100-Seiten-Bücher – Teil 22
C. F. Lhomond: »De viris illustribus« (1779)

Paris, 1. März 2012, 00:35 | von Niwoabyl

Wir waren heute in der Rue Lhomond verabredet, die unweit des Panthéon die tourismusaffine Rue Mouffetard mit der filmreifen Idylle des Place de l’Estrapade verbindet. Weit spannender als unser Ge­spräch über Pariser Altertümer – die Stadtmauer des Philipp Augustus lag ja mal ganz in der Nähe – wäre jedoch die Frage gewesen, wer denn der Namensgeber der Lhomond-Straße nun gewesen ist.

»Grammairien« steht da auf den Straßenschildern geschrieben. Hinter der bescheidenen Bezeichnung versteckt sich aber einer der vielleicht einflussreichsten Männer der französischen Literaturgeschichte. Bis in die Fünfzigerjahre hinein haben alle sein Buch gelesen: »De viris illustribus urbis Romæ, a Romulo ad Augustum«, ein süffiger neulatei­nischer Hundertseiter, der die Geschichte Roms in Anekdoten möglichst einfach nacherzählt.

Die längst vergriffene kleinformatige Ausgabe der Reihe Classiques Hachette war schon lange zum Kultbuch geworden, als der Text in den Neunzigern endlich neu aufgelegt wurde. Man kann ihn durchaus als kluge Stilübung lesen, in der die Sprache ganz allmählich und parallel zum Lauf der Geschichte, also mimetisch, komplizierter wird. Und wann immer die écrivains et penseurs mal wieder mit ihrem Wissen über die römische Geschichte geprotzt haben, darf man fast sicher sein, dass sie das nicht aus dem Livius oder dem Cornelius Nepos hatten, sondern aus dem kleinen, feinen Lhomond.

Länge des Buches: ca. 202.000 Zeichen (lat.). – Ausgaben:

C. Lhomond: De viris illustribus urbis Romæ, a Romulo ad Augustum. Lyon: Savy 1805. S. 1–224. (= 224 Textseiten) (online)

C. F. L’Homond: Viri illustres urbis Romæ, a Romulo ad Augustum. New York: George Long 1835. S. 1–134. (= 134 Textseiten) (online)

Lhomond: De viris illustribus urbis Romæ a Romulo ad Augustum. Paris: Hachette 1857. S. 1–104. (= 104 Textseiten) (online)

Lhomond: Urbis Romae viri illustres a Romulo ad Augustum. Überarb. und mit einem Wörterbuch versehen von C. Holzer. Stuttgart: Neff 1856. (14. Auflage 1923)

(Einführung ins 100-Seiten-Projekt hier. Übersicht über alle Bände hier.)

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