100-Seiten-Bücher – Teil 116
César Aira: »Wie ich Nonne wurde« (1993)

Göttingen, 5. Dezember 2015, 18:08 | von Paco

Rosa beginnt das Buch und rosa wird es enden. Thematisch ist es ziemlich gelungen, denn es geht um den unbändigen Hass auf Erdbeereis und die Kurzzeit- sowie Langzeitfolgen dieses Hasses. Aira spielt in seiner Novelle mal wieder selber mit, diesmal als sechsjähriges Mädchen im Körper eines sechsjährigen Jungen. Das Wort ›Nonne‹ kommt außer im ersten Satz der Novelle überhaupt nicht mehr vor. Also muss man von der ›monja‹ = ›Nonne‹ aus dem Originaltitel wohl die Silben umkehren, wie das auch schon vorgeschlagen wurde, kuckt mal in Fußnote 17 in diesem PDF. Und auch ›jamón‹ = ›Schinken‹ ist ja rosa, rosa wie Erdbeereis, und das ist doch wirklich mal eine ziemlich unerwartete gedankliche Verschränkung zweier rosafarbener Lebensmittel! Zumal die Protagonistin Aira eben auch irgendwie als Schinken enden wird. Eine weitere mögliche Übersetzung des Titels wäre daher gewesen: »Wie ich Kenschin« wurde, aber wie klingt denn das, und der Aira-Übersetzer Klaus Laabs, hier wie immer in Hochform, hat es natürlich auch bei der »Nonne« belassen. Auf Laabs kann man übrigens mal richtig schön neidisch sein, denn er darf gerade für die »Bibliothek César Aira« von Matthes & Seitz Berlin einen ganzen Schwung Aira-Bücher übersetzen, das Nonne-Schinken-Buch ist gleich als Nr. 1 in dieser Reihe erschienen, eine gute Wahl.

Länge des Buches: ca. 143.000 Zeichen (span.). – Ausgaben:

César Aira: Wie ich Nonne wurde. Berlin: Matthes & Seitz 2015. S. 3–126 (= 124 Textseiten).

(Einführung ins 100-Seiten-Projekt hier. Übersicht über alle Bände hier.)

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