Lost: 5. Staffel, 5. Folge

London, 25. Februar 2009, 12:16 | von Dique

Achtung! Spoiler!
Episode Title: »This Place Is Death«
Episode Number: 5.05 (#90)
First Aired: February 11, 2009 (Wednesday)
Deutscher Titel: »Dieser Ort ist der Tod« (EA 7. 5. 2009)
Umblätterers Episodenführer (Staffeln 4, 5 und 6)

»You wanna shoot me, then shoot me, but let’s get on with it! What’s it gonna be?«

Das klingt zwar ziemlich nach Jack Bauer, diesen Satz hören wir aber von Benjamin Linus in der »Lost«-Folge 5.05, während im Sun mit einer Pistole bedroht. Ben hat leider etwas verloren in dieser Staffel, nachdem seine Einführung in Staffel 2 und sein im Rückblick erzählter Aufstieg zum Anführer der Others zu den Höhepunkten der ganzen Serie geworden sind.

Jetzt trägt er immer diese schwarzen Klamotten und hat etwas von einem mystischen Großstadtritter. Diese Akzentsetzung ist ziemlich verfehlt, denn Ben war als Insel-Ben schon einnehmend und unheimlich genug, und es passte sehr gut, dass er immer eher sonnig und ein bisschen bieder gekleidet war, helle Chinos, gestreiftes Hemd etc. In seiner schwarzen Kluft erinnert er an die nach großem Start zu Masken erstarrten Helden aus »Heroes«.

Kick-off zu Folge 5 ist ein Meeting mit fast allen Oceanic Six minus Hurley plus Ben. Sun fehlt erst noch, beobachtet die Szene aber aus dem Auto und platzt dann mit einer Waffe in die Runde. Sie will sich an Ben rächen, weil er angeblich Jin auf dem Gewissen habe. Aber Ben pariert in alter Manier (hätte er nur nicht diese blöden schwarzen Klamotten an!). Mit seinem leichten, sonoren Vibrato in der Stimme sagt er, behauptet er, dass Jin nicht tot sei, und wir wissen ja seit der letzten Folge, dass das zur Abwechslung auch mal stimmt. »Jin is still alive, and I can prove it.«

Zwischenzeitlich schickt uns die Regie auf die Insel, und man muss ja hier nicht mehr nach dem ›Wo‹ auf der Insel fragen, sondern nach dem ›Wann‹. Im Anschluss an den Cliffhanger der Vorgängerfolge erfahren wir und erfährt Jin von der pausbäckigen, noch jungen Danielle Rousseau, dass es gerade 1988 ist.

Was die Franzosen eigentlich auf der Insel wollen, bleibt unklar, aber sie haben großes Interesse am Radio Tower, zu welchem sie Jin nun geleitet. Rousseau ist hochschwanger, ihre Tochter Alex ist also gerade im Anmarsch, und wir sehen sie mit dem Kindsvater scherzen und darüber streiten, ob es denn nun ein Junge oder Mädchen werden würde: « Elle m’a juste donné un petit coup de pied. » « Elle ? » « Elle ! »

Rein ästhetisch gefallen mir die Inselszenen besser als die dunklen L. A.-Settings oder andere Flashforward-Off-Island-Szenarios. Das dichte Grün, das Dschungelige verkörpert einfach den Style der Serie am besten, und in dieser Szene marschiert dann ganz klassisch und old-school eine Gruppe Menschen durch den Wald, jetzt also die Franzosen samt Jin.

Und dann taucht endlich mal wieder das Black Smoke Monster auf. Eine der Französinnen, Nadine, wird als vermisst gemeldet, es folgen großes Geschrei und Grunzgeräusche, und dann klatscht die verschwundene Nadine tot vom Baum. Jin hatte auf die Nachfrage »What is that?« irgendwann einfach entgeistert »Monster!« geantwortet, und nun taucht es auch schon höchstpersönlich auf, und in solchen Momenten ruft dann irgendeiner »Ruuuuuuunn!«, in diesem Falle eben Jin, und Chaos bricht aus.

Das Rauchmonster schnappt sich dann einen der Frenchmen und schleift ihn durch den Dschungel. Der Arm, an dem ihn die anderen viribus unitis festhalten, wird irgendwann abgerissen, das Smoke Monster zieht den Rest des Körpers in seinen Bau (so muss man diese Tempelloch wohl bezeichnen). Auf dem templigen Mauerwerk befinden sich übrigens ein paar Hieroglyphen, die Hoffnung wächst, dass wir endlich mehr über den vierzehigen Statuenrest erfahren werden, für viele der einzige Grund, überhaupt noch einzuschalten, hehe.

Jin hält Rousseau übrigens aus dem Geschehen heraus und wird dann plötzlich weitergebeamt, um ein paar Zeiteinheiten nach vorn, denn er stolpert über den leicht angerotteten Armrest. Später findet er das Strandcamp der Restfranzosen, allerdings liegen da schon zwei Leichen. Er wohnt einer Szene bei, bei der Danielle ihren Freund und Kindsvater umschießen will. Und zwar weil ursprünglich er sie ohne Angabe von Gründen umlegen möchte. Irgendein Brainwashing muss mit ihnen im Monstererdloch geschehen sein. Als Rousseau auch auf ihn anlegt, wird Jin passenderweise auf dem Zeitstrahl weiter geschickt, aber wenigstens wissen wir jetzt, warum Rousseau in Folge 1.09 so allein und meschugge gewesen ist, als die Losties ihr zum ersten Mal begegnen.

In der neuen Zeitspur trifft Jin auf Sawyer und den ganzen Rest, also Juliet, Charlotte, Faraday, Miles. Und auf Locke, der sich mit allen zur Orchid Station begeben will. Er gedenkt den Spuk der Zeitsprünge da zu beenden, wo er begonnen hat. Zu dieser Theorie gibt es dann später einen kurzen Monolog von Faraday (»it does make empirical sense«), welcher auch ein bisschen abgebaut hat. War er anfänglich noch der charmante, abgefahrene Wissenschaftler, ist er inzwischen zu einem lahmen Dr. Allwissend verkommen, der auch in seiner speziellen Art zu sprechen leichte Nervtendenzen hat.

Dann werden sie von einem Doppelflash ereilt – die Zeitflashes mehren sich also und damit die Anweisungen an die Schauspieler, sich wie wild in der Lichtflut zu krümmen und danach eventuell Nasenbluten zu bekommen. Charlotte jedenfalls haut das wieder um, sie spricht dann wie ein Medium: »Don’t let them bring her back. This place is death.« Soweit der Episodentitel. Und mit »her« könnte sie direkt Sun meinen, denn Locke hat Jin gerade vermittelt, dass er versucht, die Oceanic Six auf die Insel zurückzuholen, einschließlich Sun, doch Jin ist davon nicht gerade angetan: »Bring Sun back? Why you bring her back?« Locke erwidert darauf mit einer seiner typischen raunenden Nicht-Erklärungen: »Because she never should have left.«

Es folgen weitere kryptische Phrasen aus Charlottes Mund: »Look for the well! You’ll find it at the well!« (Und eigentlich könnte sie als ganz generelle Hilfestellung gleich noch hinzufügen: »Follow the white rabbit!«) Der Marsch zur Orchid wird fortgesetzt, dabei wird Charlotte zusammen mit Faraday zurückgelassen, und in trauter Zweisamkeit gibt es dann ihre einfache mündliche Beichte, dass sie als Kind schon mal auf der Insel war. Ein gruseliger Mann habe ihr damals erzählt, dass sie nicht auf die Insel zurückkehren dürfe, weil sie sonst sterben werde. »Daniel, I think that man was you.«

Also wieder eine rätselhafte Volte, wobei wir aber schon wissen, dass Faraday auf der Insel war, als die Dharma-Stationen gebaut wurde, erinnern wir uns an die herrlichen Szenen mit »Dr. Marvin Candle« in der ersten Folge der 5. Staffel.

Die Lockianer haben inzwischen die Orchid erreicht, die aber nach einem weitern Blitzdings verschwunden, dafür aber der von Charlotte angekündigte Brunnen aufgetaucht ist.

Locke seilt sich in den Brunnen hinab, aber vorher gibt er Jin noch sein Versprechen, dass er Sun von seiner Rückholaktion ausschließt und ihn ihr gegenüber für tot erklären will. Als Beweis für sein Ableben übergibt Jin seinen Ehering an Locke. Der wird dann später, am Ende der Folge in L. A., von Ben lustigerweise genau fürs Gegenteil instrumentalisiert: um Sun zu zeigen, dass Jin noch lebt und es sich lohnt, mit zur Insel zurückzukehren.

Ein weiterer Zeitsprung folgt, Locke stürzt in die Tiefe, der Brunnen ist verschwunden, oben ragt nur noch ein Seil aus der Erde. In einem Höhlengang findet sich Locke mit gebrochenem Bein wieder und stößt auf Jacks eigentlich ja mausetoten Vater, der ja damals schon in Jacobs Hütte stellvertretend für diesen gesprochen und den Auftrag zum Moving der Insel gegeben hatte (Folge 4.11).

Der alte Shephard bestätigt Locke, dass er die Oceanic Six zurück holen soll, aber auch, dass er dafür wird sterben müssen. Und Locke will sich gerne opfern, selbstlos wie John Maynard oder wie Clint Eastwood in »Gran Torino«. Märtyrer-John hinkt dann zu diesem alten Drehrad, das wieder so billig aussieht wie eine Stummfilmkulisse. Unsere willing suspension of disbelief wird also wie bei Bens Drehaktion am Ende von Staffel 4 wieder auf eine harte Probe gestellt.

In L. A. kommt es derweil zum großen Treffen bei Faradays Mutter, die ja zu allem Überfluss auch noch Hawking heißt, ein Treppenwitz der Physikgeschichte. Auch Desmond (Hume!) stößt zu diesem Stelldichein, durch ihn erfahren wir auch erst, dass es sich um das Haus von Faradays Mutter handelt. Die Folge endet mit diabolischer Musik, einem Zoom auf Frau Hawking, Faradays Mutter, hehe, und einem »Alright, let’s get started.«

Eine Reaktion zu “Lost: 5. Staffel, 5. Folge”

  1. emmy

    Sehr schöne Zusammenfassung der Wirren zu Beginn der 5. Staffel. Vielen Dank! Weiterhelfen im Verstehen kann es mir leider allerdings auch nicht. Ich schwanke in jeder Folge zwischen Begeisterung für ständig neue und immer irrere Theorien und der Angst, dass das alles in weniger als 20 Folgen in einem riesen Miste endet.

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