Hubertusweg

Berlin–Leipzig per Kurier, 3. Juli 2007, 11:49 | von John Roxton

Es ist etwas Vernünftiges geschehen. Lutz Seiler hat den Bachmannpreis gewonnen. An sich nix besonderes, weil ja jedes Jahr jemand gewinnt. Aber von Herrn Seiler stammt ein sehr gutes Gedicht, das ich vor etwa einem Jahr bei einer nächtlichen Autobahnfahrt aus Berlin heraus nach Brandenburg zum Takt der Teerrillen im Radio hörte. Seiler, der in Huchels altem Haus am Rande Berlins lebt, las selbst. Das Gedicht trägt den Namen »Hubertusweg«, wie die Straße vor Seilers Haus, und schon die ersten Zeilen gehören zum Besten, was die deutsche Poesie derzeit zu bieten hat. Zitat:

… heimleuchten, hartwuchs: der preussische wald
ist moränen-mechanik, als ob
er noch aufrücken könnte, wort

für wort, wenn kühl
im laub mit dem regen, der kommt, der wind
        anschlägt und
sein langes, langsames sprechen
beginnt jahrelang
selber wald gewesen tags
(…)

Da steckt diese ganze brandenburgische Verlassenheit drin, die Schreie der Seelower Höhen und der endlose Sommer in den kleinen geduckten Dörfern. Das Buch heißt »vierzig kilometer nacht« und ist bei Suhrkamp erschienen.

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