Das Buch als Ziegelstein

Leipzig, 20. August 2007, 13:33 | von Paco

Es ist ein ziemlich abgehangenes Sprachbild: das vom Buch, das dick und massiv wie ein Ziegelstein sei. Tobias Lehmkuhl hat neulich für die S-Zeitung den Band »Borges« mit Tagebuchaufzeichnungen von Bioy Casares so beschrieben: »Ein Ziegelstein wirkt klein daneben« (20. 7. 2007, S. 14).

Lehmkuhl über Casares

Immerhin, das besprochene Buch übersteigt mit seinen 1664 Seiten das Ziegelstein-Image, und es ist auch nicht mal ziegelrot (wie zuletzt etwa der »Abfall für alle«-Ziegelstein). Und außerdem ist es bisher nur im spanischen Original erschienen und wurde daher auch nicht in die Perlentaucher-Bücherschau mit aufgenommen (in die BLK schon).

Das weidliche Rezensieren neuer fremdsprachiger Belletristik ist ein rezensorisches Subgenre, das aber in Zeiten der globalen Gleichzeitigkeit an Gewicht gewinnt. Kein deutschsprachiges Feuilleton kann sich mehr leisten, den neuen »Potter«, den neuen Pynchon oder die neuesten Sachen der East-Coast-Parvenüs beim Erscheinen in der Originalsprache zu ignorieren.

Bei den romanischen Sprachen wird es schon exquisiter. Sven Lager berichtete einmal in der »taz« davon, wie mehrere Bekannte behaupteten, »den neuen Roman von Houellebecq an nur einem Abend auf Französisch verschlungen zu haben«. (hehe)

Zuletzt war es eine Prestigefrage für alle Zeitungen, eine Rezension des französischsprachigen (genau!) Ziegelstein-Buchs »Les Bienveillantes« zu haben. Der »Borges«-Band von Bioy Casares nun wurde bereits von einigen englischsprachigen Zeitungen besprochen, und jetzt eben auch von der S-Zeitung.

Usw.

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