100-Seiten-Bücher – Teil 47
Ernest Hemingway: »Der alte Mann und das Meer« (1952)

Leipzig, 5. Februar 2013, 11:45 | von Paco

Das bekannte Kinder- und Jugendbuch von Hemingway ist natürlich nicht »das berühmteste dünne Buch der Weltliteratur«, wie Wolf Wondratschek es so schön ausgedrückt hat. Es ist aber sicher das einzige Diätbuch, das einen Nobelpreis spendiert bekommen hat. Der alte Mann, der übergroße Fisch am Haken, die geschilderte Unbill beim Fischen usw., das alles bedeutet sicher irgendwas. Aber vor allem macht die Spritztour des alten Santiago Lust auf eine Hemingway-Diät. Sie dauert knapp drei Tage, so lange, wie der alte Mann im Golf von Mexiko verbringt.

Tagsüber wird erst mal nichts gegessen, nur etwas Wasser getrunken. In der ersten Nacht gibt es dann aber endlich einen kleinen Thunfisch, roh und ungesalzen: »Er hob ein Stück in die Höhe und steckte es in den Mund und kaute es langsam. Es schmeckte nicht schlecht.« Dann tagsüber wieder nur Wasser, erst in der zweiten Nacht folgen eine Goldmakrele und zwei fliegende Fische, die sich zufällig im Makrelen­magen angefunden haben. Wieder wird das Ganze roh verspeist und schmeckt diesmal nicht so ganz gut: »Ich werde niemals wieder ohne Salz oder Limonen in einem Boot hinausfahren.«

Am dritten und letzten Tag gibt es dann schon bei Tageslicht einen kleinen Snack, und zwar eine Handvoll Garnelen, die sich beim Schütteln eines Bündels Seetang ergeben haben: »Sie waren sehr winzig, aber er wußte, daß sie nahrhaft waren, und sie schmeckten gut.« Wenig später gibt es dann als Krönung noch ein Stück von dem großen Marlin, den der Alte im Schlepptau hat und der da bereits von Haien angefressen ist: »Er kaute es und bemerkte die Qualität und den feinen Geschmack.« So. Und zwischendurch immer mal wieder einen Schluck Wasser und das war es dann auch schon. Das ist die Hemingway-Diät.

Länge des Buches: ca. 155.000 Zeichen (Übersetzung von Horschitz-Horst), ca. 133.000 Zeichen (engl.). – Ausgaben:

Ernest Hemingway: Der alte Mann und das Meer. [Einzig autorisierte Übersetzung von Annemarie Horschitz-Horst.] Reinbek: Rowohlt 1995. S. 3–124 (= 122 Textseiten).

(Einführung ins 100-Seiten-Projekt hier. Übersicht über alle Bände hier.)

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