Lost: 5. Staffel, 6. Folge

Paris, 3. März 2009, 22:40 | von Paco

Achtung! Spoiler!
Episode Title: »316«
Episode Number: 5.06 (#91)
First Aired: February 18, 2009 (Wednesday)
Deutscher Titel: »316« (EA 14. 5. 2009)
Umblätterers Episodenführer (Staffeln 4, 5 und 6)

Jacks plötzlich aufgerissenen Augen, Jack im Anzug, auf dem Dschungelboden liegend. So ist »Lost« vor viereinhalb Jahren gestartet, und mit dieser Anspielung auf den Serienbeginn hebt diese 6. Folge der 5. Staffel an. Die Eröffnungsszene wird schnell weitererzählt: Jack springt einen idyllischen Wasserfall hinunter in eine Art Lagune, um Hurley zu retten und dann auch die bewusstlos herumliegende Kate, der er beim Erwachen bestätigt: »We’re back!«

(Kate hat also auch überlebt, leider, wie Tao von Critik en Séries findet: « on m’a même fait une fausse joie en nous faisant croire que Kate était morte. Ça aurait été tellement bien, mais on ne nous donnera pas cette satisfaction. Pire, si elle meurt, on pourra toujours la ressusciter. » – Well roared, lion!)

Und dann folgt der textliche Hinweis: »46 Hours Earlier«. Das Stilmittel der Vorwegnahme wird hier gut eingesetzt, am Ende wird sich die Anfangsszene wiederholen, dann mit einer kleinen Erweiterung. Die Inselstory um Locke und die anderen wird in dieser Folge nicht behandelt, aber ab jetzt ist die Serie ja eh wieder inselzentriert.

Die zwei dem neuerlichen Crash auf der Insel vorausgehenden Tage werden dann linear erzählt. Bevor die Oceanic Six ins Flugzeug geschickt werden und damit der Cliffhanger der letzten Folge eingelöst wird, hält Eloise einen relativ ausführlichen Vortrag über die Geheimnisse der Dharma Inititative. Hier wird die Serie konkret und dadurch auch erst mal lächerlich, wie Jack uns später aus der Seele sprechen wird:

JACK: This is ridiculous!
ELOISE: Oh, stop thinking how ridiculous it is.

Der Hinweis von Mrs. Hawking, der weißhaarigen Faraday-Mutti, ist als Aufforderung auch an uns Publikum gerichtet. Wir sollen lieber der Handlung folgen, also gut. Die Alte führt die Oceanic Six inkl. Ben und dem dazugestoßenen Desmond zu einem geheimen unter­irdischen Kirchenraum und öffnet die massive Tür (Typ U-Boot), auf der ein Dharma-Symbol prangt.

Der Raum hört auf den Namen »The Lamp Post«, und vielleicht handelt es sich um irgendeine umfunktionierte Krypta, wer weiß. Ein Hauch von Da-Vinci-Code zieht über den Bildschirm. Oder halt, ein Hauch von »Foucault’schem Pendel«. Denn eine Brachial­variante davon schwingt im Geheimraum über einer Karte des Pazifiks.

JACK (zu Ben): Did you know about this place?
BEN: No. No, I didn’t.
JACK (zu Eloise): Is he telling the truth?
ELOISE: Probably not.

Und nun wird es schwer. Schwer zu ertragen. Eine Grundschul­situation entsteht. Eloise erklärt im Stil einer Grundschullehrerin (»Let’s pay attention, yes?«) einen ziemlichen Teil des »Lost«-Konzeptes:

Der Geheimraum wurde an dieser Stelle eingerichtet, weil er sich zufällig über einer »unique pocket of electromagnetic energy« (heureka!) befindet, und diese elektromagnetische Energie kommuniziert eben mit anderen Energiehalden all over the world. Die Dharmas waren aber nur an einer davon interessiert, an der »Lost«-Insel. Sie sammelten Beweise für deren Existenz und fanden heraus, dass sie sich in Zeit und Raum bewegt. Und nun haben sie eine Methode gefunden, um mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit den Aufenthalt der Insel zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft vorherzusagen.

Ufff! Einerseits erklärt diese Insel-Marotte, »why you were never rescued«. Andererseits ist das aber alles einfach zurechtge­dachter SciFi-Schrott. Zur Spannungserzeugung gehört jetzt die Behauptung, dass sich das Zeitfenster für die Oceanic Six in 36 Stunden schließt, soviel ist von den 70 Stunden, die in 5.02 verkündet wurden, noch übrig. Die weißhaarige Erklärungs-Omi will die Oceanic Five in den Ajira-Airways-Flug 316 nach Guam stecken, weil er im noch kurz geöffneten Zeitfenster durch das fragliche Gebiet fliegt.

Okay, Desmond tut dann erst mal in schönstem Schottisch sein Uneinverstandensein kund und fordert Jack und die anderen auf, diesen Zinnober einfach zu ignorieren, eigentlich eine gute Idee. Nachdem Des wutentbrannt gegangen ist, gibt es noch eine Extrastunde für Jack: Mrs. Hawking lotst ihn in einen Nebenraum. Ben wird Jack deshalb später »the one that got to stay after school with Mrs. Hawking« nennen. Ihm wird Lockes Selbstmordnachricht ausgehändigt (er hat sich erhängt), ein zerknitterter Briefumschlag.

Zusatzbedingung für die erfolgreiche Rückkehr zur Insel ist übrigens, alles so ähnlich wie beim ersten Absturz zu gestalten. So soll er dem Leichnam Lockes irgendetwas mitgeben, dass seinem Vater gehörte, den er einstmals mit dem Oceanic-Flug 815 eigentlich nach L. A. bringen wollte.

Ben zündet in der Kirche eine Kerze an, wie gruselig. Im Hintergrund wird uns ein Caravaggio vor den Latz geknallt, der ungläubige Thomas, der seinen Finger in die Wunde Jesu sticht. Das Original des Bildes, das wir hier in anderem Zusammenhang bei Folge 4.02 schon mal erwähnt hatten, hängt übrigens in Potsdam. Am Beispiel des Hl. Thomas versucht Ben nun, den ungläubigen Jack mit ins Boot zu holen.

Danach besucht Jack seinen Opa Ray, wo er ein paar Schuhe seines toten (eventuell aber eben noch irgendwie lebenden) Vaters Christian Shephard aufsammelt. Es handelt sich um Brogues, genauer Full Brogues, sie sehen allerdings ein bisschen nach einem amerikanischen Komfortmodell mit Gummisohle aus. Jack wird diese mystischen Schuhe später Locke beigeben, wie es indirekt von ihm verlangt wurde. Seinem Granddad verrät Jack auch, dass er nicht mehr mit Kate zusammen ist. Er trifft sie dann aber später in seiner Wohnung, wo sie ihn in einer Art Trancezustand mit sehr viel sexueller Energie überfällt. Und sie will auch brav mit zur Insel zurück. Aber nur, wenn Jack sich nicht mehr nach dem Verbleib des kleinen Aaron erkundigt! Und basta!

Dann eine schöne Szene: Ben ruft bei Jack an, blutüberströmt. Endlich hat er wieder mal ein bisschen Farbe im Gesicht. An Bens Statt soll nun Jack den Sarg von Locke abholen. Im Kühlhaus tauscht er Lockes Schuhe gegen die seines Vaters aus, als ob davon der Erfolg der Aktion abhängt, aber laut Drehbuch tut er das sicher. Und so wird ein Paar alter Schuhe zum Retter einer ganzen Serie, auch noch nicht dagewesen.

Am Flughafen findet sich neben dem in Handschellen geführten Sayid auch Hurley ein, der dafür gesorgt hat, dass sich an Bord des Fluges 316 (Folgentitel!) niemand Unbescholtenes auf den übrigen 78 Sitzen einfindet. Am Ende ist aber neben Sayids Bewacherin noch so ein kleiner windiger Typ dabei, von dem wir sicher noch mehr sehen werden.

Ben kommt in letzter Minute, sieht immer noch ziemlich ramponiert aus. Ganz im Gegensatz zum ehemaligen Chopper-Piloten des Widmore-Teams, Frank Lapidus. Der sieht gar nicht mehr nach Tropical Heat aus, sondern ist rasiert und trägt eine saubere Uniform. Er chit-chattet ein wenig mit Jack, bis er die restlichen Losties sieht und erschreckt schlussfolgert:

FRANK: Wait a second, we’re not going to Guam, are we!

Touché! So sieht es aus. Mal sehen, wer überlebt, Ben ist es jedenfalls egal: »Who cares!« Irgendwann öffnet Jack dann endlich Lockes Brief, in dem geschrieben steht:

Jack,
I wish you had believed me.
John

Mit diesem »Siehste!«-Kommentar von Lock geht also die Believer/Non-Believer-Diskussion in die nächste Runde.

Der Absturz erfolgt dann wie einer dieser grellen Zeitflashs. Die Szene vom Anfang wird wiederholt. Mit einer Ergänzung: Jin kommt im alten hellblauen VW-Bus der Dharma-Initiative angefahren und grinst.

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