Mit Schirm, Charme und Scheck

Konstanz, 19. Januar 2009, 14:04 | von Marcuccio

Wahlsonntag, 18 Uhr, in der Buchhandlung Osiander. Die erste Hochrechnung aus Hessen ist hier ganz weit weg. Stattdessen große Koalition für Denis Scheck: Lehrerinnen mit Notizblöcken aus Olivenholz. Der Edeka-Geschäftsführer von gegenüber. Studentenpärchen. Und am Eingang ungefähr 150 Regenschirme ohne Garderobe.

Der Mann, der die »Spiegel«-Bestsellerliste zur Show mit der Mülltonne machte, ist da. Und will sich bei Osiander Konschdanz (er sagt natürlich: Konschdanz) ein bisschen von dem Geld wiederholen, das er als Student seinerzeit bei Osiander Tübingen gelassen hat. Lacher im badischen Publikum, das heute (Filialeröffnung) mal ganz auf Kosten der Schwaben da ist.

Dann ein Lob auf die hiesigen Seelen, mit dem er aber auch schon zur Sache kommt, denn vor zu vielen Büchern (90.000 Neuerscheinungen pro Jahr, huch!) fürchtet sich Scheck, bitteschön, »genauso wenig wie vor zu vielen Auslagen einer Bäckerei«. Es folgt: Für TV-Seher eine volle VHS-Kassette »Druckfrisch«. Für Radio-Hörer ein gelungenes Solo zur DLF-Sendung »Bestes und Allerletztes«.

19:40 Uhr. Die ersten Leute wollen heim zur »Tagesschau«. Scheck schalkt durch die letzten Bücher. Im Obergeschoss werden die Häppchen gerichtet. Die Schirme (von oben betrachtet wie ein schlecht genagelter Günther Uecker) warten mit ihren feinen Unterschieden, bis der Wein alle ist.

7 Reaktionen zu “Mit Schirm, Charme und Scheck”

  1. jonas

    100 Punkte für “warten mit ihren feinen Unterschieden, bis der Wein alle ist.” Und, ganz anders, hat Günther Uecker etwa das unterirdische letzte Metallica-Cover als geistiger Brandstifter zu verantworten?

  2. Marcuccio

    Ja, schaut ganz so aus wie ein gescheitertes Uecker-Junktim zwischen Sandspirale (Erdkrümeln) und einem Magnetfeld aus Sargnägeln. Jedes für sich übrigens vortrefflich zu besichtigen in der Ulmer Sammlung Weisshaupt.

  3. Gregor Keuschnig

    Scheck ist mehr oder weniger regelmässig im Talk mit Hubert Winkels im Düsseldorfer Heine-Haus. Bisher konnte ich mich noch nicht überwinden, für Pat und Patachon Eintritt zahlen zu müssen…

  4. Marcuccio

    :-) Gregor, ich kann dir nur sagen, man lernt an solchen Abenden auch Astronomie:
    Das Wort, das ich aus der Veranstaltung mitnahm, war die „Syzygie“ (O-Ton Scheck: „ein Wort mit ganz unanständig vielen y’s, steht in den Wörterbüchern bei >s< immer ganz hinten"): die planetarische Zusammenfügung nahm Scheckchen Scheck auch für die Reihenbildung seiner Bücherstapel in Anspruch. Endlich mal eine elegante Entsorgung des Vulgärterminus' "Sammelbesprechung"...

  5. Heike

    Erstmal muss ich sagen ist es schon schade, dass man einen solch guten Film für so einen Blog verwendet. Ich mag den Film ;-)
    So jetzt zum Beitrag selbst: Sehr gut getroffen kann ich dazu nur sagen. Besonders gut finde ich den Satz „Dann ein Lob auf die hiesigen Seelen, mit dem er aber auch schon zur Sache kommt, denn vor zu vielen Büchern (90.000 Neuerscheinungen pro Jahr, huch!) fürchtet sich Scheck,…“ Aber ich glaube, mehr Worte sollte man darüber nicht verlieren. Das bringt nichts.

  6. Gregor Keuschnig

    @Marcuccio: Überzeugt; nächstes Mal bin ich dabei…

  7. Olli

    Es gibt eben doch noch wichtigere Dinge im Leben als eine Landtagswahl in einem anderen Bundesland. Die Ergebnisse bekommt man durchaus auch noch am nächsten Tag mit. Da ist bei Denis Scheck mit Sicherheit die Zeit besser investiert..

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