Die Künstler

Hamburg, 17. Mai 2012, 16:35 | von Dique

Tate Modern, die Besichtigung der Damien-Hirst-Ausstellung ging ziemlich schnell, dabei gibt es doch so viel zu sehen, aber in einem Raum voller Medizinkabinette unterschiedlicher Größe, die fein säuberlich mit Pillen bestückt sind, schaue ich mir dann einfach nicht jeden einzelnen Schrank an.

Es ist am angenehmsten, so einen Raum langsam im Querschnitt zu durchschreiten, und das gilt ebenso für die Räume, die mit Spot Paintings und verschiedenen Variationen von Schmetterlingsbildern vollgehängt sind. Das ist alles sehr, sehr schön und im Detail völlig uninteressant.

Mehr Textur und etwas weniger sterile Glattheit liefern die präparierten Kälber, Fische und Schafe oder auch der nicht sehr schön anzusehende Rinderschädel, der in der Riesenvitrine von einem fiebrig summenden realen Fliegenschwarm umkreist und befallen wird.

So sind wir nach ca. 20 Minuten durch, und das ist gar nicht verkehrt. Wir gehen dann nämlich auch noch nach nebenan in die momentan ebenso stattfindende Ausstellung der freiwillig in einer Nervenheil­anstalt lebenden Yayoi Kusama.

Ihre Werke drehen sich beinah exklusiv um ein Hauptthema: Phallusse. Anfangs ist mir das nicht vollkommen klar, ich wundere mich nur etwas über die weißen Zapfen, die in großer Anzahl um allerlei Gegenstände herum angeordnet sind. Irgendwann fällt der Groschen, als ich die Beschreibung eines weißen Ruderboots, das ebenso mit Zapfen bestückt ist, lese: »penis-incrusted boat«. Auch diese Ausstellung ist extrem gut, und ebenfalls sehr schön in 20 Minuten absolvierbar.

Nach einer Portion Beijing Dumplings im ehemaligen Kaffeehaus des Monats, dem Jen Cafe, verabschiede ich mich zum Flughafen. Im Terminal 5 gehe ich direkt zum Gate und setze mich hin und lese. Als ich irgendwann gedankenverloren aufschaue, fällt mein Blick auf ein riesiges Paar beigefarbener Überkniestiefel, in denen eine große blonde Frau steckt, an deren Ohren überdimensionierte goldene Kreolen hängen und deren Gesicht strahlt wie eine Sonne.

Ich schaue sie einen Moment lang an und dann den neben ihr sitzenden Herrn mit dem feucht-glänzenden Haar und der dicken Hornbrille und erkenne, dass es sich um Kai Diekmann handelt, der laut Wikipedia Gesamtherausgeber der berühmten BILD-Gruppe ist, und die blonde Dame mit den Monsterstiefeln ist natürlich die beliebte Katja Kessler.

Als kurze Zeit später Kai Diekmann und Katja Kessler aufstehen, um dem letzten Aufruf für die Maschine nach Berlin zu folgen, flüstert der weibliche Teil des neben mir sitzenden deutschsprachigen Touristenpaares ihrem Partner kopfschüttelnd ins Ohr: »Er Künstler und sie Künstlerfrau, oder was?«
 

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