Endlich verstehen:
Das Inhaltsverzeichnis des »Spiegel«

Konstanz, 4. März 2009, 22:12 | von Marcuccio

Nach welchem Prinzip rubriziert sich eigentlich der Inhalt in unser aller Nachrichtenmagazin? Oder anders gefragt: Was ist »Rund­funkfreiheit«: ein Kulturgut oder ein Medienrecht? Sonderbarer­weise hat der »Spiegel« dieser Woche (10/2009) den wichtigen Beitrag mit der herrlichen (wenn auch nur recycelten) Überschrift »Mainz bleibt meins« (S. 144 ff.) nämlich nicht als »Medien«-Thema gebracht, sondern in die »Kultur« gesteckt. Obwohl der Teaser-Text ja durchaus aufs »Medien«-Ressort schließen ließ, wo der Artikel über die ZDF-Personalie auch besser platziert gewesen wäre. Das Ganze lässt mindestens vier Interpretationen zu:

1. Der »Spiegel« feiert Fasnacht nach, aber den Aprilscherz vor. »Mainz bleibt meins« wäre dann (ähnlich wie der Basler Morgestraich) ein verspäteter Karnevalsbeitrag und als journalistisches »Brauchtum« im weitesten Sinne, natürlich, Kultur.

2. Die Rundfunkfreiheit ist ein so bedrohtes Kulturgut, dass sie jetzt tatsächlich am besten per Kulturkampf gegen den Parteien-Proporz verteidigt wird (in diesem Sinne ja auch Schirrmachers Feuilleton-Aufmacher neulich in der FAS).

3. Man brauchte im Kulturteil noch einen Aufmacher, und im Medien-Ressort hatte man schon Mathias Döpfner. Unwahrscheinlich! Denn in schlechteren »Spiegel«-Wochen haben es auch schon drei Kultur-Seiten Tracey Emin zum Aufmacher geschafft. Und wer sagt eigentlich, dass der Medien-Teil nicht mehr als einen ordentlichen Artikel haben darf.

4. Nicht die Sparten, sondern die Spalten sortieren den »Spiegel«. Genauer gesagt: Die Spalten im Inhaltsverzeichnis bestimmen die Ressort-Bestückung im »Spiegel«. Denn die zweite Außenbahn des Inhaltsverzeichnisses, oben rechts, soll vermutlich immer rotbalkig, also mit einem neuen Ressort beginnen. Ressort-Enjambements über den Seitenumbruch sind nicht vorgesehen, und auf der linken Außenbahn ganz unten scheint es diese Woche ganz so, als sei bei den »Medien« layouttechnisch schlicht kein Platz mehr gewesen.

Wahrscheinlich ist die willkürlich scheinende Themen-Rubrizierung aber einfach pure Avantgarde, hehe.

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