Ein ›Killerspiel‹ als Film: »Shoot ’Em Up«

auf Reisen, 25. April 2008, 21:03 | von Paco

Ist jetzt schon eine Weile her: Wir sahen »Shoot ’Em Up« von Michael Davis (2007) in einem von uns hier ungenannten Kino irgendwo in den Suburbs von Tel Aviv. Nie wieder Dizengoff-Kino war die Devise! Da passte es gut, dass Clive Owen den Film mit demselben »Fucking hell!« beginnt, mit dem schon Millek dem niesenden Italiener im Dizengoff seine Unzufriedenheit mitteilte.

Clive Owen als Smith geht dann allerdings noch einen Schritt weiter und rammt einem offensichtlichen Übeltäter eine Möhre in den Hals, bevor dieser die am Boden liegende Schwangere abschießen kann. Dann kommen die anderen Gangster, dazu Nirvanas »Breed«, während die Frau gebiert. Smith disst noch schnell einen Ponytail-Träger und schießt auch ihn ab. Nach 2 Minuten ist klar, das wird ein Mordsspektakel, sozusagen.

Bei rottentomatoes.com steht der Film auf 67 Prozent, gilt also nur relativ knapp noch als FRESH, und wird so zusammengefasst: »Plenty of humor and non-stop action make for a very enjoyable film.«

Owen rettet das Baby der inzwischen tödlich verletzten Mutter, er isst weiter Möhren, die Knarre fällt ihm ins Ekel-Klo (»Damn!«). Er föhnt sie schnell trocken und schießt sich seinen Weg durch die Gangster-Prärie. Witzig geht es weiter: Smith will seine Ammo mit Food Stamps bezahlen – was für eine Filmwelt, es ist zum Schießen. Ebenso die Ratte als Türöffner, eine ›Kultszene‹ wie sie im Buche steht.

»Fuck you, you fucking fuckers!« Immer weiter wird im Film so geredet. »Fuck me sideways«, sagt der Hauptgangster. »Vaffanculo, screw yourself«, sagt Monica Bellucci, als sie das Baby übernehmen und mit Laktose versehen soll. »Brutto figlio di puttana bastardo« hat sie auch noch zu bieten, und Smith ist freundlicher und findet alles nur »pretty fucked-up«.

Der Film speist sich aus einer Ästhetik, die im Erwachsenen-Feuilleton und von Politiker-Noobs immer gern als »Killerspiel« bezeichnet wird. Wie bei der Einzelmission eines richtig schlechten Ego-Shooters tauchen von überall her ständig unintelligente neue Feinde auf.

Also: Abschießen und unflätig werden. Der Film ist irgendwie gut, aber das kann weder an dem einen noch an dem anderen liegen. Keine Ahnung, unser Lieblingsfilmkritiker H.-U. Pönack weiß mehr:

»Shoot ’Em Up« ist ein Kugel-Ballett vom Allerfeinsten; ist eine glänzend wie komisch inszenierte, herrlich dauer-unanständige »Baller-Orgie«; ist ein ideenreicher, origineller, scharf-witziger, phantastisch-schmutzig choreographierter Rock’n’Roll-Thriller-Django-Western. (19. 9. 2007)

Soviel zum Genre. Den Einwürfen von Bedenkenträgern schießt Pönack das hier entgegen:

Das ist Genre-Entertainment in Reinkultur, das macht Spaß, besitzt die nötige Kracher-Distanz, den Anarcho-Charme der totalen Übertreibung. Und ist letztlich, Gipfel des Zynismus, bei dieser »genüsslichen« Dauer-Ballerei, sogar ein cleveres Plädoyer gegen die Waffenlobby in den USA!

Hui.

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