Warum schwieg Grass?

Berlin, 14. Juni 2012, 00:35 | von Josik

Heute ist der 14. Juni 2012. Ein ganz besonderes Jubiläum gilt es da abzufeiern, denn auf den Tag genau heute vor fünf Jahren erschien in der »Zeit« Nr. 25/2007 ein grandioses, sich über mehrere Seiten erstreckendes Interview mit den Dioskuren Günter Grass und Martin Walser.

Dieses Interview schlug riesengroße Wellen, zum Beispiel erinnere ich mich noch genau, wie ich damals in einer Kneipe in der Karl-Kunger-Straße in Treptow mich stundenlang mit dem ehemaligen Nachrichten­chef von Radio Energy und mit einem Claire-Waldoff-Experten darüber stritt, ob diese listige Frage, die Iris Radisch und Christof Siemes an Grass und Walser richteten, eigentlich berechtigt oder unberechtigt war:

»Aber haben Sie nicht als Schriftsteller das Problem, dass Sie immer klüger und reflektierter werden und es deshalb immer schwieriger wird, etwas Neues zu schreiben?«

Jedenfalls kann man dieses höchst vergnügliche Gespräch, das in die Annalen der Grass-Walser-Interviews eingegangen ist, gar nicht oft genug lesen, der Umblätterer proudly presents deshalb noch mal die besten Auszüge:

»DIE ZEIT: Wie fanden Sie die Rede, Herr Grass?

Martin Walser: Ich weiß noch genau …

DIE ZEIT: Die heftige Reaktion der Öffentlichkeit auf die Nachricht, dass Günter Grass in der Waffen-SS war, ist auch auf Enttäuschung zurückzuführen. Niemand kritisiert Sie dafür, dass Sie erst jetzt ein Buch darüber schreiben. Aber es gab auch immer den Bürger Grass, der in Reden und Essays Stellung bezogen hat – auch in Dingen, die die eigene Biografie betrafen. Warum ging das hier nicht?

Martin Walser: Er war doch immer …

DIE ZEIT: Aber noch mal: Warum konnte das nur literarisch mitgeteilt werden?

Martin Walser: Heilandsack …

DIE ZEIT: Was ist an der Frage, warum Sie erst nach über sechzig Jahren über Ihre Wochen bei der Waffen-SS sprechen, so verwerflich? Ihre Antwort muss man respektieren, aber dasselbe gilt für die Frage.

Martin Walser: Man wollte sich …

DIE ZEIT: Was ist Ihr Schreibantrieb, Herr Grass?

Martin Walser: Günter hat immer geschrieben, weil …«

 

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