David Woodard

Hamburg, 3. März 2012, 09:23 | von Dique

In der Debatte um das schöne neue Buch von Christian Kracht, »Imperium«, fällt nun häufig der Name David Woodard. Vor einem guten Dreivierteljahr ist im Wehrhahn Verlag der erste Band des E-Mail-Wechsels der beiden erschienen, und wegen der kürzlichen Aufregung darum hat nun sogar Michèle Roten angefangen, den Band zu lesen.

Jedenfalls habe ich David Woodard vor Jahren auf einer Geburtstags­feier kennengelernt und erinnere mich immer wieder gern an die Begegnung mit dem angenehm leise auftretenden Künstler.

Am Partyabend, beim Ortswechsel von einem Lokal in eine Karaokebar, erzählte ich den damals noch recht neuen, mittlerweile sehr bekannten und berühmten Hamsterwitz. Auch Woodard gehörte zur Gruppe der Zuhörer.

Der Wolf hat also Geburtstag und lädt alle Tiere des Waldes zu sich ein, es soll die Party des Jahres werden. Nur den Hamster hat er nicht eingeladen. Der Hamster will nun natürlich unbedingt zur Party, schließlich werden alle seine Freunde und alle anderen Tiere des Waldes dort sein.

Er fragt einige seiner Freunde, ob sie ihn irgendwie mit auf das Partygelände schmuggeln würden, sei es unter dem Stummelschwanz des Hasen oder im Fell des Fuchses. Doch alle Tiere lehnen letztlich ab, sie haben natürlich Angst vor dem Wolf, und falls der Trick auffliegt, werden sie womöglich noch an Ort und Stelle von der legendären Party des Wolfs ausgeladen. Schlussendlich erklärt sich jedoch der Bär dazu bereit, den Hamster in seiner Brusttasche zu verstecken und ihn so mit hineinzuschmuggeln.

Der Wolf hat allerdings schon gehört, dass der Hamster unbedingt mit auf die Party will, und so kontrolliert er am Eingang akribisch alle seine Gäste, er sucht unter dem Schwanz des Hasen und im Fell vom Fuchs, und schließlich betrachtet er misstrauisch den großen Bären und fragt ihn, was denn da alles in seiner Brusttasche sei.

Der Bär holt nun allerlei Dinge hervor, seinen Personalausweis, Zigaretten, seinen Schlüsselbund … »Aber ist da nicht noch was?«, fragt der Wolf skeptisch. Aus Verlegenheit schlägt sich der Bär mit voller Wucht seine Tatze gegen die Brusttasche, greift dann dort hinein und zieht etwas Flaches heraus: »Das ist nur ein Foto vom Hamster!«

Der Witz war damals, wie gesagt, noch recht neu, und alle Zuhörer begannen lauthals zu lachen, außer David Woodard, der zwar leicht schmunzelte, aber nachdenklich blieb. Wir redeten dann über etwas anderes und erreichten schließlich unser Ziel, die Karaokebar.

Dort saß ich dann etwas später zufällig neben Woodard und nach einer Weile beugte er sich langsam zu mir herüber, sah mich an und sagte: »I like that with the hamster.«
 

4 Reaktionen zu “David Woodard”

  1. matze

    das muss aber schon sehr lange her sein, wenn der witz damals noch neu war …

    was sang woodard denn eigentlich in der karaokebar?

  2. Gregor Keuschnig

    Ich kannte den Witz nicht. Nur diese Variante hier (mit Hund), die ich brüllend komisch finde.

    (Zu Kracht gibt’s bei mir morgen was. Soviel Werbung darf hoffentlich sein.)

  3. Benjamin Stein

    Wunderbare Anekdote, Dique! Kurzweilig, komisch, stilsicher. Merci.

  4. pee

    Nachdem ich mir jetzt den Liveticker zum Briefwechsel dieser Michèle Roten durchgelesen habe, frage ich mich doch, ob sie auch gewusst hätte, dass all dieser Kryptofaschismus auch Kryptofaschismus ist, wenn der Günter Wallraff der Literaturwissenschaft ihr das nicht vorher gesagt hätte. Und was ist eigentlich mit dem eigentlich sympathisch wirkenden Regalbauer und Mehrfachraucher Rafael Horzon, erwähnt der nicht auch David Woodard in seinem Buch, das bei Suhrkamp erschienen ist? Und ist Suhrkamp nicht auch aus der Adorno-Stadt in diese von Totalitärismus geprägte Stadt da im Osten gezogen? Und sitzt da nicht noch ein anderer Verlag, der einen Sammelband mit einem Woodard-Beitrag veröffentlicht hat? Und bezieht sich der Band nicht sogar auf den Kriegs- und Drogenglorifizierer der deutschen Literatur?

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