Webloggerey als Buch (»52 Wochenenden«)

Leipzig, 15. Juni 2007, 13:48 | von Paco

Es ist ein schönes Triptychon, das Dietmar Dath da als Vorwort für Jens Friebes Ausgehbuch »52 Wochenenden« abgeliefert hat. Der Anfangsflügel ist kurz und gleich mal sehr gut:

Wer Jens Friebe als Musiker immer war und bleiben wird, wissen alle: Ein prima Prinz und ein extrem effizienter Kampfroboter, wobei die Betonung weder auf »Kampf« noch auf »Roboter«, sondern auf »Eichhörnchen« zu legen ist.

Ein perfekter erster Satz, der Friebes schöne Musik gleich mal allgemeingültig beschreibt und zwar so niedlich-kryptisch, wie Friebes Texte selber sind.

Auf der Haupttafel, die 90 Prozent der 3 Seiten Vorwort ausmacht, entscheidet sich Dath dann dafür, ein bisschen Weblog-Antipathie mit einer Goethe-Parodie zu mixen. Immerhin springt dabei das schöne 19.-Jahrhundert-Wort »Webloggerey« heraus. Die Invektiven gegen die Blogger-Szene sind dann im Stil der Kulturkritik seit mindestens Nietzsche gehalten, insofern also durchironisiert, und sie würden daher auch keinen Sturm im Blogger-Wasserglas auslösen, auch wenn sie irgendwo online stünden:

Kaum nämlich war das Internet erfunden, durften Leute, die nicht denken, lesen oder schreiben konnten und keinerlei Persönlichkeit besaßen, einander ihre Nichtgedanken mitteilen und die dabei entstehenden Stummeltexte und Schnappquerschüsse wechselweise verlinken.

Der Aufschrey wird also ausbleiben, und dahingeschrieben wird das ja auch nur, um das bevorwortete Werk vor allen Konkurrenzprodukten herauszuheben, eine alte, herrlich ungerechte Tradition unter Schriftgelehrten.

Der kurze Schlussflügel bringt dann zwar keine Pointe, aber einen dreist hervorgezauberten Cliffhanger, der das Verlangen erweckt, unbedingt unmittelbar ins Buch selber weiterzublättern, als befände man sich in einem 40er-Jahre-Hitchcock und nicht in einer Sammlung von Ausgeh-Anekdoten. Denn Dath erinnert daran (hehe), dass Jens Friebe kurz vor dem Beginn seines Kolumnistendaseins,

wie damals überall gemeldet, in einer mit Eiswasser gefüllten Regentonne blutverschmiert und ohne Gedächtnis unweit der Berliner Museumsinsel zu sich kam.

Read on! ist das Stichwort. Hervorzuheben sind übrigens Nr. 15 (israelische Hochzeit) und Nr. 33 (›Panne-Bar‹).

Eine Reaktion zu “Webloggerey als Buch (»52 Wochenenden«)”

  1. Paco

    By the by, auch Rainald Goetz Berlin a.k.a. RGB hat sich jetzt endlich mal »nach der Mittagspause bei Hugendubel« das Friebe-Buch gekauft.

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