Lost: 4. Staffel, 2. Folge

auf Reisen, 12. Februar 2008, 15:45 | von Paco

Achtung! Spoiler!
Episode Title: »Confirmed Dead«
Episode Number: 4.02 (#73)
First Aired: February 7, 2008 (Thursday)
Deutscher Titel: »Für tot erklärt« (EA 22. 6. 2008)
Umblätterers Episodenführer (Staffeln 4, 5 und 6)

Ok, ich bin dran, nachdem Dique letzte Woche die 4.01 gemacht hat.

Folge Nr. 2 ist eine sehr touristische Folge, die uns an verschiedene Orte in den Staaten (Massachusetts, Kalifornien), auf die Bahamas und sogar nach Tunesien trägt. Dort findet sich am Rand einer Ausgrabungsstätte bei einem Polarbärskelett (yeah, right) ein Riemen mit dem Dharma-Zeichen, eine Kreuzung von Symbolen an verschiedenen Orten der Welt, die ein wenig an Alejandro González Iñárritus »Babel« erinnert.

Überhaupt wird allen möglichen Anspielungen und Assoziationen wieder freier Lauf gelassen. Die Folge wirkt vollgestopft mit neuen Sachen, so als ob die Autoren jetzt um jeden Preis die Gleise für erst nachträglich ausgedachte Erklärungen legen wollen würden, hehe.

Am Anfang sehen wir die Szene, die 4.01 beschlossen hatte, aus der anderen Perspektive. Nun ist es der mit dem Fallschirm gelandete Neuankömmling Faraday, der Jack und Kate angerannt kommen sieht. Faraday wird schön windig gespielt, und er gibt dann auch zu, dass die Rettung der überlebenden Passagiere von Oceanic 815 nicht das »primary objective« der Mission sei.

Es handelt sich übrigens ungewöhnlicherweise um eine »multi-centric episode«, d. h. es geht in den Flashbacks oder Flashforwards nicht um nur eine Person. Es sind auch zu viele Leute vorzustellen: Außer Faraday haben sich Miles (ein, ähm, Geisterjäger) und Charlotte (Anthropologin) aus dem schlingernden Helikopter gerettet. Am Ende kreuzt noch der Chopperpilot (und dedizierte Säufer) Frank auf.

Die Namen der Neuen sind natürlich wieder ein Festival semantischen Überhangs: Die Anthropologin Charlotte Staples Lewis spielt sicher auf C. S. Lewis an, den Verfasser der »Chronicles of Narnia«. Und dass der Physiker ausgerechnet (Daniel) Faraday heißt, ist schon wieder mehr als cheesy. Die Anspielung auf den historischen (Michael) Faraday, den Entdecker der elektromagnetischen Induktion, passt aber natürlich gut in das Magnetismuskonzept, mit dem die Autoren ihre Insel ausgestattet haben.

Der Chopper wurde übrigens doch noch glücklich gelandet und steht jetzt auf einer Inselwiese herum. Aber nur solange Locke ihn nicht zu Gesicht bekommt, denn dann wird wieder schön explodiert wie mit dem U-Boot in Folge 3.13, hehe.

Speaking of which, während Locke mit seiner Believer-Gruppe das Weite suchen will, wird er von Sawyer mit Fragen genervt und wegen seiner lakonischen Sturheit »Colonel Kurtz« genannt, und das ist doch mal gut getroffen. Locke besteht darauf, dass ihm Walt erschienen sei, »only taller«, und dass er ihm geholfen habe, nachdem Ben ihm eine Kugel verpasst und ihn zum Verrotten in einer Grube zurückgelassen hatte.

Zum Beweis zeigt er dem ungläubigen Sawyer den Durchschuss durch seinen Unterleib, und die Szene erinnert mich kurz an den Potsdamer Caravaggio, auch wenn dort der Hl. Thomas die Wunde von Jesus unfassbarerweise direkt mit dem Finger prüft.

Locke kommentiert sein Überlebensglück so: »I’d probably be dead if I still had a kidney there.« Ein unerwartet ironischer Kausalnexus, denn jetzt hat also Lockes leiblicher Vater (in 3.19 von Sawyer um die Ecke gebracht), der ihn einst skrupellos ausgenutzt hat, um an eine Niere zu kommen, das Leben gerettet.

Und dann noch ein unerwarteter Hammer, bei dem mir fast der sprichwörtliche Döner aus der Hand gefallen ist: Ben steht kurz davor, von Locke erschossen zu werden, und verspricht in dieser Situation vollmundig Antworten auf alle möglichen Fragen, die sich bei den Losties so angesammelt haben.

Locke reagiert ganz im Sinne der Zuschauer (wir erinnern uns an diese Liste) und fragt ohne viel Federlesens sofort nach dem Black-Smoke-Monster, die wohl lustigste Replik der ganzen Serie bisher. Die Spannung ist auf dem Höhepunkt – können wir jetzt endlich aufhören, »Lost« zu kucken? Schließlich hängt an dem black smoke das größte Fragezeichen.

Können wir nicht, denn Ben weiß natürlich nicht, was es mit dem schnell zuschlagenden und schnell sich verflüchtigenden schwarzen Rauch auf sich hat.

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