Zodiac

Hamburg, 2. Juni 2007, 16:45 | von San Andreas

Die glorreiche deutsche Titelfindungskommission bescherte diesem hervorragenden, geheimnisvollen Schlagwort-Titel das Anhängsel »Die Spur des Killers«. Diese lächerlichen Zusätze machen Fragen wie »Hast Du schon ›Zodiac – Die Spur des Killers‹ gesehen?« irgendwie unangenehm, erst recht eine Antwort wie »Nee, aber dafür ›Hot Fuzz – Zwei abgewichste Profis‹!«.

Gut, niemand verwendet diese Addendumse wirklich, nur meint halt irgendjemand da oben, das deutsche Volk müsse bezüglich des Filminhaltes gewaltsam eingenordet werden. Ich prangere das an.

However, in Kennerkreisen kursiert der Film eh nur als ›der neue Fincher‹. Und neu ist er tatsächlich. Will sagen, unerwartet ungewohnt. Serienkillertechnisch hatte Fincher mit »Sieben« eine fette Genre-Perle abgeliefert, hier verschreibt er sich nachgerade sklavisch der Dokumentierung eines Falles, der in den Sechzigern die Bay Area in Atem gehalten hatte – und bis heute als ungelöst gilt.

Was der Zuschauer nach knapp drei Stunden akribischer Ermittlungsarbeit ernüchtert zur Kenntnis nehmen muss. Bis zu diesem Pseudo-Finale hält der Streifen die Bälle flach: nichts wird verdichtet, nichts dramatisiert, nichts fiktionalisiert. Film ist so nicht, normalerweise, schon gar nicht ein Hollywoodfilm, schon gar nicht ein Fincher.

Aber Realität ist so. Und deswegen überzeugt »Zodiac« trotzdem. Auf ganzer Linie, möchte man sagen. Man verläßt das Kino mit dem Gefühl, eine gute non-fiction novel à la Capote gelesen zu haben, oder einen Fall in der Zeitung über Jahre verfolgt zu haben. Man taucht ein in das diffizile Kleinklein der Ermittlungen, lernt zu unterscheiden zwischen Indiz und Beweis, sieht Menschen zu, die der Fall langsam auffrisst.

Hat man sich allerdings auf eine Achter- oder Geisterbahnfahrt gefreut, dann sitzt man im falschen Film. Ein paar solcher Kandidaten waren vorgestern offenbar mit im Saale; sie verliehen ihrer Ungeduld bei der x-ten Einblendung »Drei Jahre später, San Francisco, Ecke Washington und Cherry« regelmäßig mit einem Stoßseufzer Ausdruck. Und ach, dann wurde ihr Warten nichtmal mit einem handfesten Täter belohnt! Vielleicht sollte die Kommission ihren Titel nach dem Vorschlag von Holger »Die Welt« Kreitling (ebenfalls einer der Enttäuschten) präzisieren: »Aktenzeichen XYZodiac – ungelöst«. Das Werk zeige stundenlang keinen Fortschritt und ende im Nichts, sagt er. Na und! Dass ihn der Zodiac hole …

2 Reaktionen zu “Zodiac”

  1. Dique

    Zu den Filmtiteluebersetzungen: Ich dachte immer, dass „Triumph des Mannes, den sie Pferd nannten“ eine missliche Titelwahl sein muss, aber ein Blick in die IMDB zeigt, dass der Film tatsaechlich im englischen Original „Triumphs of a Man Called Horse“ heisst, so kann es auch gehen.

  2. San Andreas

    Im Zuge meiner beruflichen Tätigkeit komme ich mit sämtlichen überhaupt vorstellbaren Titelübersetzungen in Kontakt. Und gerade fällt mir jenes entzückende Beispiel eines obskuren Films aus dem Jahre 1991 mit dem Originaltitel ‚A Time to Die‘ in den Sinn. Der amtliche deutsche Titel lautet auf ‚Keine Zeit zu sterben‘, und in der Fernsehausstrahlung kamen sogar beide Teile zusammen in die Titelzeile: ‚A Time to Die – Keine Zeit zu sterben‘. Ganz groß.

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