Beim Zahnarzt

Leipzig, 3. August 2007, 15:46 | von Paco

Ich gehe gern zum Zahnarzt, weil da immer (zumindest bei meiner Zahnärztin) jüngere bis mittelalte »Spiegel«-Ausgaben ausliegen. Da kann ich schön ein paar Texte nachholen, die ich wegen unterschiedlicher Prioritäten bei der Erstdurchsicht auslassen musste.

Angeteast durch das letztlich interessante Interview, das Julia Encke mit Monika Maron für die letzte FAS geführt hat, lese ich heute dann doch auch noch das im »Spiegel« Nr. 30 vom 23. Juli, S. 140–142. Schön wieder die Bemerkungen zum Ehemann in Marons neuem Roman »Ach Glück«, dem sogenannten »Kleist-Forscher«.

Aber das absolute Highlight ist die Eingangsfrage der »Spiegel-Leute«. Roman Leick & Volker Hage fragen da nämlich, ob »die Widmung Ihres Romans … einem Hund gilt«. Im Buch selber steht »Für B.«, und dass damit sowohl der Romanhund (»Bredow«) als auch Marons eigener wuscheliger Vierpföter (»Bruno«) gemeint ist, das erscheint nach den ersten Interviewfetzen so plausibel wie literarhistorisch innovativ.

Während ich so dahinlese, wird das Gespräch an der Anmeldetheke lauter. Da steht ein Mann vom Typus ›aufmüpfiger Zausel‹ und schreit beleidigt: »Wieso könn‘ Sie keinen 500-Euro-Schein wechseln! Ich hab ein Anrecht dadrauf!«

Die Thekendame betont wiederholt das Missverhältnis zwischen der 10-Euro-Praxisgebühr und dem irgendwie windigen Geldschein, den ihr der Zausel unterjubeln will. Am Ende sagt sie einfach, sie habe nicht so viel Wechselgeld und verschränkt brüsk ihre Arme.

Der Zausel flucht komische Flüche gegen sie und verlässt schließlich wütend die Praxis. Sie wedelt ihm mit seiner Krankenkassenkarte nach, »Ihre Karte, Sie haben Ihre Chipkarte vergessen!«

Er hört das noch, faselt aber etwas von hinten reinstecken und ist weg. Die Tür plauzt. Ok, war dann sicher nicht seine eigene Karte, die er da hingelegt hat. Und seine Zahnschmerzen waren dann sicher nur gefaket, so wie der 500-Euro-Schein.

Eigentlich könnte nun Ruhe einkehren, da entdecke ich am Ende des Interviews, S. 142, rechts unten, einen unfassbaren Fehler:

»Frau Maron, wie danken Ihnen für dieses Gespräch.«

Nicht nur, dass der »Spiegel« für diese Schlussformel »wir danken Ihnen für dieses Gespräch« berühmt ist. Das Magazin hat auch die beste Schlussredaktion der Welt.

Ich fühle mich sofort an den peinlichen »Rückname«Fehler vom August 2004 erinnert, aber weiter komme ich nicht in meinen Überlegungen, denn auf einmal werde ich ins Behandlungszimmer gerufen. Auch das noch. Dabei wollte ich noch schön den Technik-Teil komplettieren.

Habe mir dann gleich einen neuen Termin geben lassen.

Eine Reaktion zu “Beim Zahnarzt”

  1. SpiegelKritik » Blog Archive » Korinthe (43): Wie wir

    […] Auch wenn einige unserer inzwischen glücklich verstorbenen Kritiker das anders sahen, ein unpassender Buchstabe wäre uns nun eigentlich doch keine Korinthe wert, hätte nicht der Umblätterer Frank Fischer reichlich kurzweilige Zeilen drumrum geschrieben. Also bitte, die Korinthe gibt es dort: beim Zahnarzt. […]

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