Die großen Fritz-J.-Raddatz-Festwochen (Tag 19):
»Süchtig nach Kunst« (1995)

Leipzig, 19. Dezember 2013, 08:25 | von Paco

(= 100-Seiten-Bücher – Teil 98)

Logo der Raddatz-Festwochen

(Vorwort zur Festwoche hier. Inhaltsübersicht hier.)

Raddatz ist nicht nur Literaturkritiker, sondern hat sich auch als professioneller Künstlerbesucher einen Namen gemacht. Einen ganzen Packen Künstlerbesuchsprotokolle, zwischen 1982 und 1992 größtenteils im »ZEITmagazin« erschienen, hat er 1995 gebündelt und unter dem Titel »Süchtig nach Kunst« herausgegeben.

Der Untertitel des Buches geht so: »Bekenntnisse zur Figuration«. Denn Raddatz hält Malewitschs schwarzes Quadrat einfach nur für ein schwarzes Quadrat. Und so besucht er Künstler, die nicht nur schwarze Quadrate geschaffen haben, sondern auch Sachen, die man versteht. Er schaut bei Francis Bacon vorbei und beschreibt dessen Tierhaftigkeit, sein »Raubvogelgesicht« (S. 17), unterhält sich mit Breyten Breytenbach (»daß er auch Maler ist, wissen wenige«, S. 29) und besucht Paul Delvaux in dessen eigenem Museum in Sint-Idesbald, wo er etwas befangen ist und nicht weiß, wie er beginnen soll: »Sagt man zu Celan ›Ich schreibe auch Gedichte‹?« (S. 44)

Renato Guttuso steht auf Raddatz’ Besuchsliste, ebenso Rudolf Hausner und Alfred Hrdlicka, die Künstlerhelden der Generation Raddatz. Der »Vater der surrealistischen Malerei« Matta bezeichnet Picasso als »einen gewöhnlichen Mann, der gerne Nasen malt« (S. 92), was Raddatz gern notiert. Wenn er sonst Erkenntnisse anderer anpumpt, sind das meistens die des Kunsthistorikers Wieland Schmied.

Michael Schoenholtz wird noch besucht und Paul Wunderlich, den Raddatz fragt, ob es eigentlich noch ein Kunstwerk Wunderlichs sei, wenn es lediglich nach seinen, Wunderlichs, Vorgaben von einem Gießer gegossen oder einer Näherin genäht wird. Wie neulich bei der Diskussion um Kippenbergers nicht von ihm selbst gemaltes »Paris Bar«-Gemälde lautet die Antwort natürlich: ja.

Wer übrigens alle Ausgaben des »ZEITmagazins« sowieso vorliegen hat, für den gibt es in diesem Sammelband trotzdem noch was Neues zu entdecken, denn das Vorwort ist, wohl überraschenderweise, »bislang unveröffentlicht« (S. 127).

Länge des Buches: > 150.000 Zeichen. – Ausgaben:

Fritz J. Raddatz: Süchtig nach Kunst. Bekenntnisse zur Figuration. Begegnungen mit Francis Bacon, Breyten Breytenbach, Paul Delvaux, Renato Guttuso, Rudolf Hausner, Alfred Hrdlicka, Matta, Michael Schoenholtz, Paul Wunderlich. Regensburg: Lindinger und Schmid 1995. S. 3–128 (= 126 Textseiten).

(Einführung ins 100-Seiten-Projekt hier. Übersicht über alle Bände hier.)

4 Reaktionen zu “Die großen Fritz-J.-Raddatz-Festwochen (Tag 19):
»Süchtig nach Kunst« (1995)”

  1. Gregor Keuschnig

    Ich dachte bisher „Raubvogelgesicht“ sei für Samuel Beckett reserviert.

  2. Paco

    Ja eben, oder für Gogol!

  3. Marcuccio

    Und „Raubvogelgesicht“ kannte ich immer nur für Dieter Yello Meier…

  4. Richard Deiss

    Wird in die Raubvogelgesichte eingehen…

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