Von Biografien und Berberaffen

London, 7. April 2009, 00:42 | von Dique

Irgendwann hat sich Oliver Gehrs in seinem mittlerweile beerdigten Watchblog mit einem kleinen Seitenhieb über die kleinen Bildmono­grafien von Rowohlt lustig gemacht. Angeblich seien die für Leute gedacht, die zu faul sind, eine richtige echte Biografie zu lesen.

Das ist schon sehr lustig formuliert, aber die kleinen RoRoRo-Monos ersparen es einem so vor allem, sich durch 500 Seiten Kindheit und das Werden und Gedeihen von Eltern, Großeltern und dem Dackel der Familie zu wühlen.

Derartige inhaltliche Banalität von Biografien betrachtete auch Gómez Dávila als abschreckend, da nur nichtssagende Details und unbedeutender Tratsch ans Licht gezerrt würden. »So traurig wie eine Biografie«, soll er manchmal als Redewendung benutzt haben.

Bezüglich Kürze und Handlichkeit könnte man auch mal wieder die Lebensbeschreibungen von Giorgio Vasari preisen, besonders wenn es sich um die handlichen und für Paperbacks sogar recht schönen Ausgaben von Wagenbach handelt. Aber ganz gegenteilig sind diese gerade wegen der Anekdoten und wegen der Tratschigkeit des Autors so gut, denn hier werden oft eben diese zum Höhepunkt der kleinen Lebenserzählung.

Ganz besonders im Leben des Sodoma, welchen Vasari zum Anti-Renaissance-Ideal stilisiert, also zum Gegen-Raffael oder Gegen-Michelangelo. In den wenigen Fällen, in denen er Sodomas Werke positiv beurteilt, schreibt er es dem Zufall zu oder den Einflüssen anderer. Sodoma wird als fauler Dandy gezeichnet, der nach Lust und Laune und nur dann arbeitet, wenn das Geld stimmt, so trug er »Jacken aus Brokat, mit goldenem Stoff gesäumte Mäntel, reichver­zierte Hauben, Ketten und ähnlichen Firlefanz nach Art von Hofnarren und Bänkelsängern«.

Außerdem hielt er sich eine Vielzahl von Tieren, welche Vasari detailreich beschreibt. Auch er hatte wieder einen Berberaffen (ähnlich wie Rosso Fiorentino) und man sollte mal genauer untersuchen, warum Vasari bestimmten Künstlern, die er weniger schätzt, so gern einen Berberaffen unterjubelt. Im Text über Sodoma heißt es jedenfalls weiter:

»Außerdem bereitete es ihm Vergnügen, sich außergewöhnliche Haustiere unterschiedlichster Art zu halten, wie Dachse, Eichhörn­chen, Berberaffen, Meerkatzen, Zwergesel, Berberpferde für Wettrennen, kleine Pferde aus Elba, Eichelhäher, Zwerghühner, indische Turteltauben und andere solcher Tiere, derer er habhaft werden konnte. Neben all diesem Viehzeug besaß er insbesondere einen Raben, dem er so gut das Sprechen beigebracht hatte, dass dieser Giovan Antonio selbst zu sein schien. (…)

Diese abstruse Art zu leben, die Werke und Gemälde, bei denen er trotz allem manch Gutes hervorbrachte, machten ihn bei den Sienesen – das heißt beim Pöbel und dem niederen Volk, nicht bei den Edelleuten, die ihn von vornherein durchschauten – derart bekannt, dass viele ihn für einen großen Mann hielten.«

Wenn man mehr über Sodoma wissen möchte, sollte man also vielleicht lieber in einen Zoo gehen statt in ein Museum, denn in den großen Häusern dieser Welt gibt es sowieso nicht viel von ihm zu sehen.

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