England—Kroatien im Wembley-Stadion

London, 22. November 2007, 16:14 | von Dique

Ich war live dabei gestern Abend, 21. 11. 2007. Zwei Karten für die Executive Lounge im neuen Wembley-Stadion, 90.000 Zuschauer wurden erwartet.

Wie Fußball fühlt sich nur die Hinfahrt an, denn hier kommen wir dem berüchtigten und gefürchteten Mob nahe. Fußball-Shirts, kroatische und englische, Schweißgeruch, auch kroatischer und englischer, Alkoholfahnen und plötzlich anschwellende Sprechchöre.

Das Stadion dann völlig anders. Auf dem Weg in den Executive-Teil wird es immer unfußballiger, kaum noch Fußball-Shirts, geschweige denn Fahnen oder Schals, alles eher wie auf einer Messe oder auf dem Flughafen.

Noch eine Etage höher und vor uns tut sich die Seafood und Champagner Bar auf. Alle paar Meter gibt es sanitäre Anlagen und alles ist total zivilisiert. Überall kann man essen und trinken, rumsitzen und stehen. Kaum Frauen. Wir essen irgendwo ein gar nicht schlechtes Thai Green Curry, na ja, aus der Assiette, aber wir sind ja schließlich beim Fußball hier oder ›Footie‹, wie der Engländer gern sagt.

An unserem Tisch Klaus Bednarz, ja, der Klaus Bednarz. Mit seinem strengen, seriösen Monitorblick geht er die kostenlose Stadtzeitung thelondonpaper durch und nascht dabei Rippchen und trinkt Cola Light. Würde Bednarz nicht eher große Schlachtschiffe à la Telegraph, Times und Guardian wälzen statt des Billigpapers? Ist vielleicht doch nicht Bednarz.

Dann zum Spiel oder quasi ins eigentliche Stadion. Man geht durch die Glastür nach draußen auf seinen Platz, recht gut gepolsterte Klappsitze. Zwischen den ganzen »Executives« gibt es vereinzelt richtige Fans oder solche, bei denen das ehemalige Fantum der Pre-Executive-Zeit wieder hervorbricht.

Dann springen sie auf, sehen sich auf den Rängen um und brüllen »Come on, England!« oder versuchen, die abgearbeiteten Bürohengste dafür zu gewinnen, in Sprechchöre und Gesänge einzustimmen, allerdings mit wenig Erfolg. Das kann aber am Ergebnis liegen, wir sind kaum über die 14. Minute hinaus und da hatte der leider sehr schlechte Torhüter der Engländer schon zweimal das Leder durch die Lappen gelassen.

Zum Spiel selber will ich lieber nichts sagen, da fragen Sie lieber Klaus Bednarz oder den Typen, der dessen Style so sicher imitiert.

2 Reaktionen zu “England—Kroatien im Wembley-Stadion”

  1. Paco

    Bezeichnend für den englischen Fußball, dass am Ende dann schon nach Andorra gerufen wurde: »Andorra could still score and England would go through«, schrieb der Guardian-Livereporter direkt nach dem Wembley-Schlusspfiff.

  2. Marcuccio

    Selig ist der Fußball-Mob (auch wenn er zur Zeit trauert), und gelobt seien alle »abgearbeiteten Bürohengste«, die uns mit einem Wembley-Abend endlich Kierkegaard begreifen lassen: Entweder zum Mob gehören – Oder eben Executive Lounge sein.

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