptung, dass es auch irgendwie um sexuelle Aberrationen gehe, die Obdachlosenmorde zum Medienthema hochzuhypen und dadurch Manpower zu generieren, um die nötige Arbeit zu tun: den Paten Marlo festzunehmen. Mit den neuen Polizeikräften gelingt es dann auch tatsächlich, ihn und seine Drogencrew auszuheben.

Am Ende geht es auch für den Faktenfälscher McNulty gut aus, der sich (etwas früh) in den Ruhestand verabschiedet. Für Baltimore steht es aber nicht besser als zu Beginn der Serie, eher schlechter. Auch wenn Marlo, Omar oder Burrell weg vom Fenster sind: Es wird immer einen neuen Gangsterboss geben, wie in der Gestalt des eigentlich recht gutmütigen Teenagers Michael angedeutet wird, der sich nach Marlos Wegsperrung offenbar als dessen Nachfolger ins Spiel bringen will und mit dem radikalen Töten anfängt.

Das ist die Leistung von »The Wire«: Mal nicht zu zeigen, dass nach der Absetzung eines korrupten Cops oder Politikers, nach der Festnahme eines Mörders alles auf einmal einfach so gut ist.

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