Das Feuilleton und die Webloggerey

Leipzig, 12. Dezember 2007, 22:55 | von Paco

»Das Wort ›Feuilleton‹ mutiert für mich Tag und Tag mehr zu einer Beschimpfung.«

Schreibt Thomas Knüwer heute. Das Feuilleton muss gegen diese Mutationsvermutung sicher nicht in Schutz genommen werden, dazu ist es zu vielschichtig. Außerdem ist die Beschimpfung natürlich schon immer ein Bestandteil großen Feuilletons gewesen.

Dass die gemeinten »höchstnäsigen Innovationsverweigerer« zufällig auch Feuilleton-Schreiber sind, ist aber leider sicher kein Zufall. Ich habe noch in keiner gedruckten Zeitung oder Zeitschrift einen Artikel gelesen, in dem auch nur ansatzweise etwas Wahrhaftiges über die »Webloggerey« (Dietmar Dath) stand.

Was heißt es, Don Alphonso zu lesen? Was heißt es, Rechtschreibprobleme von Kommentarschreibern freudig hinzunehmen? Was heißt es, BILDblog nicht mehr deswegen zu lesen, weil man sich über die »Bild«-Zeitung aufregen will? Was heißt es, wenn man sich bei den Techies von F!XMBR besser über die Lage der SPD informiert fühlt als in den Kommentarspalten der Zeitungen? Usw.

Nichts davon im Feuilleton. Dabei ist es das einzige Zeitungsgenre, das sich erlauben dürfte, so einen Wahnsinn mal adäquat darzustellen.

Erste Ansätze für eine gestiegene Blog-Kompetenz des Feuilletons gibt es aber. Es ist kein Zufall, dass der Perlentaucher in seiner Ur-Rubrik »Heute in den Feuilletons« seit kurzem auch Artikel »Aus den Blogs« erwähnt, noch immer nur sporadisch, aber immerhin. Dort hat man begriffen, dass man primär Teil der Netzkultur ist und nicht Teil der Zeitungswelt. Seit dem beef mit der F-Zeitung wird der Ton zuweilen auch bissiger und es wird in der Feuilleton-Rundschau ein bisschen herumgedisst.

Wobei weiter problematisch bleibt, dass man nicht weiß, wer letztlich die Perlentaucher-Texte verfasst hat. Machen das doch nur die Praktikanten? Oder auch langgediente Schreiber, die mit der Zeit einen eigenen Perlentaucher-Stil entwickeln? Es wäre sehr zu begrüßen, wenn die Perlentauchers wenigstens Namenskürzel einführen würden, damit ihre Feuilleton-Show ein wenig personalisiert wird. (So wie wir das beim Sonntagstaucher gemacht haben, hehe.)

Wenn zum Beispiel Thierry Chervel dann doch noch mal selber eine Zeitung rezensiert, würde das die Klickzahlen sicher in die Höhe schießen lassen. Ich jedenfalls würde da jedes Wort lesen statt nur einen Zickzack über die Links zu machen.

Darum ging es jetzt zwar gar nicht, aber das ist auch mal schön, dass man hier dem Pointenzwang des gedruckten Feuilletons entgehen kann. (Oder war das gerade doch eine Pointe?)

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