Zeitgenossen-Freaks

London, 8. Oktober 2007, 12:45 | von Paco

»Schwur: nicht werde ich kaufen neue Zeitung, bis alle alten verarztet sind.« (Rainald Goetz, 28. 8. 2007)

Das gilt natürlich auch für Zeitschriften. Ich schleppe zum Beispiel seit dem documenta-Besuch die »Monopol«-Ausgabe 7/2007 mit mir herum, vom Juli, 3. Jahrgang, 24. Ausgabe insgesamt. Gestern verarztete ich sie nun, zwar nachdem ich die FAS gekauft, aber bevor ich diese gelesen habe.

Ich begann ganz hinten (S. 162) mit dem Eduard-Beaucamp-Interview, das Florian Illies persönlich führte. Es geht erwartungsgemäß gegen die zeitgenössische Kunst (und das in »Monopol«; hehe!): »Seit Jahren habe ich keine wirklich fundamentale Ausstellung, nach Neo Rauch keinen bedeutenden Künstler gesehen.« (Vgl. hier.) Am Ende entschuldigt sich Beaucamp für seinen Wutausbruch, insistiert aber:

»Ich würde mich so gerne belehren und bekehren lassen. Aber ich glaube, die Kunst ist in der gesellschaftlichen Verfassung, in der wir sind, nicht mehr zu retten.«

Ansonsten verdanke ich dem Interview auch das schöne Wort »Zeitgenossen-Freaks«. Dann weiter, sehr gut Christian Trösters Porträt über den Jeff-Koons-Sammler Dakis Joannou (S. 68-74, mit Gruß an den herrlichen roten Balloon Dog, der im Patio aufgestellt ist).

Dann gibt es noch den absoluten Scoop, nämlich das letzte Immendorf-Interview ever (S. 90-95). Und den absoluten Anti-Scoop, nämlich ein Besuch der Alte-Meister-Sammlung auf Schloss Wilhelmshöhe, und das mitten in der Beilage zur documenta, nicht schlecht.

Die »Dürer, ich führe!«-Aktion mit Prominenten (Durs Grünbein, Sido) ist dann wieder ein Beweis für den unterhaltsamen Aktionismus der Zeitschrift.

Und sehr gut ist dann noch die »Vielflieger-Kolumne« von Klaus Biesenbach. Warum? 1. Weil es vor allem um Caravaggio geht. 2. Weil endlich mal der Schreibort ausführlich angegeben wird: »Geschrieben in der Bar del Mattatoio, Piazza Orazio Giustiniani 3, Rom.« [sic!] Sowas muss Schule machen.

Viele Grüße:
Paco, Cafe Mozart, 17 Swains Lane, Highgate, hinten rechts, gleich neben dem Tortenregal.

Eine Reaktion zu “Zeitgenossen-Freaks”

  1. Dique

    Dürer, ich führe. Grünbein der einzige Coole mit seiner Knut-Wahl, dazu die schöne Fotomontage, der sehr gut gekleidete und sympathische Grünbein mit dem kleinen weißen Knuddelbärchen. Dagegen dieser oberpeinliche Grönemeyer; Blair und Heston, weil Kunst die Waffen aus dem Kopf nimmt. So eine Scheiße von einem erwachsenen Mann.

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