Archiv des Themenkreises ›Listen-Archäologie‹


Listen-Archäologie (Teil 14):
Market Wizards

Hamburg, 11. Februar 2018, 23:17 | von Dique

Jack D. Schwager hatte irgendwann die hervorragende Idee, die besten Trader der USA zu interviewen. Erschienen sind die Gespräche dann in dem Band »Market Wizards«. Er enthält 17 Interviews mit heute weitbekannten Tradinghelden wie Paul Tudor Jones, Bruce Kovner und Michael Steinhardt. Es gibt jeweils einen kurzen Pro- und Epilog.

Der Tradingstil der Interviewten, grob zusammengefasst, besteht aus Disziplin und striktem Risikomanagement. Schwager fragt die Market Wizards auch gern mal nach prägenden Lektüren, und es zeigen sich Muster: Neben den Büchern von und über Jesse Livermore (»How to Trade in Stocks« von ihm selbst und »Reminiscences of a Stock Operator« von Edwin Lefevre) – einer der oder vielleicht sogar der erste Day-Trader a.k.a. The Boy Plunger – wird häufig ein alter Ziegelstein aus dem 19. Jahrhun­dert genannt, der den wunderschönen Titel »Extraordinary Popular Delusions and the Madness of Crowds« trägt. Dieses Buch, geschrieben von dem schottischen Journalisten Charles Mackay, ist 1841 erschienen, und es ist alles dabei: Alchemie und Kreuzzüge, Tulpenmanie und Südseeblase. Die Crypto-Currency-Manie kannte Mackay natürlich noch nicht, gewundert hätte er sich nicht.

Die »Market Wizards« wurden für Schwager zum großen Erfolg. Im Abstand von jeweils ein paar Jahren brachte er dann immer neue Bücher mit aktuellen Top-Tradern als Interviewpartnern heraus: »New Market Wizards«, »Stock Market Wizards« und »Hedge Fund Market Wizards«. Alle sind gleichermaßen großer Fun. In unserer Serie »Listen-Archäologie« folgt nun eine chronologische Übersicht mit den insgesamt 64 Interviewpart­nern, eine note to self, da ich selbst oft verwechsle, welcher Trader für welches Buch interviewt wurde.

Die Trader in den späteren Büchern kannten natürlich die vorherigen Titel. Für einige war es neben einer großen Ehre sogar das Ziel, einmal für eines der Bücher von Schwager interviewt zu werden. Mark Minervini, der Trendfolgegott aus dem Band »Stock Market Wizards«, gibt das explizit in seinem Interview bekannt.

Mit Ausnahme von Linda Bradford Raschke und Dana Galante fehlen unter den Top-Tradern übrigens bedrohlich die Frauen, die Quote bei 64 Inter­views liegt bei gerade mal 3%.

But here we go, meet the Market Wizards, as interviewed by Jack D. Schwager!

Market Wizards:
Interviews with Top Traders (1989)

  • Michael Marcus: Blighting Never Strikes Twice
  • Bruce Kovner: The World Trader
  • Richard Dennis: A Legend Retires
  • Paul Tudor Jones: The Art of Aggressive Trading
  • Gary Bielfeldt: Yes, They Do Trade T-Bonds in Peoria
  • Ed Seykota: Everybody Gets What They Want
  • Larry Hite: Respecting Risk
  • Michael Steinhardt: The Concept of Variant Perception
  • William O’Neil: The Art of Stock Selection
  • David Ryan: Stock Investment as a Treasure Hunt
  • Marty Schwartz: Champion Trader
  • James B. Rogers, Jr.: Buying Value and Selling Hysteria
  • Mark Weinstein: High-Percentage Trader
  • Brian Gelber: Broker Turned Trader
  • Tom Baldwin: The Fearless Pit Trader
  • Tony Saliba: »One-Lot« Triumphs
  • Dr. Van K. Tharp: The Psychology of Trading (kein Trader, sondern ein Psychologe, der viele Trader betreut)

The New Market Wizards:
Conversations with America’s Top Traders (1992)

  • Bill Lipschutz: The Sultan of Currencies
  • Randy McKay: Veteran Trader
  • William Eckhardt: The Mathematician
  • Monroe Trout: The Best Return That Low Risk Can Buy
  • Al Weiss: The Human Chart Encyclopaedia
  • Stanley Druckenmiller: The Art of Top-Down Investing
  • Richard Driehaus: The Art of Bottom-Up Investing
  • Gil Blake: The Master of Consistency
  • Victor Sperandeo: Markets Grow Old Too
  • Tom Basso: Mr. Serenity
  • Linda Bradford Raschke: Reading the Music of the Markets
  • Mark Ritchie: God in the Pits
  • Joe Richie: The Intuitive Theoretician
  • Blair Hull: Getting the Edge
  • Jeff Yass: The Mathematician of Strategy
  • Charles Faulkner: The Mind of an Achiever
  • Robert Krausz: The Role of the Subconscious

The Stock Market Wizards:
Interviews with America’s Top Stock Traders (2001)

  • Stuart Walton: Back from the Abyss
  • Michael Lauer: The Wisdom of Value, the Folly of Fad
  • Steve Watson: Dialling for Dollars
  • Dana Galante: Against the Current
  • Mark D. Cook: Harvesting S&P Profits
  • Alphonse »Buddy« Fletcher Jr.: Win-Win Investing
  • Ahmet Okumus: From Istanbul to Wall Street Bull
  • Mark Minervini: Stock Around the Clock
  • Steve Lescarbeau: The Ultimate Trading System
  • Michael Masters: Swimming Through the Markets
  • John Bender: Questioning the Obvious
  • Claudio Guazzoni: Eliminating the Downside
  • David Shaw: The Quantitative Edge
  • Steve Cohen: The Trading Room
  • Arik Kiev, M.D.: The Mind of a Winner (wieder ein Psychologe)

Hedge Fund Market Wizards:
How Winning Traders Win (2012)

  • Colm O’Shea: Knowing When It’s Raining
  • Ray Dalio: The Man Who Loves Mistakes
  • Larry Benedict: Beyond Three Strikes
  • Scott Ramsey: Low-Risk Futures Trader
  • Jaffray Woodriff: The Third Way
  • Edward Thorp: The Innovator
  • Jamie Mai: Seeking Asymmetry
  • Michael Platt: The Art and Science of Risk Control
  • Steve Clark: Do More of What Works and Less of What Doesn’t
  • Martin Taylor: The Tsar Has No Cloths
  • Tom Claugus: A Change of Plans
  • Joe Vidich: Harvesting Losses
  • Kevin Daly: Who Is Warren Buffett?
  • Jimmy Balodimas: Stepping in Front of Freight Trains
  • Joel Greenblatt: The Magic Formula

 


Listen-Archäologie (Teil 13):
Zeitungsfloskeln vor 150 Jahren

Leipzig, 30. August 2014, 13:43 | von Marcuccio

Oh, zum Abschluss unserer, äh, beliebten »Regionalzeitungs«-Serie kommt hier noch ein Gruß aus dem 19. Jahrhundert. Und zwar hatte sich der berüchtigte Dr. August Reichensperger damals ja den liberalen Zeitungsphilister als Feindbild ausgesucht, und diesem entsprach dann eben auf Textebene die typische liberale Zeitungsfloskel, und so zählt er also mal auf:

  • »unaufhaltsamer Gang der Civilisation«
  • »Entwickelung der reinen Menschheitsidee«
  • »unabweisbare Forderung des modernen Gedankens«
  • »überwundene Standpunkte«
  • »Triumph der freien Wissenschaft über verjährte Vorurtheile«
  • »Befreiung des mündig erklärten Menschengeistes von der herabwürdigenden Fesseln der Autorität«

Wie ein wildgewordener Scanner sichtet und sammelt Reichensperger Belege der liberalen, von ihm so gehassten Zeitungssprache. Er macht das liberale Pressewesen dafür verantwortlich, »daß wir in einer Zeit des marktschreierischen Schwindels leben«, und glaubt, er könne dem Wortschatz des Feindes mit seiner bloßen Indexierung Einhalt gebieten. Zur Verwendung der von ihm erkannten und neutralisierten Phrasen schreibt er:

»Eine Hauptkunst des Journalisten besteht darin, sie in angemessener Abwechselung und im rechten Momente anzubringen, so daß die Abonnenten es nicht merken, wie man sie mit längst abgedroschenen Gemeinplätzen immer wieder auf’s Neue regalirt, und die Kolophoniums-Blitze von ihnen mindestens für ein Wetterleuchten des Geistes angesehen werden.«


Aus: Dr. August Reichensperger: Phrasen und Schlagwörter. Ein Rath- und Hülfsbüchlein für Zeitungsleser. Paderborn: Ferdinand Schöningh. Dritte, bedeutend vermehrte Ausgabe 1872, S. 146. (und hier als Scan in der Ausgabe von 1863)

 


Listen-Archäologie (Teil 12):
Erlebnisbücher von Auslandsjournalisten

Leipzig, 9. Februar 2014, 13:27 | von Marcuccio

Kann auch eine Infografik Liste sein? Ja, wenn sie ein Bücherregal baut, das lauter Paratexte anzeigt, die sich eben so ansammeln, wenn Journalisten ins Ausland gehen und darüber ein Buch schreiben. Gut gehortet, liebes SZ-Magazin (»Ich war da mal weg« – online sieht es leider nur halb so gut aus wie auf der Doppelseite im Print)! Aber die Leute sammeln schon weiter. Im Zweifel hilft auch immer ein guter Amazon-Empfehlungsalgorithmus.

Ich empfehle jedenfalls die Seiten 14/15 des aktuellen SZ-Magazins schon jetzt für einen Genre-Award beim Wettbewerb »Oddest Book Titles«. Und nominiere sie für den Spezial-Preis der Jury in der Sparte Infografik-Feuilleton.

Unten, von mir einfach mal alphabetisch für die Nachwelt sortiert, das Kalauer-Kompendium der Maria-ihm-schmeckt’s-nicht-Abkömmlinge. Völkerverständigungsliteratur light.

Das Buchtitel-Pendant zum Einmarsch der Nationen bei Olympia. Völker der Welt! Vergesst Sotschi! Lasst die Journalisten-abroad-Literatur sprechen. Ihr Zwang zur Alliteration geht sogar soweit, dass Calvin wie Cottbus in Berlin geschrieben sein muss: mit K.

Werbephilologen werden noch lange mit diesem SZ-Schatz sympathisieren; Statistiker können (ebenso wie sie die häufigsten Talkshowgäste auszählen) eruieren, welche Journalisten Genrekönige sind. Es ist Wolfgang Koydl von der SZ mit drei Treffern. So schnappt das SZ- dem Philososphie-Magazin (Wolfram Ellenberger: zwei Treffer) die Ideen weg! Statistisch könnte man auch sagen: Die erste Silbe des Vornamens muss auf »Wolf-« lauten, um besonders erfolgreich lautmalerische Bücher zu schreiben wie …

  1. Alles Azzurro. Unter deutschen Campern in Italien (Markus Götting)
  2. Alles Neisse, oder? Meine Geschichten aus dem Osten (Petra Nadolny)
  3. Alles wegen Dänen! Überleben mit Smørrebrød (Elmar Jung)
  4. Alter Schwede! Zwei Hochzeiten und ein Elchgeweih (Gunnar Herrmann & Susanne Schulz)
  5. Auf Heineken können wir uns eineken. Mein fabelhaftes Jahr zwischen Kiffern und Kalvinisten (Kerstin Schweighöfer)
  6. Avanti Amore. Mein Sommer unter Italienern (Dana Phillips)
  7. Bitte ein Brit! Neue Abenteuer auf der Insel (Wolfgang Koydl)
  8. Das kommt mir Spanisch vor. Madrid für Anfänger (Andrea Parr)
  9. Die Spinnen, die Finnen. Mein Leben im hohen Norden (Dieter Hermann Schmitz)
  10. Elchtest. Ein Jahr in Bullerbü (Gunnar Herrmann)
  11. Finne dich selbst! Mit den Eltern auf dem Rücksitz ins Land der Rentiere (Bernd Giesking)
  12. Finnen von Sinnen. Von einem, der auszog, eine finnische Frau zu heiraten (Wolfram Ellenberger)
  13. Fish and Fritz. Als Deutscher auf der Insel (Wolfgang Koydl)
  14. Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück im wilden Westen (Oliver Tappe)
  15. In Brasilien geht’s ohne Textilien. Ein Deutscher in Rio de Janeiro (Andreas Wimm)
  16. Kanada kann mich mal. Von einem, der mit seinen Kindern in die Ferne zog (Wolfram Ellenberger)
  17. Kann denn Fado fade sein? Meine Abenteuer in Portugal (Christina Zacker)
  18. Le Fettnapf. Wie ich lernte, mich in Frankreich nicht zum Horst zu machen (Anja Kuchenbecker)
  19. Madonna, ein Blonder! Ganz und gar nicht alltägliche Geschichten aus Rom (Martin Zöller)
  20. Mordsgouda. Als Deutsche unter Holländern (Annette Birschel)
  21. My dear Krauts. Wie ich die Deutschen entdeckte (Roger Boyes)
  22. Papa ante Palma. Mallorca für Fortgeschrittene (Stefan Keller)
  23. Pizza alla famiglia. Ein turbulentes Familienleben zwischen Deutschland und Italien (Michael Weirether & Adriana Falcieri)
  24. Queenig & Spleenig? Wie die Engländer ticken (Nina Puri)
  25. Russki Extrem. Wie ich lernte, Moskau zu lieben (Boris Reitschuster)
  26. Sitzen vier Polen im Auto. Teutonische Abenteuer (Alexandra Tobor)
  27. Spaghetti in Flagranti. Überleben in Italien (Angela Troni)
  28. Spätzle al dente. Neue Geschichten von meiner sizilianischen Familie (Luigi Brogna)
  29. Unter Galliern. Pariser Leben (Sascha Lehnartz)
  30. Werft die Gläser an die Wand! Meine russische Familie und ich (Juliane Inozemstev)
  31. Wer hat’s erfunden? Unter Schweizern (Wolfgang Koydl)
  32. Zwischen Boule und Bettenmachen. Mein Leben in einem südfranzösischen Dorf (Christiane Dreher)


 


Listen-Archäologie (Teil 11):
Königsfragen des Autoreninterviews

Leipzig, 1. Juli 2013, 14:02 | von Paco

Gérard Genette listet in »Seuils« (1987, dt. »Paratexte«) einige Stan­dardfragen des Autoreninterviews auf, die ich hier mal durchnumme­riert und listenarchäologisiert habe, inklusive einiger möglicher Antworten, die Genette ins Spiel bringt. (Quelle: die Suhrkamp-Ausgabe von 2001, S. 345f.)

1. »Ist dieses Buch autobiographisch?«

»Königsantwort: ›Ja und nein‹.«

2. »Gibt es Schlüssel?«

»Klischeeantwort: ›Keine Schlüssel: Es gibt vermutlich Modelle, aber ich habe sie unkenntlich gemacht.‹«

3. »Wurden Sie von X beeinflußt?«

»Überhaupt nicht, ich habe ihn nie gelesen.« – »Nein, nicht von X, sondern von Y, an den keiner gedacht hat.« (Christian Kracht über »Imperium«: »Thomas Mann? Nein, Erich Kästner!«)

4. »Vertritt oder veranschaulicht Ihr Buch eine Rückkehr zu … [Balzac, zum Erzählen, zur Psychologie, zur klassischen französischen Tradition, zu Kant, Descartes, Plotin …]?«

»Ja und nein, die Geschichte schreitet in Spiralen voran.«

5. »Hat Sie das Schreiben an diesem Buch verändert?«

»Ja und nein, ändert man sich überhaupt jemals?«

6. »Haben Sie lange daran gearbeitet?«

»Hier zwei gute Antworten: ›Ja, ich streiche ungeheuer viel‹ und ›Ich habe es sehr schnell geschrieben, nachdem ich es sehr lang in mir heranreifen ließ.‹«

7. »Welche Figur ist Ihnen am liebsten?«

»Soundso, weil er mir am wenigsten gleicht.«

8. »Aber die bei Interviews mit Romanautoren wichtigste Frage, weil sie sich nicht mit Ja, Nein oder Ja und Nein beantworten läßt, besteht darin, vom Autor zu verlangen, er möge das Verhalten seiner Figuren erklären (…). Nur wenige sind so standhaft wie Faulkner und übergehen sie.«
 


Listen-Archäologie (Teil 10):
Die Reclam-Top-Ten

Leipzig, 16. Februar 2012, 14:01 | von Paco

Die Reclam-Bände wurden ja gerade redesignt, aus diesem Anlass ist der schöne autothematische Band »Die Welt in Gelb« erschienen (auch als PDF). Darin findet sich auf Seite 65 die Top Ten der bestsellerisch­sten Bände der Reclam-Universal-Bibliothek seit 1948, das ist doch auch mal interessant:

1. Schiller, Wilhelm Tell (5,4 Mio. Exemplare)
2. Goethe, Faust I (4,9 Mio.)
3. Keller, Kleider machen Leute (4,4 Mio.)
4. Lessing, Nathan der Weise (4,4 Mio.)
5. Droste-Hülshoff, Judenbuche (3,9 Mio.)
6. Hauptmann, Bahnwärter Thiel (3,7 Mio.)
7. Schiller, Maria Stuart (3,6 Mio.)
8. Storm, Schimmelreiter (3,1 Mio.)
9. Schiller, Kabale und Liebe (3,1 Mio.)
10. Goethe, Götz von Berlichingen (3,0 Mio.)

(Eine Besprechung des Redesigns, der in jedem Wort zuzustimmen ist, hat übrigens Martin Z. Schröder für die SZ geschrieben: »Mögen auch diesem kennerhaft fein durchgearbeiteten Entwurf ein bis zwei Dekaden beschieden sein!«)
 


Listen-Archäologie (Teil 9):
Ernst Jünger in Leipzig

Leipzig, 2. Juni 2011, 00:10 | von Paco

Von 1923 bis 1927 wohnte Ernst Jünger in Leipzig. Er studierte damals Zoologie und sonderte ansonsten politische Pamphlete fragwürdigster Art ab. Am Ende der Leipziger Zeit steht aber auch die literarisch-surrealistische Initialzündung »Das abenteuerliche Herz«, die in ihrer ersten Fassung dann 1929 erschienen ist.

Hier nun jedenfalls mal chronologisch geordnet die fünf sechs gesicher­ten Adressen aus Jüngers Leipziger Jahren, kleine Vorarbeit zu einem größeren Projekt:

1. Gutenbergstraße 3 (heute: Seemannstraße)
2. Sternwartenstraße 77
3. Talstraße 25
4. Sidonienstraße 54 (heute: Paul-Gruner-Straße)
5. Sebastian-Bach-Straße 18
6. Scharnhorststraße 17

Zur Lage der Wohnungen im Stadtgebiet siehe Google Maps bzw. diese kmz-Datei für Google Earth. Die ersten drei Adressen liegen in unmittelbarer Nähe des Instituts für Zoologie. Über die Sternwarten­straße gibt es zum Beispiel eine Anekdote in den »Annäherungen« (1970).

Außerdem ist dieser einschlägige und sehr gute Artikel zum Thema zu empfehlen:

Norbert Dietka: »Ich konnte im Kittel zum Laboratorium gehen«. Ernst Jünger in Leipzig. In: Leipziger Blätter 40 (2002), S. 47–49.

 


Listen-Archäologie (Teil 8):
Die 17 besten Novellen von Paul Heyse

Leipzig, 15. März 2011, 17:04 | von Paco

Paul Heyse – um es kurz zu machen – hat 177 Novellen geschrieben und 1910 den Literaturnobelpreis bekommen, also schon mal nicht schlecht. Fontane wollte am liebsten gleich die ganze Nach-Goethe-Epoche mit Heyses Namen versehen (»Heysesches Zeitalter«), wurde aber von der Literaturgeschichtsschreibung brüsk ignoriert.

Heute ist Heyse eher nicht mehr so präsent, was wie immer schade ist, aber wo soll man bei 177 Novellen, dazu noch acht Romanen und meh­reren Dutzend Dramen auch anfangen?

Doch hier kommt Rainer Hillenbrand ins Spiel (Germanist, geb. 1962, lehrte in Cambridge und Heidelberg und ist seit 2006 an der Universi­tät Pécs). Er hat sich zumindest mal der Novellen angenommen und 1998 ein entsprechendes Kompendium veröffentlicht, 991 Seiten dick.

Auf den letzten drei Seiten, 989–991, findet sich ein Titelregister mit allen Novellen. Das Besondere daran ist, dass einige der Titel mit einem, zwei oder drei Sternen versehen sind: »Ein Sternchen (65 mal) bedeutet gute, zwei Sternchen (21 mal) sehr gute und drei Sternchen (17 mal) herausragende Qualität.«

Hillenbrand konzediert, dass man dieses Verfahren für »subjektiv und fragwürdig« halten mag, aber falls jemand Heyse-Empfehlungen braucht, hier sind sie, die 17 besten Heyse-Novellen aller Zeiten (in Klammern Datum der Erstveröffentlichung). Einige davon stehen auch gleich im Projekt Gutenberg bereit:

  • Andrea Delfin (1859)
  • Das Haus »Zum unglaubigen Thomas« oder Des Spirits Rache (1893)
  • Das Mädchen von Treppi (1856)
  • Der letzte Centaur (1860, überarb. 1870)
  • Die Dichterin von Carcassonne (1880)
  • Die Einsamen (1858)
  • Die Kaiserin von Spinetta (1875)
  • Die kleine Mama (1865)
  • Die Nixe (1899)
  • Die Stickerin von Treviso (1868)
  • Die Witwe von Pisa (1866)
  • F.V.R.I.A. (1885)
  • Himmlische und irdische Liebe (1885)
  • L’Arrabbiata (1854)
  • Nino und Maso (1883)
  • Siechentrost (1883)
  • Vroni (1891/92)

 


Listen-Archäologie (Teil 7):
Der Medienkonsum des Norbert Bisky

Konstanz, 18. Februar 2011, 18:04 | von Marcuccio

Im DRadio-Programmheft für Februar 2011 gibt es auf der vorletzten Seite (S. 91) ein Kurzinterview mit Norbert Bisky. Letzte Frage: »Welche Medien nutzen Sie sonst noch?« – Antwort:

»NPR Berlin,
Artforum,
Flash Art,
Texte zur Kunst,
nytimes.com,
bild.de,
spiegel online,
Monopol,
Die Zeit,
art,
stern,
Kunstforum International,
QVC,
El País,
L’Officiel Hommes,
taz und FAZ
und im Moment gerade ganz viel Herta Müller und Pasolini.«

(in dieser Reihenfolge, Zeilenumbrüche stammen von mir)
 


Listen-Archäologie (Teil 6):
Die Hitler-Titel des »Spiegel«

Berlin, 7. November 2010, 17:01 | von Marcuccio

Im letzten Raum der aktuellen Sonderausstellung des DHM haben sie eine ganze Wand mit »Spiegel«-Titeln tapeziert, sämtlichen bis 2009 publizierten 45 Heften mit Hitler auf dem Cover:

»Von dem ersten aus dem Jahr 1964 (›Anatomie eines Diktators‹) bis zu einem der aktuellsten von 2009 (›Die Komplizen‹) ist auch an ihnen der Wandel im Geschichtsbild zu erkennen.« (Spiegel 41/2010, S. 38)

Zum Teil entlarven sich die Titel auch selbst, wenn man sich mal an­schaut, wofür der berühmte »Teppichfresser« alles herhalten musste: Gefahren des Klonens? Hitler! (Nr. 10/1997)

Zwei Führer-Cover hintereinander gab’s trotz aller Dichte nur einmal, im Umfeld der Hitler-Tagebücher des »stern«: Nr. 18 (»Fund oder Fälschung?«) und 19/1983 (»Fälschung«).

Nr. 5/1964
Nr. 3/1966
Nr. 32/1966
Nr. 31/1967
Nr. 1/1969

Nr. 14/1973
Nr. 34/1977
Nr. 44/1979

Nr. 24/1981
Nr. 52/1982
Nr. 18/1983
Nr. 19/1983
Nr. 32/1986
Nr. 35/1987
Nr. 46/1988
Nr. 15/1989
Nr. 32/1989

Nr. 24/1991
Nr. 29/1992
Nr. 2/1994
Nr. 14/1995
Nr. 19/1995
Nr. 6/1996
Nr. 8/1996
Nr. 21/1996
Nr. 33/1996
Nr. 10/1997
Nr. 25/1997
Nr. 30/1997
Nr. 7/1998
Nr. 22/1998
Nr. 45/1998
Nr. 43/1999

Nr. 25/2000
Nr. 4/2001
Nr. 19/2001
Nr. 23/2002
Nr. 51/2002
Nr. 8/2004
Nr. 29/2004
Nr. 35/2004
Nr. 18/2005
Nr. 3/2008
Nr. 45/2008
Nr. 21/2009

(und Hitler-Titel Nr. 46, in der Ausstellung noch nicht mit dabei:)

Nr. 33/2010

Direkt über diese Titelbilder-Anordnung im DHM hätte man, wenn sie denn noch online wäre, die »Blattschuss«-Folge an die Wand beamen können, in der Oliver Gehrs die »Spiegel«-Verkaufskurve aufmalt und deren Peaks mit den Hitler-Titelbildern korreliert. (Diese Frage hatte ja damals auch das Hitler-Blog der taz umgetrieben.)

Außerdem aufschlussreich gewesen wäre eine Übersicht über alle einschlägigen Guido-Knopp-Sendetitel. Hitlers Hunde, Hitlers Blumen, Hitlers Witze usw. Auch da hatte man ja irgendwann den Überblick verloren.
 


Listen-Archäologie (Teil 5):
Die Autoren-Charts des Jahres 1926

Paris, 22. Oktober 2010, 09:17 | von Paco

Reich-Ranicki erwähnt ja immer mal wieder gern diese Autoren-Charts, die 1926 von der »Literarischen Welt« per Leserabstimmung aufge­stellt wurden. Zuletzt hat er sie letzten Sonntag in seiner FAS-Kolumne erwähnt, und da diese Liste noch nirgends im Netz in ganzer Pracht anzuschauen ist, hier ist sie.

Anlass für die Befragung der geschätzten 20.000 Leser der »Literarischen Welt« war damals die bevorstehende Gründung einer Sektion für Dichtkunst, die der Preußischen Akademie der Künste angegliedert werden sollte und auch wurde. Als wurde gefragt:

»Welche Dichter gehören in diese Sektion für Dichtkunst der Akademie?«

Am 21. Mai 1926 wurden die Charts dann veröffentlicht, diese 27 Autoren erhielten über 100 Stimmen:

  1. Thomas Mann  (1421 Stimmen)
  2. Franz Werfel  (682)
  3. Gerhart Hauptmann  (594)
  4. Rudolf Borchardt  (461)
  5. Stefan George  (450)
  6. Alfred Döblin  (402)
  7. Rainer Maria Rilke  (384)
  8. Hermann Hesse  (362)
  9. Albrecht Schaeffer  (323)
  10. Fritz v. Unruh  (320)
  11. Heinrich Mann  (311)
  12. Ricarda Huch  (309)
  13. Jakob Wassermann  (304)
  14. Leonhard Frank  (302)
  15. Georg Kaiser  (273)
  16. Stefan Zweig  (261)
  17. Ernst Toller  (247)
  18. Arno Holz  (174)
  19. Hugo v. Hofmannsthal  (169)
  20. Klabund  (162)
  21. Alfred Kerr  (132)
  22. Frank Thieß  (130)
  23. Ernst Barlach  (122)
  24. Bert Brecht  (120)
  25. Arnolt Bronnen  (118)
  26. Friedrich Gundolf  (103)
  27. Oskar Loerke  (101)

Quelle:
Anton Kaes (Hg.): Weimarer Republik. Manifeste und Dokumente zur deutschen Literatur 1918–1933. Stuttgart: Metzler 1983. S. 96. (DNB)

Wer sich darüber hinaus für das fantastische Jahr 1926 interessiert: siehe Gumbrecht.